Liquiditätsrallye

Aktien sind noch alternativlos.

Werner Hedrich 12.10.2009
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Die Berichtssaison läuft, Investoren feiern die übertroffenen Prognosen, Börsenjournalisten warnen vor Rückschlägen und zeigen Krisenbarometer im Fernsehen. Leute, die nichts mit Kapitalmärkten zu tun haben, aber dennoch 6% Rendite in ihrer Lebensversicherung sehen wollen, fragen mit hochgezogenen Augenbrauen: Wohl nichts dazu gelernt? Drei Argumente fallen, warum Aktien weltweit anziehen: 1. Niedrige Ausgangsbasis der Gewinne/ Verluste, 2. Cost cutting rally und 3. Liquiditätsrallye.

Niedrige Ausgangsbasis

Vor einem Jahr ging Lehman Brothers unter. Die Unternehmensgewinne sind seit 2008 rückläufig und stürzten bei Banken, Versicherungen, Autos oder Investitionsgütern ab. Die nun im 3. Quartal 2009 ausgewiesenen Unternehmensgewinne

und –verluste zeigen meist im Vergleich zum 3. Quartal 2008 nach oben. Das Ausgangsniveau für eine relative Betrachtung ist niedrig. Der Doppelschlag Finanz- und Konjunkturkrise scheint auf den ersten Blick nicht so stark wie im Frühjahr 2009 befürchtet. Deswegen tendieren Aktien nach oben. Die Bewertungen an den Aktienmärkten werden von Unternehmensgewinnen bestimmt. Die Anleger versuchen im Herbst 2009, das 2. und 3. Quartal 2010 zu bewerten. Die Börse schaut nach vorne. Ob sie recht behält, wird sich im Frühjahr 2010 zeigen.

Cost cutting rally (Kostensenkungsrallye)

Die Aktienkurse steigen, weil Unternehmen die Ausgaben für Reisen, Marketing, Ausrüstungsinvestitionen und Mitarbeiter gesenkt haben. Die Unternehmensgewinne und Margen erscheinen wegen der Kostenmaßnahmen interessant. Deswegen kaufen Investoren diese Aktien.

Liquiditätsrallye

Dies ist wahrscheinlich der Hauptgrund für die steigenden Notierungen. Aktien sind alternativlos attraktiv. Anders sind die erfolgreichen Kapitalerhöhungen von US, britischen und französischen Banken nicht zu interpretieren. Auch in Deutschland wird wieder Kapital eingesammelt: Heidelberger Zement, Sky Deutschland oder Infineon sind Restrukturierungswetten, die es trotz des hohen Risikos geschafft haben, ordentlich Eigenkapital einzuwerben.

Alternativ attraktiv sind vor allem solide Dividendentitel mit starken Cash Flows, weil die Zinssenkungen der EZB die Rendite 2-jähriger Bundesanleihen auf 1,2% gedrückt haben. Wer eine Millionen Euro für einen Monat anlegen will, der bekommt von Banken weniger als 0,4% geboten. Sie denken, dass der US Dollar lukrativ ist? Die USA zahlen Zinsen von jährlich von 0,9% und 3,95%, wenn man Onkel Sam zwei Jahre und 30 Jahre sein Geld leiht. Die Bundesrepublik zahlt Anlegern 3,2%, wenn man 10 Jahre anlegt. Aktien wie Coca Cola, Fielmann, Johnson & Johnson, RWE oder Sanofi-Aventis notieren mit Dividendenrenditen von 3 bis 5%. Wohl gemerkt, das sind globale Unternehmen, die keinen Bruch in ihren Cash Flows oder riskante Geschäftsmodelle wie die oben genannten Unternehmen aufweisen.

Ende der Liquiditätsrallye?

Das Ende der Liquiditätsrallye droht, wenn die Zentralbanken anfangen, die Zinsen anzuheben. Australien hat damit begonnen. Norwegen könnte folgen. Diese Rohstoff-Volkswirtschaften sind in der glücklichen Lage, ohne niedrige Zinsen auszukommen. Ansonsten müssen Investoren auf das Umsatzwachstum der Unternehmen achten. Diese Größe wird im 1. und 2. Quartal 2010 im Vordergrund stehen. Dann werden wir sehen, ob die USA, Europa und Japan zu neuem ökonomischen Leben erwachen. Es scheint ausgemacht, dass Steigerungen der Wirtschaftsleistungen auf niedrigerem Niveau als in den 90er Jahren stattfinden werden. Die USA sind dazu verdammt zu sparen (rebalancing). Die US Notenbank und die EZB werden mit ihren Zinsanhebungen ein guter Indikator dafür sein, dass die Wende zum Besseren geschafft ist. Bis dahin bleiben Aktien und Unternehmensanleihen alternativlos.

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Werner Hedrich