Gut vier Monate nach Beginn der fulminanten Aktien-Rally, die DAX, SMI und Co. von Woche zu Woche auf neue Höchststände katapultiert, ist nun auch der Risikoappetit der Aktienfondsanleger deutlich gestiegen. Wie die Morningstar Fondsabsatz-Zahlen für den November anzeigen, investierten Anleger europaweit 4,65 Milliarden Euro netto in Aktienfonds. Das ist das höchste Niveau seit April 2011 und deutet an, dass immer mehr Anleger zum Jahresende auf den fahrenden Aktienzug aufspringen.
Grafik: Zuflüsse in Aktienfonds im November auf neuen Höchstständen
Stand: 30.11.2012, Quelle aller Grafiken/Tabellen: Morningstar Direct
Allerdings bleibt die Vertriebsbilanz von Aktienfonds mit Abflüssen von gut 11 Milliarden Euro nach elf Monaten in diesem Jahr negativ, und es erscheint höchst unwahrscheinlich, dass sich die negativen Vorzeichen nach Vorlage der Dezember-Zahlen umkehren werden.
Die Bilanz von Aktienfonds sieht angesichts der Netto-Neuinvestitionen von 6,69 Milliarden Euro im vierten Quartal 2012 indes deutlich besser aus, als es die negative Stimmung von Anlegern über weite Strecken des laufenden Jahres vermuten lässt. Angesichts der steigenden Nachfrage nach Aktienfonds und der unverändert freundlichen Märkte im Dezember dürfte 2012 längst nicht so schlecht für die Fondsbranche enden wie die Negativ-Jahre 2008 und 2011, als die Nettomittelabflüsse bei exorbitanten 85 Milliarden bzw. 42 Milliarden Euro lagen.
Mit Blick auf die gefragten Aktienkategorien stachen im November erneut global anlegende Emerging-Markets-Aktienfonds hervor. Sie verzeichneten 2,76 Milliarden Euro an Nettomittelzuflüssen. Auch in den ersten elf Monaten des Jahres waren Schwellenländer-Aktienfonds mit Zuflüssen von 15,7 Milliarden Euro die am stärksten nachgefragte Aktienfonds-Gattung. Stark verkauft wurden dagegen im November erneut unter anderem Aktienfonds für Eurozonen-Standardwerte, die auch im gesamten Jahresverlauf auf der Verkaufsliste der Anleger standen.
Diese Anlegerpräferenz steht allerdings im starken Kontrast zur tatsächlichen Marktentwicklung. Während Schwellenländer-Aktienfonds im laufenden Jahr im Schnitt per Ende November um 11,7% zulegten, waren die Preisaufschläge bei Eurozonen-Aktienfonds mit 16,6% deutlich höher. Anleger haben also erneut kein gutes Timing-Verhalten an den Tag gelegt!
Bond-Run geht auch im November 2012 weiter
Ungeachtet der schrittweise Rückkehr der Aktienfondsanleger dürfte 2012 als das Obligationenjahr schlechthin in Erinnerung bleiben. Auch im November wurden extrem hohe Zuflüsse von 19,84 Milliarden verzeichnet. Die exorbitant hohe Nachfrage nach Zinsprodukten hat sich also europaweit fortgesetzt. In den ersten 11 Monaten des Jahres wurden netto 159,04 Milliarden Euro in Bond-Fonds investiert, was einen absoluten Rekordwert darstellt.
Wie sehr sich die europäische Fondslandschaft in den vergangenen Jahren verändert hat, zeigt der Langfristvergleich zwischen Aktien- und Anleihefonds für Privatanleger seit 2007. Während sich das in Bond-Fonds investierte Vermögen von 866,42 Milliarden auf 1,53 Billiarden Euro nahezu verdoppelt hat, ist das Aktienfonds-Vermögen in den vergangenen 5 Jahren nur leicht - um 19 Milliarden Euro auf 1,68 Billiarden Euro - gestiegen.
Grafik: Bond-Fonds vs Aktienfonds: Wie sich die Zeiten ändern können
Und wie könnte es weitergehen? Nun, auch wenn wir nicht im Besitz der berühmten Glaskugel sind, zeigt der Blick auf die am stärksten nachgefragten Anleihefondskategorien, wohin die Reise gehen könnte; die Fortsetzung des laufenden (Bond-)Trends erscheint sehr wahrscheinlich. Angesichts der Aktienaversion vieler Anleger, die dennoch händeringend auf der Suche nach auskömmlichen Renditen sind, dürfte sich der europäische Fondsmarkt auch in den kommenden Jahren immer mehr in Richtung Zinsprodukte bewegen.
Dabei dürften nach wie vor angesichts der extrem niedrigen Zinsen hochrentierliche Anleihen gesucht bleiben, und Anleger gehen als Folge der niedrigen Renditen zunehmend höhere Risiken ein. Die untere Übersicht zeigt, dass Fonds, die in höher verzinsliche Papiere investieren, stark nachgefragt sind (hinter der sehr stark nachgefragten Kategorie „Other Bond“ stehen vor allem Hochzinsanleihefonds).
Tabelle: Welche Bond-Kategorien 2012 gefragt sind
Auch wenn dieses Investitionsverhalten mit immer größeren Risiken behaftet ist, sehen unsere Bond-Analysten keinen Crash bei Bonds im kommenden Jahr. „Ungeachtet der sehr guten Performance von Unternehmensobligationen im zu Ende gehenden Jahr, befindet sich der Markt noch nicht in einer spekulativen Blase“, sagt Dave Sekera, Morningstar Bond-Stratege. Allerdings könne ein allzu sorgloses Vorgehen für viele Anleger bei steigenden Zinsen zu schmerzlichen Rückschlägen auch bei Corporates führen, warnt Sekera.
Doch die Renditen dürften nicht mehr so üppig ausfallen wie bisher. Sekera erwartet für 2013 keine Wiederholung der guten Performance vieler riskanter Zinsprodukte. Zur Illustration: Per 27. Dezember konnten hochverzinsliche Euro-Anleihefonds im Schnitt um 23,5% in diesem Jahr zulegen, Fonds der Morningstar-Kategorien hochverzinsliche Pfund-Anleihen sowie Fonds für Anleihen in europäische Währungen legten 2012 durchschnittlich um 22,9% bzw. 22,7% zu.
Mischfonds sind weiterhin gefragt
Ein weiterer Anlagetrend des laufenden Jahres hat sich auch im November fortgesetzt: Die steigende Nachfrage nach Mischfonds. Mit Zuflüssen in Höhe von 3,1 Milliarden Euro im November bzw. 25,05 Milliarden Euro in den ersten 11 Monaten des Jahres waren Fonds, die in Aktien und Anleihen investieren, stark nachgefragt. Dies zeigt, dass angesichts volatiler Märkte Investoren die Verantwortung für die Asset Allocation an ihre Fondsmanager delegieren. Am stärksten konnten von diesem Trend viele große, etablierte Produkte profitieren. Besonders stark nachgefragt waren per Ende November der M&G Optimal Income Fund, Carmignac Patrimoine und der Newton Real Return Fund, die zu den größten Mischfonds in Europa gehören.
Tabelle: Bei Mischfonds waren vor allem die Dickschiffe gefragt
Interessanterweise konnte in diesem Jahr allerdings von den drei oben genannten Produkten nur der M&G-Fonds den hohen Erwartungen der Anleger gerecht werden: Die Performance des Carmignac Patrimoine und des Newton Real Return war unterdurchschnittlich. Beide lagen 2012 deutlich hinter vergleichbaren Fonds und ihren Vergleichsindizes. Das muss kein Weltuntergang sein, da beide über hervorragende (Carmignac Patrimoine) bzw. gute (Newton Real Return) Morningstar Analyst Ratings verfügen. Es ist eine Binse, dass auch gute Fonds Schwächephasen haben.
Allerdings birgt der extreme Run auf diese Fonds Tücken - sowohl für Anleger als auch für die Fondsanbieter. Der europäische Fondsmarkt ist extrem vertriebsorientiert - Produkte werden in erster Linie verkauft und nicht gekauft. Wenn Berater ihren Anlegern eine eierlegende Wollmilchsau versprechen - was bei keinem Fonds der Fall ist -, dann können besagte Schwächephasen für viele Anleger eine unschöne Überraschung sein. Folgen dann hohe Mittelabflüsse, hat auch die ehedem so beliebte Fondsgesellschaft ein Problem!
Der Markt aus Anbietersicht: PIMCO, PIMCO über alles …
Angesichts des Bond-Booms dürfte die Tatsache wenig überraschen, dass die Bond-Spezialisten die großen Profiteure in diesem Jahr waren. Besonders die Allianz-Tochter PIMCO sticht hervor: Mit Nettomittelzuflüssen von gut 29 Milliarden Euro war PIMCO die Fondsgesellschaft mit den höchsten Mittelzuflüssen in Wertpapier-Publikumsfonds in den ersten 11 Monaten dieses Jahres. Der zweitplatzierte Anbieter AllianceBernstein belegte mit nur 11,85 Milliarden Euro bereits Platz 2, gefolgt von AXA Investment Managers mit Zuflüssen von 8,6 Milliarden Euro. Unter den Top 10 Gesellschaften gab es nur 2 Ausnahmen von der „Bond-Regel“: Aberdeen profitierte von seiner Expertise als Emerging-Markets-Aktienfondsmanager, und M&G punktete vor allem mit Mischfonds im Vertrieb.
Tabelle: Die Anbieter mit den höchsten Mittelzuflüssen Jan.-November 2012