Die Schweizerische Nationalbank senkt den SNB-Leitzinssatz ab morgen, 27. September, wie von den meisten Analysten erwartet um 0,25 Prozentpunkte auf 1% und reagiert damit auf den starken Franken und die abflauende Inflation. Bei Bedarf sei sie weiterhin bereit, am Devisenmarkt aktiv zu sein.
"Letztendlich scheint diese Zinssenkung um 25 Basispunkte das taubenhafteste zu sein, was die SNB tun konnte. Sie wollte keine massive Senkung um 50 Basispunkte vornehmen, versucht aber eindeutig, den Druck auf den Schweizer Franken durch Guidance zu verringern", schreibt Charlotte de Montpellier, Ökonomin bei der ING, in einem Blogbeitrag.
Erstmals betonte die Bank, dass weitere Zinssenkungen in den nächsten Quartalen erforderlich sein könnten. "Der Inflationsdruck in der Schweiz ist gegenüber dem Vorquartal nochmals deutlich zurückgegangen. Dieser Rückgang spiegelt unter anderem die Aufwertung des Frankens über die letzten drei Monate wider", so die Bank in ihrer Medienmitteilung. Mit der Lockerung der Geldpolitik trage die Nationalbank dem gesunkenen Inflationsdruck Rechnung.
Karsten Junius von J. Safra Sarasin sieht in dem Schritt seine Prognose bestätigt, dass die Bank im Dezember und März weitere Schritte von 0,25 Prozentpunkten durchführen wird. "Die Entscheidung der SNB, den Leitzins um 25 Basispunkte auf 1,0% zu senken und keine unmittelbaren Devisenmarktinterventionen anzukündigen, während das Inflationsprofil gesenkt wird, kam genau so, wie wir es erwartet hatten. Wenn überhaupt, dann hat die SNB etwas dovish überrascht, indem sie so deutlich zum Ausdruck brachte, dass in den kommenden Sitzungen weitere Zinssenkungen erforderlich sein könnten", so Junius in einer Research Note.
Der Franken zog gegenüber dem Euro leicht an - denn ein wachsender Teil der Marktteilnehmer hatten zuletzt auf einen größeren Zinsschritt gesetzt. Der Schweizer Aktienmarkt reagierte mit leichten Abschlägen.
SNB senkt Inflationsprognose
Die Inflation sei deutlich schwächer ausgefallen als noch bei der letzten Sitzung erwartet, so die SNB weiter. Die neue Prognose befindet sich über den gesamten Prognosezeitraum im Bereich der Preisstabilität. Die SNB erwartet nun:
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1,2% für 2024 (zuvor 1,3%)
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0,6% für 2025 (zuvor 1,1%)
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0,7% für 2026 (zuvor 1,0%)
Im August fiel die Schweizer Inflationsrate auf 1,1% von 1,3% im Juli. Seit Beginn des Jahres schwankt die Inflation auf niedrigem Niveau im Bereich zwischen 1,0% und 1,4%.
"Zur Abwärtsrevision tragen der stärkere Franken, der tiefere Erdölpreis und die für kommenden Januar angekündigten Strompreissenkungen bei. Mit dem stärkeren Rückgang der Inflation sind auch geringere Zweitrundeneffekte in der mittleren Frist zu erwarten. Die Prognose beruht auf der Annahme, dass der SNB-Leitzins über den gesamten
Prognosezeitraum 1,0% beträgt. Ohne die heute beschlossene Zinssenkung läge die bedingte Inflationsprognose noch tiefer", sagt Nationalbank-Chef Thomas Jordan.
Dass die Bank speziell auch den Ölpreise mit als Grund für die fallende Inflation nennt, ist auch ein gutes Zeichen für den Rest Europas, sagt Michael Field, Marktstratege für Europa bei Morningstar.
SNB: Weitere Zinssenkungen dürften folgen
Die SNB fügte in ihrer Stellungnahme an, dass weitere Zinssenkungen erforderlich sein dürften, um die Preisstabilität mittelfristig zu sichern - und somit nicht in ein deflationäres Umfeld zu geraten.
So tragen zum Rückgang der Inflation vor allem die importierten Waren und Dienstleistungen bei, die wegen des starken Franken vergleichsweise günstig zu haben sind. Aufwärtsdruck komme vor allem von inländischen Dienstleistungen.
"Angesichts der Inflationsprognosen rechnen wir mit einer weiteren Zinssenkung um 25 Basispunkte im Dezember. Eine letzte Senkung könnte dann im Jahr 2025 erfolgen, aber es scheint unwahrscheinlich, dass die SNB ihren Zinssatz viel weiter als auf das Niveau von 0,5 % senken wird, solange die Inflation im Bereich von 0–2 % bleibt", so de Montpellier.
Die SNB hatte die Kapitalmärkte im März mit einer Zinssenkung um 0,25 Prozentpunkte überrascht und preschte als erste der grossen westlichen Zentralbanken mit einer Zinssenkung voran. Es folgte eine weitere Zinssenkung im Juni um erneut 0,25 Prozentpunkte.
Wie wirken Zinssenkungen auf die Kapitalmärkte?
Aktienmärkte tendieren dazu, bei erwarteten Zinssenkungen zu steigen, während die Anleihemärkte eher unter Druck sind. Andererseits bedeuten sinkende Zinssätze bei bereits hohen Zinsen auch niedrigere Anleiherenditen, was die Anleihekurse nach oben treibt. Niedrigere Zinssätze machen auch bestehende Anleihen, insbesondere solche, die bereits in einer Zeit hoher Zinssätze ausgegeben wurden, attraktiver im Hinblick auf Renditen.
Gleichzeitig werden die Sparzinsen auf Bankkonten wahrscheinlich sinken, zum Nachteil der Sparer. Kreditnehmer hingegen werden von den niedrigeren Zinsen profitieren, da Verbraucherschulden und Hypotheken billiger werden.
Martin Schlegel folgt auf Thomas Jordan
Dies war die letzte Sitzung von Thomas Jordan, der das SNB-Direktorium seit 2012 präsidierte und im März seinen Rücktritt auf Ende September 2024 erklärt hat. Ihm folgt Martin Schlegel. Als neuen Vizepräsidenten des Direktoriums hat der Bundesrat Antoine Martin designiert.