Unternehmensobligationen zeigen sich - noch - stabil

Die Anzeichen für eine Abschwächung der Weltwirtschaft mehren sich. Wir raten deshalb gerade bei europäischen Papieren zur Vorsicht.

Dave Sekera 17.07.2012
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Die Weltwirtschaft trübt sich zunehmend ein. In der vergangenen Woche machte der US-Arbeitsmarktbericht, dem zufolge sich die Lage im dritten Monat in Folge nicht aufhellte, erneut auf die stotternde Konjunturerholung jenseits des Atlantik aufmerksam. Zum anderen meldete China, dass das Wirtschaftswachstum auch im zweiten Quartal zurückging. Das Bruttoinlandsprodukt der weltweit zweitgrößten Volkswirtschaft stieg im Vergleich zum Vorjahr nur noch um 7,6%, nach 8,1% im ersten Quartal. Schon in den fünf Quartalen zuvor war das Plus dahingeschmolzen. Daneben deuteten auch aus anderen Ländern zahlreiche andere Konjunkturindikatoren, wie beispielsweise Einkaufsmanagerindizes und Arbeitslosenstatistiken, darauf hin, dass die Probleme der europäischen Peripherieländern zunehmend auch auf die Kernländer Europas übergreifen. Damit nicht genug: Zudem hat die Berichtssaison begonnen, und in vielen Fällen sind die Geschäfte im zweiten Quartal schlechter gelaufen als erwartet. 


Rund um den Globus tun die Zentralbanken weiterhin, was sie nur können, um das Wachstum zu fördern. So hat die Europäische Zentralbank (EZB) die Leitzinsen um 25 Basispunkte auf nunmehr 0,75% gesenkt und den Satz für die Einlagen auf null heruntergeschraubt. In Brasilien reduzierte die Notenbank ihren Leitzins zum achten Mal in Folge – auf nunmehr 8%. Die US-Notenbank Fed leitete nach ihrem jüngsten Treffen zwar keine Schritte ein, doch wie das Sitzungsprotokoll zeigt, sprachen sich mehrere Notenbanker bereits für zusätzliche geldpolitische Maßnahmen aus. 

Durch all diese Nachrichten kamen die Aktienmärkte zeitweilig unter Druck. 


Am Markt für Unternehmensanleihen war davon indes kaum etwas zu spüren - die auf festverzinsliche Anlagen spezialisierten Investoren haben offenbar noch Geld, das sie investieren müssen. Viele scheinen Unternehmensanleihen dabei anderen Papieren aus dem Fixed-Income-Bereich vorzuziehen. Im Schnitt haben sich die Spreads des Morningstar Corporate Bond Index seit dem Hoch Anfang Juni um 25 Basispunkte eingeengt und liegen nun nur noch elf Basispunkte weiter als zu dem Zeitpunkt, an dem wir dazu übergingen, bei Unternehmensanleihen eine neutrale Gewichtung zu empfehlen. Solange die Zukunft Europas unklar bleibt, bleiben wir bei dieser Einschätzung. Dabei bevorzugen wir ganz klar amerikanische Unternehmensanleihen gegenüber den Bonds europäischer Firmen. 


Warum sind wir relativ pessimistisch gestimmt für europäische Anleihe? Nun, die aktuellen Rettungspläne zur Lösung der europäischen Schuldenkrise sehen eine Rekapitalisierung der spanischen Banken und eine gemeinsame Aufsicht über die Banken der EU-Länder vor. Wir hoffen zwar, dass dies auch zu einer gemeinsamen Einlagensicherung führen wird, die den Banken der Peripherieländer helfen sollte, die mit Einlageabflüssen zu kämpfen haben. Allerdings wird mit diesen Schritten nur eines der Probleme der EU angegangen. Es gibt noch weitere Brandherde, die es zu löschen gilt, und wegen derer die Investoren zunehmend die Überlebensfähigkeit des Euro in Frage stellen: 


1. Die Liquidität. Die Banken der Peripheriestaaten verlieren Einlagen, da die Kunden ihre Gelder auf Konten stabilerer Banken in der Eurozone transferieren.

 

2. Die Zahlungsfähigkeit der Banken. Nach dem Blick in die Bankenbilanzen kommen Zweifel auf, ob die Institute über ausreichend Eigenkapital verfügen, um ihre Verluste abzudecken. 


3. Drittens: die Entwicklung der Staatsschulden. Die Bedingungen für die Schuldenaufnahme einiger Länder, vornehmlich Italien, verschlechtern sich weiter, während die Verschuldung weiter steigt und sich die Wirtschaft abschwächt. 


Zudem müssen die Märkte damit rechnen, dass Griechenland aus dem Euro austritt. Dabei sind nicht nur die direkten Folgen eines solchen Schrittes abzuwägen, sondern auch, welche Folgen dies für die anderen Peripherieländer hätte. Zudem hat in der vergangenen Woche die Tatsache für Verunsicherung gesorgt, dass das deutsche Bundesverfassungsgericht über Klagen und Eilanträge gegen den Euro-Rettungsfonds ESM und den EU-Fiskalpakt entscheiden muss. Diese Verunsicherung wird über den Sommer bestehen bleiben: Die deutschen Verfassungsrichter wollen ihr Urteil erst nach der Sommerpause am 12. September verkünden.


Viele dieser Unsicherheitsfaktoren werden uns also weiter begleiten, auch wenn sie nicht zwangsläufig über die nächsten Wochen und Monate immer im Vordergrund stehen werden. Dieses Umfeld wird die europäischen Unternehmensanleihen belasten, die – wenn diese Themen wieder in den Blick der Marktteilnehmer kommen – den US-Unternehmensanleihen hinterher hinken werden. 


„Parkgebühren“ für den schweizerischen und den deutschen Staatshaushalt


Durch die Unsicherheit vieler Marktteilnehmer werden den Emittenten vermeintlich sichere Papiere fast aus den Händen gerissen. Deutschland und die Schweiz konnten ihre Staatsanleihen immer billiger auf den Markt bringen. Die Rendite auf schweizerische Staatsanleihen ist bis zur Laufzeit von fünf Jahren negativ. Die Rendite zweijähriger Staatsanleihen erreichte am Freitag mit minus 0,43% ein neues Rekordtief.  Auch bei deutschen Staatsanleihen erzielt man bis zur zweijährigen Laufzeit keine Plus, vielmehr rentierten die Titel zuletzt bei minus 0,04%. Einige Investoren akzeptieren die leichten Verluste sicherlich, weil sie ihr Geld gegen eine Eskalation der Schuldenkrise absichern wollen. Andere aber werden die Papiere mit Blick auf mögliche Entwicklungen der Währungen gekauft haben. So sind viele Investoren der Meinung, dass die Schweizerische Notenbank es nicht schaffen wird, die Anbindung an den Euro zu verteidigen und eine Aufwertung des Franken zulassen muss. Andere Investoren wiederum setzen offenbar darauf, dass Deutschland aus der Eurozone austritt und wieder die Deutsche Mark einführt. Sollte das tatsächlich geschehen, könnten die deutschen Staatsanleihen auf DM umgestellt werden und die DM zum „Rest-Euro“ deutlich aufwerten. 


Herabstufung Italiens stößt am Markt auf Desinteresse – zunächst jedenfalls


Die Ratingagentur Moody's hat das Rating von Italien um zwei Stufen auf „Baa2“ gesenkt. In Anbetracht dessen, dass die Rendite italienischer Staatsanleihen mit einer Laufzeit von zehn Jahren bereits bei knapp 6% lag und mit einem Risikoaufschlag von fast 473 Basispunkten über den deutschen Papieren notierte, war das für den Markt keine Überraschung. Schließlich wurde das Papier schon wie ein „BB“-Bond gehandelt. Am kurzen Ende wurde die Entscheidung von Moody´s sogar positiv aufgenommen: Die Investoren zeigten sich erleichtert, dass Italien nur um zwei Stufen herabgestuft wurde. Die Rendite der zweijährigen Staatsanleihen verengte sich um 31 Basispunkte auf 3,55%. Doch es könnten noch schlechte Nachrichten bevorstehen, denn der Ausblick für das hochverschuldete Euro-Land bleibt negativ. Sollte Italien den „Investment-Grade“-Status tatsächlich verlieren, hätte das weitreichende Auswirkungen auf die Renditen. Denn die EZB dürfte höhere Anforderungen stellen, damit sie die Staatsanleihen Italiens als Sicherheit akzeptiert. Im schlimmsten Fall könnte sich die Notenbank sogar weigern, italienische Papiere überhaupt anzunehmen. Einige Tage nach der Herabstufung des Landes senkte Moody´s dann auch die Einstufung der italienischen Banken, was aber kaum noch überrascht haben dürfte.


Dass der Markt den Länderratings zurzeit wesentlich weniger Beachtung schenkt als den Unternehmensratings, zeigt auch der Blick auf Nestle: Wie Bloomberg berichtete, hat Nestle neue Euro-Bonds mit dem Rating „Aa2/AA“ mit sieben Jahren Laufzeit auf den Markt gebracht. Die Papiere wurden schon mit einer Rendite gezeichnet, die zwei Basispunkte unter der französischer Staatsanleihen mit vergleichbarer Laufzeit lag. Dabei hat Frankreich derzeit das Rating „Aaa/AA+” – zwei Stufen über Nestle. 


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