Die besten Aktien und Fonds für Investments in Kernenergie

Kernenergie erlebt eine Renaissance, ist aber für die meisten Energieversorger kein großes Thema.

Valerio Baselli 30.09.2024
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Nuclear Power Plant UK Main

Kernenergie läuft auf Hochtouren. Laut des Berichts Electricity 2024 der Internationalen Energieagentur (IEA) erreicht die Stromerzeugung aus Kernenergie 2025 weltweit ein Allzeithoch. 

Damit wird der bisherige Rekord aus dem Jahr 2021 übertroffen. Die Leistung in Frankreich steigt, mehrere Kraftwerke in Japan nahmen wieder den Betrieb auf und in vielen Märkten, darunter China, Indien, Südkorea und in einigen Ländern Europas gehen neue kommerzielle Reaktoren ans Netz. Die IEA erwartet, dass die weltweite Produktion von Kernenergie 2026 um fast 10% höher sein wird als 2023. 

Der Kampf gegen den Klimawandel und der damit verbundene schrittweise Ausstieg aus fossilen Brennstoffen lassen das Interesse an der Kernenergie wieder aufleben. Hinzu kommt die Notwendigkeit Europas, unabhängig von russischen Öl- und Gasimporten zu werden. 

Im Juli 2022 nahm Europa die Kernenergie in seine Liste nachhaltiger Investments auf und erkannte damit an, dass sie eine Rolle als Übergangsbrennstoff auf dem Weg zu einem vollständig erneuerbaren Stromnetz spielt. Das Joint Research Center - der Wissenschaftsdienst der Europäischen Kommission - erklärte, ihre Analyse vor der Entscheidung habe „keine wissenschaftlich fundierten Beweise dafür erbracht, dass Kernenergie der menschlichen Gesundheit oder der Umwelt mehr schadet als andere Technologien zur Stromerzeugung, die bereits in der Taxonomie als Aktivitäten zur Eindämmung des Klimawandels enthalten sind“. 

Comeback der Kernkraft: 6 neue Reaktoren in 2023

Nach Angaben der Internationalen Atomenergie-Organisation arbeiten aktuell weltweit 413 Kernreaktoren mit einem Durchschnittsalter von rund 32 Jahren. 2023 gingen sechs neue Reaktorblöcke ans Netz, und zwei japanische Blöcke, die seit der Nuklearkatastrophe von Fukushima 2011 abgeschaltet waren, wurden wieder in Betrieb genommen. Fünf Blöcke wurden stillgelegt, darunter die letzten drei deutschen Anlagen.

Die Kernenergie erlebt ein Comeback in den Energieprogrammen vieler Länder. Kanada etwa nimmt nach einer 30-jährigen Pause seine Atomenergieproduktion wieder auf und setzt dabei auf kleine modulare Reaktoren (SMR). In Europa strebt das Vereinigte Königreich eine Erhöhung seiner Energiesicherheit an, insbesondere durch SMRs. Frankreich ist in Europa am weitesten fortgeschritten mit seiner Kapazität für Kernenergie und kündigte im Juni 2023 an, mehr als 100 Millionen Euro zur Förderung seiner Atomindustrie bereitzustellen.

In den Vereinigten Staaten verfolgt der kürzlich eingeführte Advance Act das Ziel, die Entwicklung neuer Nukleartechnologien im In- und Ausland zu fördern. In einem Interview sagte Travis Miller, Morningstar-Stratege für Energie- und Versorgungsunternehmen, er erwarte jedoch „auf absehbare Zeit kein nennenswertes Wachstum der Kernenergie in den USA, weil die Versorger lieber in Gas-, Wind- und Solarkraftwerke investieren, die niedrigere Kapitalkosten und ein geringeres Risiko haben als neue Kernkraftwerke.“

„Die meisten Kernkraftwerke in den USA sind tariflich reguliert, so dass jene Investoren keine Vorteile haben, die glauben, Kernkraft gewinne an Wert, wenn die USA aggressivere Ziele für saubere Energie verfolgen. In den meisten Fällen werden die künftigen Vorteile der Kernenergie den Kunden der Versorger zugute kommen, nicht den Investoren“, sagt er.

Wiederaufleben der Kernenergie in Asien

In der Tat spielt Asien die größte Rolle bei der „nuklearen Wiederbelebung“. In einem großen Schritt nach vorn kündigte die indische Regierung kürzlich an, dass private Unternehmen in die derzeit staatlich kontrollierte Atomindustrie einsteigen dürfen, und setzte sich ehrgeizige Ziele für den Ausbau der nuklearen Kapazität.

Im August 2024 genehmigte China elf Kernreaktoren an fünf Standorten, eine Rekordzahl an Genehmigungen, weil die Regierung noch stärker auf die Atomenergie setzt, um ihre Bemühungen zur Senkung der Emissionen zu unterstützen, sagte Chokwai Lee, Leiter für die Analyse chinesischer Aktien bei Morningstar, in einem Interview. Die gesamte Investition für alle elf Blöcke wird mindestens CNY 220 Milliarden (USD 31 Milliarden) betragen, wobei der Bau etwa fünf Jahre dauern wird, so die Finanzpublikation Jiemian. Darüber hinaus genehmigte China für die Jahre 2022 und 2023 den Bau von jeweils zehn Kernkraftwerken.

„Wir erwarten, dass China seine Kapazitäten für Kernkraft weiter ausbaut. Auf Unternehmensebene warnen wir jedoch zur Vorsicht, weil die Projekte eine lange Vorlaufzeit von etwa fünf bis sechs Jahren pro Block haben und nicht unmittelbar zum Gewinn beitragen werden“, sagt Lee. 

Das Für und Wider der Kernenergie

Kernenergie ist nach wie vor umstritten, unter anderem wegen nuklearer Unfälle, der Verwendung von Uran in Kernwaffen, der ständigen Gefahr des Uran-Diebstahls durch böswillige Akteure und der hohen Kosten für den Bau von Anlagen.

Sie bietet jedoch eine Reihe von Vorteilen gegenüber anderen sauberen Energietechnologien. Sie bietet eine saubere und konstante Grundlast (das Mindestmaß an Nachfrage in einem Stromnetz über einen bestimmten Zeitraum), die erneuerbare Energien nur schwer bieten können. Sie kann zu jeder Tageszeit und unabhängig von den Wetterbedingungen zuverlässig Energie liefern und benötigt weniger Material als andere Übergangstechnologien, was auch die damit verbundenen Kohlenstoffemissionen senkt.

„Im Hinblick auf eine saubere und zuverlässige Energieerzeugung ist Kernkraft unübertroffen“, sagt Cindy Paladines, Senior Vice President für ESG beim Vermögensverwalter TCW in Los Angeles, in einem Interview. Wie erneuerbare Energien erzeugt auch Kernenergie keine direkten Kohlenstoff- oder Treibhausgasemissionen.

Paladines fügt hinzu: „Bewertet man die Emissionskosten der verschiedenen Wege zur Stromerzeug über ihren Lebenszyklus hinweg, gewinnt eindeutig die Kernenergie.“

Andererseits machen radioaktive Abfälle und nukleare Unfälle, wie die Katastrophe von Tschernobyl und die jüngste Katastrophe von Fukushima Daiichi, die Öffentlichkeit misstrauisch gegenüber dieser Technologie.

Selbst wenn man konservative Sterblichkeitszahlen zugrunde legt (einschließlich der Todesfälle aufgrund der Strahlenbelastung und im Fall von Fukushima aufgrund der Auswirkungen der Evakuierung der Stadt), zeigen die Schätzungen von Our World in Data, dass Kernenergie in Bezug auf die Sicherheit nur von der Solarenergie übertroffen wird, wenn man die Stromerzeugung pro Terawattstunde betrachtet.

Nuclear

Wie man in Kernenergie investiert

Einige Unternehmen, die von Morningstar-Aktienanalysten beobachtet werden, sollten Sie auf Ihrer Beobachtungsliste behalten, um an dem erneuten Wachstum der Kernkraft teilzuhaben.

Das weltweit größte Nuklearunternehmen ist Électricité de France SA EDF, das derzeit vier neue Kernreaktoren in Frankreich und im Vereinigten Königreich baut. Die Aktie wurde im Juni 2023 von der Börse genommen, als die französische Regierung das Energieunternehmen verstaatlichte, unter anderem wegen seiner Schuldenlast und seines hohen Finanzierungsbedarfs im Zusammenhang mit dem Bau von 14 französischen Kernreaktoren bis 2050. EDF ist weiterhin auf dem Anleihemarkt aktiv. So hat das Unternehmen im Juni vorrangige grüne Anleihen im Wert von EUR 3 Milliarden begeben.

Unter den US-Unternehmen hebt Miller von Morningstar Constellation Energy CEG hervor, den größten Eigentümer von Kernkraftwerken in den USA, die nicht tariflich reguliert sind. „Das ist der einzige Versorger in den USA, der ein wesentliches wirtschaftliches Exposure in Kernkraft hat“, sagt er.

Auf Constellation entfallen etwa 5% des Utilities Select Sector SPDR ETF XLU und anderer Indexfonds für US-Versorger. Unterdessen ist Entergy ETR der größte Eigentümer von tariflich regulierten Kernkraftwerken in den USA. „Die Einnahmen und Gewinne im Nuklearbereich werden von den staatlichen Aufsichtsbehörden festgelegt, so dass Anleger bei Entergy kaum ein direktes Exposure zur Nuklearwirtschaft haben“, erklärt er. Das Gleiche gilt für einen anderen großen Kernkraftwerkbetreiber in den USA: Southern SO.

Unter den europäischen Unternehmen hält Centrica CNA aus dem Vereinigten Königreich einen Anteil von 20% an den britischen Kernkraftwerken von EDF. Die meisten dieser Anlagen sollen bis 2030 abgeschaltet werden, aber eine, Sizewell B, soll von EDF bis 2055 verlängert werden, sagt Tancrede Fulop, Senior Equity Analyst bei Morningstar. 

„Daher wird es zu den langfristigen Erträgen von Centrica beitragen“, sagt er. 

Unter den europäischen Unternehmen hebt Fulop auch Endesa ENA hervor, ein integriertes Versorgungsunternehmen, das in der Stromerzeugung, -verteilung und -versorgung auf der Iberischen Halbinsel tätig ist. 

„Seine Kernkraftwerke machen 40% der gesamten Stromproduktion aus, aber gemäß der aktuellen Gesetzeslage müssen alle spanischen Kernkraftwerke bis 2035 abgeschaltet werden.“ 

Die Analysten von Morningstar halten Endesa zurzeit für fair bewertet: „Der Produktionsmix ist wettbewerbsfähig. Zwischen 2024 und 2028 erwarten wir ein jährliches Wachstum des Nettogewinns von 3,6% aufgrund des Ausbaus der erneuerbaren Kapazitäten und der Verbesserung der Rentabilität des Kundengeschäfts“, so Fulop. 

In der nachstehenden Tabelle haben wir auf Basis der Produktbeteiligungsdaten von Sustainalytics die in den Vereinigten Staaten vertriebenen Investmentfonds ausgewählt, die (direkt oder indirekt) am stärksten in der Kernenergie engagiert sind.

Allerdings, so Fulop, „wird die nukleare Renaissance kein dominierendes Thema für europäische Energieversorger sein, denn mit Ausnahme von EDF plant keiner von ihnen den Bau eines neuen Kernreaktors innerhalb des nächsten Jahrzehnts, und die Investitionen werden sich auf die Verlängerung der Nutzungsdauer bestehender Reaktoren beschränken“. Daher „könnten andere Teile der Wertschöpfungskette wichtiger sein: Bergbauunternehmen für Uran, Hersteller von Kernreaktoren, Unternehmen des nuklearen Brennstoffkreislaufs sowie Nukleartechnik- und Bauunternehmen.“

 

Der große Nutznießer: Uran

Uran ist ein Element, das als Brennstoff in Kernkraftwerken verwendet wird. Als Giftstoff hatte es in der Öffentlichkeit nie einen guten Ruf, aber es ist offensichtlich ein Rohstoff, der direkt mit der Entwicklung der Kernenergie verbunden ist. Kasachstan ist mit einem Anteil von mehr als 40% an der Weltproduktion der größte Uranhersteller der Welt, gefolgt von Australien, Namibia und Kanada mit 13%, 11% und 8%.

Der Uranmarkt wurde durch den Ausbruch des Krieges in der Ukraine gestört. Kiew war stark von russischem Uran abhängig. Nach der Invasion konnte das Land, das 15 Reaktoren besitzt, einen 12-jährigen Liefervertrag mit Kanada unterzeichnen. Am stärksten betroffen waren indessen Betreiber in Finnland und Osteuropa, weil sie Reaktoren aus russischer Produktion besaßen, die nur von russischen Unternehmen beliefert werden konnten. Es dauerte ein Jahr, bis ein amerikanischer Wettbewerber gefunden wurde, der in der Lage war, die Uran-Stäbe in die für diese Anlagen erforderlichen sechseckigen Blöcke zu packen.

Die Spotpreise stiegen zwischen August 2021 und Januar 2023 um 260% und erreichten einen Höchststand von $107 pro Pfund. Das ist vor allem darauf zurückzuführen, dass zehn Jahre lang eine Uran-Baisse herrschte, die zu einem Mangel an Investitionen in neue Minen und zu einem Abbau der Lagerbestände führte. Seitdem fiel der Uranmarkt auf einen Tiefstand von $78 im August 2024 und stabilisierte sich bei etwa $80 pro Pfund.

„Steigende Preise veranlassten die Bergbauunternehmen, ihre Projektpipelines wieder zu beleben“, so Roberta Caselli, Investmentstrategin für Rohstoffe bei Global X.

„Es wird erwartet, dass die Bergbauunternehmen die weltweite Uranproduktion bis 2028 um 24% steigern. Laut den Angaben verschiedener Organisationen werden kanadische, US-amerikanische und australische Bergbauunternehmen wahrscheinlich die Haupttreiber dieses Anstiegs sein“, sagt sie.

Gleichzeitig wird laut einer aktuellen Prognose der World Nuclear Association die Nachfrage nach Uran in Kernreaktoren bis 2030 um 28% steigen und sich bis 2040 fast verdoppeln, weil die Regierungen ihre Kapazitäten für Kernkraft ausbauen, um die Null-Emissions-Ziele für CO2 zu erreichen.

Und schließlich erhöhte wie bei anderen Rohstoffen die Einführung neuer Anlageinstrumente für physisches Uran - wie etwa börsengehandelte Rohstoffe oder physische Investmentfonds - in den letzten Jahren die Gesamtnachfrage weiter. All das kann interessante Investmentmöglichkeiten schaffen.

Es gibt drei börsengehandelte Fonds, die direkt auf den Wert von Uran und Bergbauunternehmen für Uran ausgerichtet sind und Anlegern in Europa zur Verfügung stehen.

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Im Artikel erwähnte Wertpapiere

BezeichnungKursVeränderung (%)Morningstar Rating
Centrica PLC121.13 GBX0.61Rating
Constellation Energy Corp235.42 USD0.36
Endesa SA20.10 EUR0.00Rating
Entergy Corp150.71 USD0.55Rating
Southern Co87.97 USD-0.36Rating

Über den Autor

Valerio Baselli

Valerio Baselli  ist Redakteur bei Morningstar.