Nach dem Wahlsieg von Präsident Donald Trump im letzten Jahr stürzten sich Anleger weltweit zunächst auf US-Aktien. Aber weil die Zölle in den USA Rezessionsängste auslösten und ehemals heiße Tech-Aktien einen Rückschlag erlitten, erwiesen sich die zuvor ungeliebten europäischen Aktien in diesem Jahr als Gewinner.
Deutschlands deutlich angehobene Ausgabenpläne und eine erneute Konzentration auf die europäische Verteidigung trugen dazu bei, die Bewertungen des Sektors zu erhöhen. Bankaktien wiederum entwickelten sich auf dem gesamten europäischen Kontinent und im Vereinigten Königreich trotz der Zinssenkungen weiterhin besser, was auf die niedrigeren Bewertungen im Vergleich zu ausländischen Konkurrenten zurückzuführen ist.
“Ob er es nun beabsichtigt hat oder nicht, [Trump] hat wahrscheinlich eine Phase der europäischen Wiederbelebung herbeigeführt. Und das ist genau das, was Europa braucht. Die Politiker müssen zusammenkommen”, sagt Will James, Portfoliomanager des Guinness European Equity Income Fund, der ein Morningstar Medalist Rating von Bronze hat.
Im bisherigen Jahresverlauf stieg der Morningstar Europe Index, der britische Werte enthält, in Euro um mehr als 6% und hat schlug damit den Morningstar US Market Index, der auf Dollarbasis um 5% fiel.
Auch britische Aktien profitierten von der Rallye. Der Morningstar UK Index legte 2025 bisher um 4% zu.
Europa bereitet sich auf einen Alleingang in der Verteidigung vor
Rüstungsaktien standen an der Spitze der europäischen Marktrallye, weil Länder wie das Vereinigte Königreich und Deutschland eine drastische Erhöhung ihrer Militärausgaben versprachen. Dem vorangegangen waren Signale, die das Engagement der Vereinigten Staaten für die europäische Sicherheit in Frage stellten.
Patrick Farrell, Chief Investment Officer von Charles Stanley, ist ein langfristiger Investor in das britische Luft-, Raumfahrt-, Verteidigungs- und Informationssicherheits-Unternehmen BAE Systems BA. Er erklärt, dass die hohe Nachfrage nach militärischer Hardware zu einem Rückstau bei den Verteidigungsunternehmen geführt hat, BAE aber über die Kapazitäten verfügt, um diese zusätzlichen Aufträge zu bewältigen; die Kunden müssen nur länger auf sie warten.
Im bisherigen Jahresverlauf stieg BAE’s Aktienkurs um 36% und notiert bei £15,74, was leicht über der Fair Value-Schätzung von Morningstar für die Aktie von £15,50 liegt.
Das Unternehmen, das viele seiner Produkte in die USA verkauft, könnte allerdings Gegenwind bekommen, weil Präsident Trump Kürzungen des Pentagon-Budgets plant. Farrell glaubt jedoch, dass der Anstieg der europäischen Militärausgaben etwaige Rückgänge in den USA ausgleichen wird.
Welche anderen europäischen Verteidigungsaktien profitieren?
Zwei Titel aus dem Verteidigungsbereich des Waverton European Continental Growth Fund, der ein Morningstar Medalist Rating von Silber hat, waren die besten Performer des Fonds.
Christopher Garsten, der Co-Portfoliomanager des Fonds, ist bullish auf den norwegischen Rüstungswert Kongsberg Gruppen KOG, der 3,67% des Fonds ausmacht.
Kongsberg stieg im bisherigen Jahresverlauf um mehr als 25% und wird derzeit über der Fair Value-Schätzung von Morningstar in Höhe von NOK 1.270 gehandelt.
Das spanische Unternehmen für Informationstechnologie und Verteidigungssysteme Indra Sistemas IDA ist ebenfalls im Fonds vertreten und macht 2,31% des Portfolios aus.
Im Jahr 2024 gab Spanien nur 1,3 % des BIP für die Verteidigung aus, weil aber die Aufrüstung Europas zunimmt, glaubt Garsten, dass Indra, ein von der spanischen Regierung gegründetes Unternehmen, ein Hauptnutznießer der erhöhten Verteidigungsausgaben sein wird.
“Der einzige Vorbehalt bei Aktien aus dem Verteidigungsbereich ist, dass Europa über einen so langen Zeitraum hinweg sehr wenig ausgegeben hat. Wir sind der Meinung, dass viele Unternehmen Altsysteme herstellen, die sehr gut für den Zweiten Weltkrieg geeignet waren, aber möglicherweise nicht für den Dritten ”, sagt Garsten.
Deutschland verpflichtet sich zu hohen Verteidigungsausgaben
Für Will James, Portfoliomanager des Guinness European Equity Income Fund, sind die erhöhten Verteidigungsausgaben der europäischen Regierungen jedoch nicht der einzige Grund für die Hausse.
“Was heute wichtig ist, ist die Tatsache, dass [Deutschland], das fiskalisch umsichtigste Land in Europa, plötzlich umgeschwenkt ist und gesagt hat, dass wir etwas Geld ausgeben werden," sagt James.
“Und der Infrastrukturfonds wird sich auf die Bereiche Verkehr, Krankenhausinvestitionen, Energieinfrastruktur, Bildung, Wissenschaft, Forschung und Entwicklung sowie Digitalisierung konzentrieren.”
Er glaubt, dass drei französische Aktien - Legrand LR, Capgemini CAP, und Kaufman & Broad 3GH - von den höheren Staatsausgaben Deutschlands profitieren werden, was sich auf den gesamten Kontinent auswirken dürfte. James erklärt, dass Legrand und Kaufman direkt mit der Höhe der Bauausgaben in Europa verbunden sind, während das Beratungsunternehmen Capgemini mit dem Vertrauen der Unternehmen verbunden ist.
Auch europäische Bankaktien übertreffen die Erwartungen
Auch europäische Bankaktien befinden sich im Höhenflug, da sie trotz der jüngsten Zinssenkungen durch die Bank of England und die Europäische Zentralbank weiterhin von den hohen Zinsen profitieren.
Matthew Bennison, Aktienfondsmanager bei Schroders, verweist auf die jüngste Outperformance europäischer Bankaktien im Vergleich zu den “Magnificent Seven” der amerikanischen Technologiewerte.
Standard Chartered STAN ist die größte aktive Position im britischen Aktienportfolio von Bennison.
Die auf Schwellenländer ausgerichtete Bank stieg in diesem Jahr um 17%, ihre Aktien liegen etwa auf der Höhe der Fair Value-Schätzung von Morningstar von £11,71.
“Standard Chartered bietet ein stärkeres internationales Engagement als einige andere Aktien des Sektors und hat ein langfristiges Wachstumsprofil, weil es in wachstumsstärkeren Märkte wie Asien aktiv ist”, sagt er.
Auf dem europäischen Kontinent erweisen sich Banken trotz einer Reihe von Zinssenkungen durch die Europäische Zentralbank ebenfalls als widerstandsfähig.
Pilar Lloret-Martinez, Portfoliomanagerin des spanischen NAO Europa Responsable Fund, der ein Morningstar Medalist Rating von Bronze hat, setzt auf die italienische Bank Intesa Sanpaolo ISP, die 4,36% des Fonds ausmacht.
“Die Ergebnisse der Banken sind positiv geblieben, obwohl die Leute erwartet hatten, dass sie sich mit den Zinssenkungen verschlechtern würden. Aber die europäischen Banken machen ihre Sache sehr gut, vor allem die, die aggressiver sind.
Die Aktie von Intesa Sanpaolo legte im bisherigen Jahresverlauf rund 25% zu und notiert über ihrem Morningstar Fair Value von EUR 3,50.
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