Senkt die SNB am Donnerstag erneut die Zinsen?

Die Schweizerische Nationalbank kämpft mit einem erstarkenden Franken, doch der Spielraum in der Zinspolitik ist begrenzt.

Antje Schiffler 10.12.2024
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SNB banner in Zurich

Bei der kommenden geldpolitischen Lagebeurteilung der Schweizerischen Nationalbank am Donnerstag, 12. Dezember, wird SNB-Präsident Martin Schlegel wohl eine weitere Zinssenkung verkünden. Erwartet wird ein Schnitt von 0,25 Prozentpunkten auf dann 0,75%, wobei auch ein größerer Schritt um 50 Basispunkte nicht völlig auszuschließen ist.

Da die Inflation schneller sinkt als erwartet und der Franken sich mit 0,93 gegenüber dem Euro seinem Allzeithoch nähert, „preist der Markt Zinssenkungen von fast 40 Basispunkten ein, was darauf hindeutet, dass eine Zinssenkung um 50 Basispunkte von den Marktteilnehmern derzeit bevorzugt wird“, schreibt Martina Honegger-Romahn, Lead Portfolio Manager Fixed Income Schweiz bei Allianz Global Investors, in einer Research Note vom 4. Dezember.

Wagt die SNB einen größeren Schritt als 25 Basispunkte?

„Dieses Szenario ist jedoch unwahrscheinlich, da der SNB nur noch vier Zinssenkungen (bei 25 Basispunkten pro Senkung) zur Verfügung stehen, bevor sie in den Negativzinsbereich eintritt was sie unserer Meinung zufolge nicht gerne wiederholen möchte“, so die Expertin.

Auch Martin Schulz, Senior Portfolio Manager & Head of International Equity Group bei Federated Hermes, geht von einer Senkung um 0,25 Prozentpunkte aus. „Eine Zinssenkung von mehr als 25 Basispunkten halten wir hingegen für unwahrscheinlich, da dies den Weg für mögliche zukünftige Erhöhungen seitens SNB erschweren würde“, betont auch Schulz auf Morningstar-Anfrage.

Die SNB begann früher als andere Zentralbanken mit Zinssenkungen. Bereits im März startete sie als erste große westliche Notenbank den Zinssenkungszyklus und setzte diesen im Juni und September fort.

Nachdem die SNB ihren Zinsentscheid am Donnerstagmorgen verkündet, folgt die Europäische Zentralbank am Nachmittag desselben Tages. Auch sie dürfte eine Senkung von 0,25 Prozentpunkten beschließen. In der Woche darauf am 18. Dezember folgt die US-Notenbank.

Schweizer Inflation bleibt niedrig

Im Vergleich zu Europa bleibt die Inflation in der Schweiz niedrig und gibt der SNB Handlungsspielraum. Zwar stieg die Gesamtinflation im November im Jahresvergleich leicht auf 0,7 % (Oktober: 0,6 %), doch dies war aufgrund von Basiseffekten im Energiesektor erwartet worden. Das Niveau bleibt deutlich unter dem 2 %-Ziel der Bank.

Was ist für 2025 an Zinsschritten zu erwarten?

Das nächste Jahr dürfte für die SNB eine Herausforderung werden, da sie gezwungen sein wird, eine Gratwanderung zwischen konventioneller und unkonventioneller Geldpolitik zu bewerkstelligen, während andere Zentralbanken weiterhin die Zinsen senken. „Die SNB wird ihr wichtigstes geldpolitisches Instrument entsprechend nur spärlich einsetzen und bei Bedarf wahrscheinlich eher an den Devisenmärkten intervenieren“, so Martina Honegger-Romahn.

Eine entscheidende Frage ist: Kann die SNB den EUR/CHF-Wechselkurs ohne negative Zinssätze steuern? Laut Allianz GI ist dies vorläufig möglich, doch negative Zinssätze sollten nicht ausgeschlossen werden, wie Martin Schlegel bereits angedeutet hat.

Auch Schulz von Federated Hermes sieht die SNB angesichts des starken Inflationsrückgangs auf dem Weg zu weiteren Zinsschritten im ersten Quartal 2025. Gleichzeitig steige die Bedrohung durch geopolitische Krisen. „In der Vergangenheit hat die SNB signalisiert, dass sie sich eine gewisse Flexibilität bewahren möchte, um auf künftige unvorhergesehene Trends und Ereignisse besser reagieren zu können. Dabei werden natürlich auch die Wechselkursbedingungen eine Rolle spielen“, so Schulz.

Was bedeuten fallende Zinsen für den Franken?

Die SNB will mit Zinssenkungen die Aufwertung des Franken bremsen. Doch da der Leitzins bereits niedrig ist, bleibt der Spielraum begrenzt. Gleichzeitig könnte ein schwächerer Euro aufgrund konjunktureller Unsicherheiten in Europa weitere Zinssenkungen nötig machen. „Vor diesem Hintergrund gibt es gute Argumente dafür, dass der Schweizer Leitzins wieder auf Null sinken könnte, insbesondere wenn die EZB ihren Leitzins unter die Zwei-Prozent-Marke senkt. Die anhaltend schwachen Wirtschaftsdaten aus Ländern wie Frankreich und Deutschland unterstützen diese Annahme zusätzlich“, so Schulz. Auch der Terminmarkt für den Schweizer Franken spiegele diese Entwicklung wider, da er sich stetig nach unten korrigiert hat und in der letzten Woche die Nulllinie erreichte.“, so Schulz.

Wie wirken Zinssenkungen auf die Kapitalmärkte?

Aktienmärkte tendieren dazu, bei erwarteten Zinssenkungen zu steigen, während die Anleihemärkte eher unter Druck sind. Andererseits bedeuten sinkende Zinssätze bei bereits hohen Zinsen auch niedrigere Anleiherenditen, was die Anleihekurse nach oben treibt. Niedrigere Zinssätze machen auch bestehende Anleihen, insbesondere solche, die bereits in einer Zeit hoher Zinssätze ausgegeben wurden, attraktiver im Hinblick auf Renditen.

Gleichzeitig werden die Sparzinsen auf Bankkonten wahrscheinlich sinken, zum Nachteil der Sparer. Kreditnehmer hingegen werden von den niedrigeren Zinsen profitieren, da Verbraucherschulden und Hypotheken billiger werden.

Hypotheken durch Zinssenkung attraktiver

Im Jahr 2024 sanken die Schweizer Bauzinsen über alle Hypothekenarten hinweg, vor allem durch die dreimalige Leitzinssenkung der SNB, und sind historisch gesehen günstig. Festhypotheken wurden günstiger, besonders die zehnjährigen Varianten mit Zinsen zwischen 1,40 % und 2,00 %. Auch SARON-Hypotheken profitierten durch niedrigere Geldmarktzinsen, mit einem SARON von 0,95 % im Dezember.


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Über den Autor

Antje Schiffler  ist Redakteurin bei Morningstar in Frankfurt.