Zum Selbstverständnis der ETF-Branche gehört es, Investoren einen günstigen Zugang zu allen möglichen Asset-Klassen anzubieten. In der Tat: Die ausgewiesenen Kosten sind bei den Indexprodukten im Vergleich zu denen der aktiv verwalteten Fonds günstig.
Doch das ist nur ein Teil des Bildes. Bei ETFs kommen Handelskosten hinzu, die im Gegensatz zu den Ausgabeaufschlägen von aktiven Fonds stark schwanken können. Sie variieren nicht nur nach Uhrzeiten - wenn die dem ETF zugrunde liegenden Märkte geschlossen sind gehen die Spannen auseinander. Auch bei Produkten auf identische Indizes können die Handelskosten weit auseinander liegen. Das kann der Liquidität geschuldet sein, aber auch oft der Qualität des Market Makings. Diese Handels-Finessen sind für die meisten Anleger weitgehend unbekannt. Streng genommen sind es auch keine Finessen, sondern Basisinformationen, die den meisten Investoren indes nicht bekannt sind. Die Gesamtkostenquote TER gibt eben nicht das gesamte Bild der ETF-Kosten wider. (Lesen Sie hier mehr zum Thema "Kosten für ETF-Anleger")!
Um Anlegern ein besseres Bild über die Zusatzkosten von ETFs zu geben, liefern wir Ihnen jede Woche einen Überblick über den durchschnittlichen Spread einer ausgewählten Produktkategorie. Zuletzt haben wir uns die Handelsspannen von Gold-ETFs und -ETCs angesehen. In der Woche davor hatten wir uns Schweizer Aktien-ETFs vorgenommen.
In dieser Woche haben wir Indexprodukte auf kurzlaufende Euro-Staatsanleihen unter die Lupe genommen. Die Produkte sind nach den niedrigsten Handelsspannen sortiert. Diese entscheidende Information finden Sie in der grün unterlegten Spalte (zweite von rechts) der Tabelle unter der Überschrift „5-Tages-Durchschnitt“. Hintergrund: Wir wollten Tagesausreißer vermeiden und haben deshalb bei der Spread-Berechnung den Durchschnitt der zuletzt verfügbaren Handelsdaten verwendet. Den Durchschnitt der täglichen Spreads finden Sie weiter links in der Tabelle, Tag für Tag. Die Information, an welcher Börse die besten Werte berechnet wurden, finden Sie weiter links. Um zu verdeutlichen, wie wichtig es für Investoren ist, die Handelsspannen als Kostenfaktor in Rechnung zu stellen, haben wir nachrichtlich die Gesamtkostenquote der jeweiligen Fonds in der äußersten Spalte rechts aufgeführt.
Erfasst wurde der Durchschnitt der Handelsspannen an den fünf Handelstagen 2. bis 8. Februar.
Wenig Spannung bei der TER, umso mehr bei den Spreads: Eine Auswahl an kurzlaufenden Euro-Renten-ETFS
Wie aus der Tabelle hervorgeht, belegt iShares mit einem ETF auf den Index eb.rexx GovGer 1,5-2,5 Platz eins. Die durchschnittliche Handelsspanne für den physisch replizierenden ETF betrug in der Handelswoche 2. bis 8. Februar durchschnittlich 4 Basispunkte auf der Handelsplattform Xetra. Der von der Deutschen Börse kalkulierte Index enthält deutsche Staatsanleihen (Finanzierungsschätze) mit einer restlichen Laufzeit von 1,5 bis 2,5 Jahren mit einem ausstehenden Volumen von mindestens 4 Milliarden Euro.
Auf dem zweiten Platz liegt ein ETF von db X-trackers. Der Index iBox EUR Germany 1-3 wird ebenfalls von der Deutschen Börse kalkuliert. Der Spread betrug durchschnittlich 6 Basispunkte. Der ETF repliziert den Index mithilfe von Derivaten.
Sehr eng bei den ersten beiden ETFs liegt auch der ComStage ETF iBoxx EUR LiquidSov Dvrs 3m-1, der deutlich kürzere Restlaufzeiten aufweist als die beiden iShares und db X-trackers-ETFs. Im Unterschied zu den beiden ersten diversifiziert dieser ETF allerdings auf Euro-Anleihen, er enthält also auch Papiere aus Frankreich, Italien und Spanien. Angesichts der kurzen Laufzeiten ist das Zinsänderungsrisiko geringer den ersten ETFs. Allerdings ist in den vergangenen 18 Monaten das Bonitätsrisiko bei den Süd-EU-Papieren stark ins Gewicht gefallen.
Auffällig an dieser ETF-Kategorie ist, dass die Gesamtkostenquoten (TER) der Produkte im Vergleich zu Aktien-ETFs sehr nah beieinander sind. Das bedeutet, dass den Spreads besonders große Bedeutung als Differenzierungsmerkmal zukommt. Die Unterschiede sind erheblich, und sie können auch identische Indizes betreffen. Der irische ETF von iShares auf den Barclays Cap Euro Trs Bd 0-1 wies in der Handelswoche in Amsterdam einen Spread von durchschnittlich 92 Basispunkten auf. Der in Deutschland domizilierte ETF von iShares auf den identischen Index kam auf (immer noch hohe) 46 Basispunkte Spread auf Xetra.
Vergleicht man die Spreads dieser Produktkategorie mit denen von DAX-ETFs, stellt man fest, dass die Spannen bei Anleihen höher sind. Das könnte auch an der altbackenen Handelsmethode. Fast alle Aktien werden über die Börse gehandelt. Dadurch hat jeder Investor einen Echtzeitzugriff auf den identischen Preis. Anleihen werden jedoch noch hauptsächlich über das Telefon gehandelt. Sprich, jeder nutzt verschiedene Preisquellen, auch die Indexanbieter. Das hat zur Folge, dass das Preisen von Anleihen wesentlich schwieriger ist als das von Aktien. Dieser Umstand spiegelt sich im Spread wider.