Der heiße Herbst rückt näher

In diesem Monat steht für Bond-Investoren einiges auf dem Spiel. Der Morningstar Obligationen-Bericht. 

Dave Sekera 05.09.2012
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Sie haben hoffentlich die letzten Ferientage genossen, denn in den kommenden Tagen geht es rund. Der Kalender ist prall gefüllt mit Terminen, von denen einen spannender als der andere ist. Doch zunächst zu unserer Ausgangslage: Im Laufe des vergangenen Monats haben sich die Creditspreads um 10 Basispunkte eingeengt, und der Spread der Papiere des Morningstar Corporate Bond Index verringerte sich im Schnitt auf +173.

Dennoch tendierte die Gesamtrendite auf Monatssicht bei Unternehmensanleihen gen null, denn zugleich waren die Renditen der US-Staatsanleihen gestiegen und machten damit die Gewinne der Credit Spreads zunichte. Auch wenn der Spread der im Morningstar Corporate Bond Index vertretenen Unternehmensanleihen mittlerweile so eng ist wie das ganze letzte Jahr nicht mehr, sieht es ganz so aus, als nähere sich die Rally ihrem Ende. So sind die Aufschläge von Titeln mit Ratings im Bereich von „A” und „BBB” um 11 Basispunkte geschrumpft.

Eigentlich würde man bei einem derartigen Anstieg eine deutlichere Bewegung bei Papieren aus dem unteren „BBB“-Bereich erwarten. Doch ein zweiter Blick auf unseren Index zeigt, dass die Investoren Anleihen von Unternehmen, die stärker von der Konjunktur abhängig sind, verkaufen - und dafür Anleihen von Unternehmen kaufen, die sich üblicherweise auch bei einem Wirtschaftsabschwung gut halten.

Die Spreads in Sektoren wie der Rohstoff- oder Hotelbranche haben sich so um 4 bis 5 Basispunkte ausgeweitet, während im Bereich Konsumgüter und Telekom die Aufschläge um 10 bis 15 Basispunkte zurückgegangen sind.
Daneben haben uns Händler berichtet, dass einige Marktteilnehmer 30-jährige Titel abgestoßen haben, um die durchschnittliche Laufzeit der Papiere in ihrem Portfolio zu verringern. Selbst Versicherer, die traditionell langfristig orientiert sind, hätten solche Papiere verkauft und stattdessen Titel mit einer kürzeren Fälligkeit von 15 bis 20 Jahren gesucht. Angesichts der Tatsache, dass die Creditspreads sehr eng zusammen gelaufen sind, ist das ein kluger Schachzug. Kurzfristig besteht sehr wohl die Möglichkeit, dass sich die Spreads ausweiten, wenn die Marktteilnehmer enttäuscht auf die Nachrichten von der amerikanischen und europäischen Notenbank reagieren. Langfristig gesehen, könnte das US-Wirtschaftswachstum (das ja bereits schwächelt) darunter leiden, dass auch die Konjunktur in Europa, China oder anderen Schwellenländern nicht mehr rund läuft. Sollten sich die Risikoaufschläge aber erhöhen, dürfte das nur von kurzer Dauer sein, denn viele Fondsmanager werden eine solche Phase als gute Kaufgelegenheit erachten. 

Immer noch verfügen viele Marktteilnehmer über viel Cash, das sie anlegen müssen. Auf dem Sekundärmarkt sind gute Investitionsmöglichkeiten Mangelware, deswegen haben viele Fondsmanager begonnen, ihr Portfolio aufzuräumen und Titel zu verkaufen. Aber seien Sie vorsichtig, wenn Ihnen ein solch vermeintliches „Schnäppchen“ unterkommt: Es werden auch Papiere von Unternehmen angeboten, denen wir eher skeptisch gegenüberstehen – auch wenn wir sehr gut nachvollziehen können, dass manche Investoren ihr Geld anlegen müssen und auf der Jagd nach einer guten Rendite sind.

Die US-Notenbank hält ihr Pulver (noch) trocken

Bei seiner Rede anlässlich der Notenbanken-Tagung in Jackson Hole hat US-Notenbankchef Ben Bernanke seine Geldpolitik verteidigt. Er versicherte den Zuhörern, dass sie Wirkung zeigen werde und dass die Federal Reserve weitere Anleihen aufkaufen werde, falls es aus Sicht der Notenbank nötig sein sollte. Er verwies dabei explizit darauf, dass die derzeitige Wirtschaftslage „offensichtlich alles andere als zufriedenstellend” sei, und die Arbeitslosenrate mehr als zwei Prozentpunkte über dem Niveau liege, das die meisten amerikanischen Notenbanker als „langfristig normal“ sähen. Diese Äußerungen interpretierten die Marktteilnehmer offenbar als Bestätigung ihrer Einschätzung, dass die derzeitige Wirtschaftslage weitere Hilfsmaßnahmen zulässt. Sollte die Federal Reserve ihr Anleihekaufprogramm fortsetzen, wird das bestimmt die Preise mancher Anlageklassen in die Höhe treiben. Der Wirtschaft an sich werden solche Maßnahmen aber nicht helfen, es sei denn, es werden zusätzliche Schritte getan, um sicherzustellen, dass die liquiden Mittel auch tatsächlich den Unternehmen zu Gute kommen. Es gibt keinen Geldmangel an den Anleihemärkten, und die Bankenbranche insgesamt verfügt über reichlich Liquiditätsreserven. Sollte die US-Notenbank erneut eingreifen, wird sie sicherlich auch neue Maßnahmen einsetzen, damit die Gelder auch die Realwirtschaft erreichen und nicht nur die Finanzmärkte.

Spanische Renditen sinken weiter


Die Aussicht auf ein europäisches Anleihekaufprogramm hat Wirkung gezeigt: Die Renditen der spanischen und italienischen Staatsanleihen sind zuletzt wieder zurückgegangen. Italienische Titel mit zweijähriger Laufzeit rentierten so niedrig wie zuletzt im März, und die Rendite der spanischen Staatsanleihen sank auf dem niedrigsten Stand seit über vier Monaten. Die Rendite der spanischen Staatsanleihen mit zehn Jahren Laufzeit betrug zuletzt auf 6,62 Prozent, während die Rendite für Italien-Bonds mit dieser Fälligkeit auf 5,67 Prozent sank. Ganz offensichtlich setzen die Marktteilnehmer darauf, dass die Europäische Zentralbank (EZB) das zuletzt viel diskutierte Anleihenrückkaufprogramm durchführt und damit die Zinsen der beiden Länder drückt. Berichten zufolge dürfte die EZB kurzlaufende Papiere einsammeln, da sie der Meinung ist, dass die geldpolitischen Maßnahmen so den größten Einfluss entfalten.


Ist die Ruhe vor dem Sturm nun endgültig vorüber?

Der Auftakt in die neue Woche war mit dem Feiertag in den USA etwas ruhiger, doch schon am Dienstag sorgte der ISM-Index für das verarbeitende Gewerbe der USA für Schlagzeilen, und zwar keine gute: Der viel beachtete Index war im August überraschend gesunken; Volkswirte hatten mit einem Anstieg gerechnet. Doch viele Marktteilnehmer nahmen das nur am Rande wahr: Der Blick der Investoren richtet sich auf die Sitzung der Europäischen Zentralbank (EZB) am Donnerstag. Nicht wenige Volkswirte erwarten eine weitere Senkung des Leitzinses um 25 Basispunkte auf dann 0,50 Prozent. Aber selbst ein Zinsschritt könnte schnell abgehakt werden, weil die Marktteilnehmer auf die Pressekonferenz der EZB warten, von der sich jedermann Nachrichten über Hilfsmaßnahmen für Italien und Spanien erhofft.

Schon seit Wochen wird hitzig darüber diskutiert, ob und wie die EZB Ländern wie Spanien und Italien helfen soll. Die Mehrheit der europäischen Notenbanker ist offenbar dafür, Staatsanleihen der Krisenstaaten aufzukaufen, um damit den Anstieg der Renditen zu begrenzen. Der Chef der Deutschen Bundesbank Jens Weidmann hält das aber für eine Form der Staatsfinanzierung, die der EZB nicht erlaubt wäre und ist gegen derartige Maßnahmen. Berichten zufolge soll Weidmann sogar schon erwogen haben, wegen des Streits das Handtuch zu werfen. Manche Beobachter erwarten nun, dass das Anleihekaufprogramm zwar beschlossen wird, aber mit Einschränkungen, um den deutschen Einwänden gerecht zu werden. Gleichwohl besteht auch die Möglichkeit, dass die EZB-Notenbanker noch abwarten, wie das Urteil der Richter des Bundesverfassungsgerichts in Karlsruhe ausfällt. Diese teilen am 12. September mit, ob der europäische Rettungsschirm ESM ihrer Einschätzung nach mit der deutsche Verfassung zu vereinbaren ist oder nicht. Sollte der ESM nicht planmäßig in Kraft treten, würde das für die Politiker der Eurozone einen großen Rückschlag bedeuten.

Verharrt die Arbeitslosenquote in den USA auf ihrem hohen Niveau?

Schon einen Tag danach rückt dann wieder die US-Notenbank in den Mittelpunkt, denn dann steht die nächste Zinsentscheidung in Washington auf der Tagesordnung. Die Notenbanker werden dafür mit Sicherheit auch den aktuellen Arbeitsmarktbericht unter die Lupe nehmen. Dieser wird am kommenden Freitag – wie jeden ersten Freitag im Monat – veröffentlicht. Der Konsensprognose zufolge sollten im August 120.000 neue Stellen in der amerikanischen Wirtschaft (ausgenommen der Landwirtschaft) geschaffen worden sein und die Arbeitslosenquote der USA bei 8,3 Prozent verharren. Wenn die Daten allerdings schlechter als erwartet ausfallen, dürften die Marktteilnehmer wieder stärker darauf setzen, dass die Federal Reserve nun die versprochenen Maßnahmen ergreift.

Immer wieder kann auch die Lage in Spanien in den Vordergrund rücken. Ministerpräsident Mariano Rajoy hatte angekündigt, zunächst die Details eines neuen Programms der EZB zum Ankauf von Staatsanleihen abzuwarten und dann einen Beschluss über einen möglichen Hilfsantrag für sein Land fassen. Daneben dürfte bald die Ratingagentur Moody's ihr Urteil über die Bonität Spaniens verkünden. Moody's hatte im Juni angekündigt, das Rating „Baa3” auf eine Herabstufung zu überprüfen. Eine solche Überprüfung wird üblicherweise innerhalb von drei Monaten abgeschlossen, so dass in Kürze eine Entscheidung fallen dürfte. Auch steht noch der Bericht der Troika aus EU-Kommission, EZB und Internationalem Währungsfonds (IWF) zur Lage Griechenlands aus.

Als wären all diese Termine nicht genug, stehen noch zahlreiche Neuemissionen von Staatsanleihen auf der Tagesordnung, darunter Frankreich und Spanien. Spanien hat angekündigt, am Donnerstag Staatsanleihen auf den Markt zu bringen – nur wenige Stunden, bevor EZB-Präsident Draghi seine Hilfsmaßnahmen für die strauchelnden Länder der Eurozone erklären dürfte. Manch ein Investor wird wohl darauf vertrauen, dass die EZB helfen wird und deswegen bei der Emission zugreifen. Frankreich will ebenfalls am Donnerstag neue Staatsanleihen ausgeben. Italien hatte sich bereits aus der Deckung gewagt und wurde für den Mut belohnt: Das Land konnte problemlos Papiere im Volumen von 7,3 Milliarden verkaufen. Zehnjährigen Staatsanleihen wurden zu einem Zins von 5,82 Prozent platziert – dem niedrigsten Niveau seit Ende März. Sollten die Papiere von Spanien nun aber nicht gut aufgenommen werden, könnte das eine Entwicklung in Gang setzen, die letztlich dazu führt, dass die Stimmung an den Finanzmärkten wieder kippt - und uns ein heißer Herbst bevorsteht.

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