Wir nehmen Änderungen an unseren Mitgliederangeboten, Tools und Funktionen vor. Mehr erfahren

EZB senkt erwartungsgemäß die Zinsen, verweist auf Wachstumsrisiken durch Zölle

Die Europäische Zentralbank senkte ihren Einlagensatz wie erwartet auf 2,25 %. Konjunkturausblick eingetrübt.

Antje Schiffler 17.04.2025
Facebook Twitter LinkedIn

Illustration in Form einer Collage, die das Gebäude der Europäischen Zentralbank darstellt, umrahmt von Kugeln, die jeweils Teile eines Euro-Bankscheins enthalten.

Die Europäische Zentralbank hat am Donnerstag ihren Leitzins um weitere 0,25 Prozentpunkte auf 2,25 % gesenkt. Der Schritt erfolgt vor dem Hintergrund eingetrübter Wirtschaftsaussichten und den Unsicherheiten rund um den Handelskrieg, der die Märkte seit Wochen verunsichert. Dieser Schritt war allgemein erwartet worden. Dies ist die sechste Senkung des Einlagensatzes in der Eurozone in Folge und die insgesamt siebte in diesem Zinssenkungszyklus. Die EZB ist die einzige große Zentralbank, die die Zinsen im April gesenkt hat. Die Zentralbanken der USA, des Vereinigten Königreichs, Japans, Schwedens und Norwegens werden ihre nächsten geldpolitischen Entscheidungen Anfang Mai bekannt geben.

“Der Disinflationsprozess schreitet gut voran”, so die EZB in ihrer Presseerklärung. “Die meisten Messgrößen der zugrunde liegenden Inflation deuten darauf hin, dass sich die Inflation nachhaltig im Bereich des mittelfristigen Zielwerts des EZB-Rats von 2 % einpendeln wird.”

“Wachstumsaussichten eingetrübt”

“Die Wirtschaft des Euroraums hat eine gewisse Widerstandsfähigkeit gegenüber globalen Schocks aufgebaut, die Wachstumsaussichten haben sich jedoch aufgrund der zunehmenden Handelsspannungen eingetrübt. Die erhöhte Unsicherheit dürfte das Vertrauen der privaten Haushalte und Unternehmen mindern. Die negative und volatile Marktreaktion auf die Handelsspannungen dürfte sich zudem restriktiv auf die Finanzierungsbedingungen auswirken. Diese Faktoren könnten die Wirtschaftsaussichten im Euroraum zusätzlich belasten”, heißt es weiter.

“Die EZB hat, wie allgemein erwartet, die Zinsen um 25 Basispunkte gesenkt”, sagt Michael Field, Chefstratege für den europäischen Markt bei Morningstar. “Zinssenkungen waren für dieses Jahr erwartet worden, aber die jüngste Eskalation des Handelskriegs mit den USA hat die Notwendigkeit, die Wirtschaft zu stützen, beschleunigt.”

“Vor dem 2. April hatte die EZB einen ziemlich klaren Kurs für künftige Zinssenkungen eingeschlagen, wobei sich der Einlagensatz dem gewünschten Niveau näherte. Die jüngsten Ereignisse haben uns jedoch in unbekanntes Terrain geführt. Die Zölle könnten das schwache europäische Wachstum schwächen, aber auch die Inflation in der gesamten Region anheizen. Zwei Situationen, die völlig unterschiedliche Reaktionen der EZB in Bezug auf Zinsänderungen erfordern.”

Leitzinsen der EZB

Ab 23. April werden die drei EZB-Leitzinsen wie folgt lauten:

  • Zinssatz der Einlagefazilität: 2,25%.
  • Hauptrefinanzierungssatz: 2,40%
  • Spitzenrefinanzierungsfazilität: 2,65%.

Die EZB begann ihren Zinssenkungszyklus im Juni 2024, pausierte im Juli und nahm ihre Zinsänderungen im September, Oktober, Dezember, Januar und März wieder auf. Insgesamt hat sie ihren Leitzins um 1,5 Prozentpunkte gesenkt.

Trumps Zölle: Eine Wachstumsherausforderung für die Eurozone

Es wird allgemein erwartet, dass die Zölle das Wachstum in der Eurozone dämpfen werden. In ihrer März-Prognose hatten die EZB-Ökonomen ihre Projektionen bereits auf 0,9 % für 2025, 1,2 % für 2026 und 1,3 % für 2027 nach unten korrigiert. Stimmungsindikatoren wie der Sentix-Eurozonen-Stimmungsindex und die HCOB-Eurozonen-PMIs für das verarbeitende Gewerbe sind in letzter Zeit gesunken, und Wirtschaftsexperten erwarten, dass sich die Auswirkungen ab Mai in den harten Daten niederschlagen werden.

Letzte Woche hat UBS ihre Wachstumsprognose für die Eurozone von 0,9% auf 0,5% im Jahr 2025 und von 1,1% auf 0,8% im Jahr 2026 gesenkt. Die Bank geht jedoch davon aus, dass höhere Steuerausgaben in der EU und in Deutschland bis 2027 eine Erholung auslösen werden. Die neue deutsche Regierungskoalition hat sich auf ein milliardenschweres Konjunkturpaket geeinigt, von dem Deutschland nach Ansicht der Analysten im Vergleich zu den anderen Ländern der Eurozone überproportional profitieren könnte.

Was bedeuten die Zölle für die Inflation in der Eurozone?

Während sich die meisten Ökonomen einig sind, dass Zölle das Wachstum in der Eurozone beeinträchtigen werden, sind ihre Auswirkungen auf die Inflation weniger klar.

Billigere Waren aus China, niedrigere Energiepreise und ein stärkerer Euro gegenüber dem Dollar wirken disinflationär, sagt Ulrike Kastens, Senior Economist Europe bei der DWS. Die EZB-Lohnstatistik deutet weiterhin darauf hin, dass der Druck auf die ausgehandelten Löhne nachlässt, obwohl die Inflation im Dienstleistungssektor bis 2025 hoch bleiben dürfte, sagt sie.

Dennoch können Zölle zu Versorgungsengpässen führen, die die Preise in die Höhe treiben können, so ein Papier der Österreichischen Nationalbank.

Die Inflation in der Eurozone ist im März im Jahresvergleich um 2,2 % gestiegen. Dies geht aus der Schnellschätzung von Eurostat hervor und liegt damit unter dem Wert vom Februar (2,3 %), der den Prognosen entsprach.

Die DWS prognostiziert für 2025 eine Gesamtinflation von 2,3 % mit einem Rückgang in Richtung 2 % in der zweiten Jahreshälfte, was mit dem mittelfristigen Inflationsziel der EZB von 2 % im Einklang steht.

Wie wirken sich Zinssenkungen auf die Märkte aus?

Die Aktienmärkte tendieren zu einem Anstieg, wenn Zinssenkungen erwartet werden. Auf den Anleihemärkten bedeuten sinkende Zinssätze niedrigere Renditen, was die Anleihekurse nach oben treibt. Niedrigere Zinsen machen auch bestehende Anleihen, insbesondere solche, die bereits während einer Hochzinsphase begeben wurden, für die Rendite attraktiver.

Sparzinsen auf Bankkonten werden indes wohl sinken, zum Nachteil der Sparer. Die Zinssätze, die Sparer erhalten, hängen größtenteils von der Einlagefazilität ab, die festlegt, welche Zinsen Banken für die Einlage von Geld bei der EZB über Nacht erhalten. Kreditnehmer hingegen profitieren von niedrigeren Zinsen, da Verbraucherschulden und Hypotheken billiger werden.

Wann sind die nächsten EZB-Sitzungen im Jahr 2025?

  • Juni 5, 2025
  • Juli 24, 2025
  • Sept. 11, 2025
  • 30. Oktober 2025
  • Dez. 18, 2025


Der Autor/Autorin oder die Autoren besitzen keine Aktien der in diesem Artikel erwähnten Wertpapiere. Informieren Sie sich über die Redaktions-Richtlinien von Morningstar.

Facebook Twitter LinkedIn

Über den Autor

Antje Schiffler  ist Redakteurin bei Morningstar in Frankfurt.