Fidelity will mehr wissen

Fidelity ist die weltweit zweitgrösste Fondsgesellschaft. Bei der Verwaltung der Fonds spielen die Einschätzung von Unternehmen und die Aktienauswahl eine zentrale Rolle.

Freddy van Mulligen 29.11.2002
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Bei Fidelity wird den Fondsmanagern Raum zur Entwicklung eines eigenen Stils zugestanden. In ihren Entscheidungen stützen sie sich letztendlich jedoch stark auf die hauseigenen Analysten.

Fidelity Investments wurde 1946 in den USA gegründet. Hauptsitz und Schwerpunkt der Aktivitäten sind dort noch immer beheimatet, aber auch in Europa verfügen die Bostoner über mittlerweile 27 Fondsmanager und 60 Analysten. 103 von insgesamt 848 Milliarden Euro verwaltetem Vermögen gehen auf das Konto von Fidelity International, dem ausser-amerikanischen Ableger des Unternehmens.

Fidelity ist ein klassisches `Stock Picking´-Haus: Die Fundamentala

nalyse von Aktien steht im Mittelpunkt, makroökonomische Überlegungen, Stil- oder Sektorenwetten spielen eine untergeordnete Rolle.

Der zugrundeliegende Gedanke dabei ist, das Aktienkurse die Konsenserwartungen über die Entwicklung eines Unternehmens widerspiegeln. Die Fidelity-Analysten versuchen nun diejenigen Firmen herauszufiltern, die ihrer Meinung nach diese Erwartungen übertreffen werden. Die Chefin der europäischen Researchabteilung, Geraldine Stewart dazu: `Wir wollen mehr wissen als der Rest des Markts. Unsere Art der Aktienanalyse ist sehr arbeitsintensiv.´

Intensiver Kontakt

Intensiver Kontakt mit vielen Firmen ist ein wesentlicher Bestandteil der Analystenarbeit. Laut Stewart hatten die Analysten mit 80 Prozent der Unternehmen im MSCI Europe-Index innerhalb der letzten zwei Monate Kontakt. Durchschnittlich 15 bis 20 Treffen mit Firmenleitungen finden täglich statt.

Die Analysten sind nach Sektoren aufgeteilt. Nach einigen Jahren wechseln sie den Sektor. `Auf diese Weise werden Verkrustungen vermieden. Es sind oft die dümmsten Fragen, auf die man die interessantesten Antworten erhält.’, so Stewart.

Hauptverantwortlichkeit

Die Hauptverantwortlichkeit bei Anlageentscheidungen liegt bei den Fondsmanagern. Sie stützen sich meist stark auf die Berichte der hauseigenen Analysten. Alle Fondsmanager sind selbst einmal Analysten gewesen, wodurch die Zusammenarbeit laut eigenen Aussagen gut funktioniert.

Fidelity ist dafür bekannt, dass den Fondsmanagern Freiräume für die Entwicklung eines eigenen Stils gegeben werden. Es gibt – im Gegensatz zu vielen anderen international bedeutenden Fondsgesellschaften – keinen Hausstil. Die Charakteristika der Fonds sind daher oft recht unterschiedlich.

Natürlich ist die Freiheit nicht unbegrenzt, es gibt Richtlinien betreffend der Abweichung vom Index und andere Risikomanagementmassnahmen. Die interne Rekrutierung der Fondsmanager aus den Reihen der Analysten gewährleistet eine gewisse Kontinuität und gibt diesen eine klare Karriereperspektive.

Markteinschätzung

Wenn auch der Schwerpunkt der Aktienauswahl bei Fidelity auf der Fundamentalanalyse beruht, so werden doch auch Standpunkte bezüglich der Entwicklung der Finanzmärkte bezogen. Laut Portfoliostratege John Ross ist heute die Kernbotschaft, dass Anleger auf Diversifikation achten müssen. Er hält es für unwahrscheinlich, dass Obligationen in den kommenden Jahren noch einmal weit bessere Renditen als Aktien abwerfen könnten. Andererseits ist er auch bei Aktien eher skeptisch. Ross: `Im heutigen Unfeld von niedriger Inflation können die Betriebe ihre Preise kaum erhöhen. Hinzu kommt, dass die Gewinne in einem seit 1973 nicht mehr erlebten Unfang eingebrochen sind.´

Vor allem in Europa gibt es Ross zufolge noch kaum Anzeichen einer konjunkturellen Erholung. Daher erwartet er auch eine baldige Zinssenkung der EZB.

Eine Fokussierung auf bestimmte Sektoren ist für den Strategen wenig sinnvoll: `Die Renditeunterschiede zwischen Aktien innerhalb eines Sektors sind weitaus grösser als jene zwischen den verschiedenen Sektoren.´ In einem solchen Umfeld bietet eine fundamentale Aktienauswahl die beste Chance, den Markt zu schlagen. Dies will Fidelity ausnutzen.

Noch kein vereintes Europa

Die grossen Unterschiede in der gesetzlichen Regelung von Investmentfonds zwischen den europäischen Ländern sind Fidelity ein Dorn im Auge. In einigen EU-Ländern ist es fast unmöglich, den Anlegern ausländische Fonds anzubieten. Fidelity beteiligt sich daher auch aktiv an der Lobbyarbeit, unter anderem bei der Europäischen Kommission, um eine angemessenere und einheitliche Regelung für Europa zu erreichen. Pressesprecher Paul Kafka: `Für die Zulassung eines einzigen Fonds müssen wir uns im Europa mit 15 Aufsichtsbehörden befassen. Dies resultiert in einer für den Anleger unnötigen Kostensteigerung.´

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Freddy van Mulligen  .