Auf der einen Seite findet man Anleger, die all die positiven Nachrichten aus einer Branche aufsaugen. Sie sehen ein boomendes Geschäft und langfristige gesamtwirtschaftliche Trends, die dieses Wachstum unterstützen sollen. Die Erfolgsgeschichte scheint somit weitergehen zu können. Parallel dazu fahren Aktien und Fonds aus dieser Branche hohe Renditen ein. Sehr verlockend für diejenigen, die nicht dabei waren, aber hoffen, auch noch ein Stück vom Kuchen abzubekommen, wenn sie noch schnell auf den Zug au
fspringen. Tatsächlich steigen die Zuflüsse in entsprechende Branchenfonds umso stärker, je länger der positive Kurstrend anhält.
Auch den Fondsgesellschaften ist dieser Zusammenhang bewusst. Sie wissen allerdings auch, dass sie am Verkauf „heißer“ Branchenfonds gut verdienen können. Kurzfristig orientierte Fondsanbieter werden mit trendigen Branchenprodukten nicht lange auf sich warten lassen. Verantwortungsbewusste KAGs werden sich dies verkneifen, da sie wissen, dass viele Anleger sich daran die Finger verbrennen werden.
Wie erwähnt, das Interesse am schnell verdienten Geld haben manche Fondsanbieter und Anleger gemeinsam. Wohin das führt und dass die Ergebnisse schmerzhaft sein können, hat die Vergangenheit gezeigt. Wir haben uns in einer Studie angeschaut, wann Branchenfonds aufgelegt wurden und stellten fest, dass sie ein Kontraindikator für die Aussichten der jeweiligen Branchen waren. Weshalb? Weil sie zu spät aufgelegt wurden, so dass Anleger zu teuer einstiegen. Erinnert man sich an die Fülle von Internetfonds, die 1999 oder 2000 auf den Markt kamen, so braucht man die Studie für diese Schlussfolgerung nicht. Und damit nicht genug, viele Anleger verkauften ihre Anteile zum schlechtmöglichsten Zeitpunkt wieder.
Wie kann man Branchenfonds trotzdem einsetzen?
Nun, da ich beschrieben habe, was alles schief gehen kann, möchte ich auch darauf eingehen, worauf man bei Brancheninvestments achten sollte. Es gibt gute Gründe, sich einen Sektorfonds ins Depot zu legen: Zur Diversifizierung oder weil man von einem Branchenexperten profitieren möchte. Damit dies gut geht, sollten Anleger aber vermeiden, wie die oben beschriebenen Lemminge vorzugehen.
Lassen Sie sich nicht von Schlagzeilen leiten.
Wenn Sie in Ihrer Zeitung einen Artikel über eine „heiße“ Branche finden, und über diejenigen, die damit eine Menge Geld gemacht haben, ist es wahrscheinlich bereits zu spät. Dies lässt sich auch an der Kursentwicklung ablesen. Hat sich eine Branche über zwei oder drei Jahre besser entwickelt als der breite Markt, ist der Zug vermutlich abgefahren.
Geduld
Mit einem Anlagehorizont von 10 Jahren statt 12 Monaten steigen auch die Chancen für eine ordentliche Rendite.
Früh dabei sein
Dies ist die logische Konsequenz der beiden ersten Regeln. Halten Sie nach einem Sektor Ausschau, der außer Mode ist.
Suchen Sie einen Fondsmanager mit Branchenexpertise
Der Vorteil eines Branchenfonds sollte eigentlich darin liegen, dass der Branchenspezialist die Unternehmen seiner Branche besser kennt als ein breit anlegender Fondsmanager. Daher kommt es darauf an, einen Manager mit langjähriger Erfahrung in einer Branche zu finden. Viele Sektorfonds werden in mittelmäßigen Gesellschaften von drittrangigem Personal gemanagt. Suchen Sie nach den Ausnahmen, nach Fondsmanagern, die die Verwaltung von Branchenfonds als eigenständiges Karriereziel betrachten, und nicht nur als Sprungbrett.
Denken Sie an die Kosten
Boomende Branchen lassen die Fondskosten schnell in den Hintergrund treten. Sie sind aber genauso wichtig wie etwa in einem Indexfonds. Es gibt durchaus Fonds mit vertretbaren Gebühren, nicht jedes Branchenportfolio berechnet 2% jährlich.
Überprüfen Sie Ihre Gründe für ein Brancheninvestment
Falls die Überlegungen hinter Ihrer Anlageentscheidung (guter Fondsmanager oder aussichtsreiche Branche) nicht mehr gültig sind, sollten Sie sich aus diesem Investment verabschieden. Beispielsweise dachten viele Investoren vor einigen Jahren, dass Telekomausrüster angesichts der globalen Telekomrevolution quasi Gelddruckmaschinen wären. Dazu kam es nicht, übrig blieben enorme Überkapazitäten. Falls Sie also mit diesem Argument einen Telekomfonds gekauft haben, sollten Sie Ihre Anlage überdenken.
Kein Basisinvestment
Branchenfonds können Lücken im Portfolio schließen oder als spekulative Anlage dienen, doch die Basis ihres Depots sollten breit diversifizierte Fonds bilden. Falls Ihr Portfolio nur aus Branchenfonds besteht, haben Sie vermutlich viele Lücken und dürften mehr an Gebühren zahlen als erforderlich wäre.
Russel Kinnel ist Director of Mutual Fund Research bei Morningstar in den USA. Dieser Artikel erschien ursprünglich auf www.morningstar.com.