Gold nahe Rekordhochs - was sollten Anleger jetzt tun?

Gold dieses Jahr mehrfach neue Allzeithochs erreicht.  Gewinnmitnahmen sind eine verständliche Reaktion. Aber das gelbe Metall ist ein Schutzschild gegen zukünftige Krisen.

Valerio Baselli 12.08.2024
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Normalerweise sind ein starker Dollar und steigende Anleiherenditen nicht gut für Gold (das keine Zinsen bietet).

Dennoch hat der Spotpreis für Gold in den letzten Monaten mehrmals sein Allzeithoch markiert. Im März 2024 erreichte der Goldpreis die Marke von $2.160 pro Unze, die zuvor noch nie erreicht worden war. Kurz darauf verzeichnete es Anfang April mit $2.265 ein neues Allzeithoch. Am 20. Mai erreichte Gold dann mit $2.435 noch einmal einen neuen Höchststand, und am 17. Juli kletterte der Spotpreis erstmals über $2.470 je Unze.

Heute wird Gold um $2.441 gehandelt, was einer Rendite von rund 16 Prozent seit Jahresbeginn entspricht (Stand: 12. August, ebenfalls in Dollar).

Dieser Auftrieb wurde jedoch nicht von den Finanzmärkten verursacht. Gerade wegen der makroökonomischen und monetären Dynamik ist die Anlegernachfrage nach Gold in den letzten Jahren schwach geblieben. Laut Morningstar-Daten verzeichneten börsengehandelte Rohstoffe (ETCs) auf Edelmetalle weltweit zwischen Juli 2023 und Juni 2024 Nettozuflüsse von nur 54 Millionen USD. Davon wurden 46 Mio. USD im zweiten Quartal dieses Jahres aufgenommen, was vielleicht ein Zeichen für ein erneutes Interesse der Anleger an einer solchen Entwicklung ist.

"Der Anstieg des Goldpreises in den letzten Monaten war bemerkenswert, auch weil die erhofften Zinssenkungen der US-Notenbank nicht eingetreten sind", erklärt Bert Flossbach, Mitbegründer von Flossbach von Storch, in einem Interview mit Morningstar. Hohe Zinsen sind in der Regel Gift für das Edelmetall, und so ist es nicht verwunderlich, dass die Anleger in der ersten Jahreshälfte rund 140 Tonnen Gold aus den ETCs abgezogen haben. Wie in den Vorjahren wurde dies jedoch durch massive Goldkäufe der Zentralbanken mehr als ausgeglichen, so Flossbach weiter.

"Der Aufwärtstrend des Goldpreises geht auf das Jahr 2022 zurück, und die Faktoren, die hinter dieser Bewegung stehen, lassen sich in der anhaltenden Nachfrage nach Schmuck, den Investitionen in physisches Gold (Münzen und Barren) durch asiatische Anleger und den massiven Käufen durch die Zentralbanken der Schwellenländer und insbesondere Chinas erkennen, die ihre Devisenreserven diversifizieren und damit ihr Engagement gegenüber dem US-Dollar verringern wollen", erklärt Charlotte Peuron, Equity Fund Manager Gold sector bei Crédit Mutuel AM, in einer am 31. Juli 2024 veröffentlichten Notiz.

Goldrausch für die Zentralbanken der Schwellenländer

Seit dem Ausbruch der Finanzkrise im Jahr 2008 haben wir einen grundlegenden Regimewechsel erlebt, bei dem die Zentralbanken nach und nach die Funktion und Relevanz von Gold fürs Management von Währungsreserven neu bewertet haben.

Nach den jüngsten Daten des World Gold Council stieg die weltweite Goldnachfrage im zweiten Quartal 2024 im Vergleich zum Vorjahr um 4% auf 1.258 Tonnen und erreichte damit den höchsten jemals verzeichneten Quartalswert. Die Gesamtnachfrage wurde durch ein gesundes Maß an OTC-Transaktionen (Over-the-Counter, d.h. außerhalb der regulierten Märkte) gestützt, die im Jahresvergleich deutlich um 53% auf 329 Tonnen anstiegen.

"Die steigende OTC-Nachfrage, die anhaltenden Käufe der Zentralbanken und die nachlassenden Abflüsse aus Gold-ETCs haben den Goldpreis im zweiten Quartal 2024 auf ein Rekordniveau getrieben", heißt es in dem Bericht.

Laut einer ebenfalls vom World Gold Council durchgeführten Umfrage beabsichtigen 29% der 70 befragten Zentralbanken, ihre Goldreserven in den nächsten 12 Monaten zu erhöhen, und 81% erwarten einen weiteren Anstieg der Goldbestände der Zentralbanken.

"Obwohl China nach 17 aufeinanderfolgenden Monaten der Käufe eine Pause einzulegen scheint, glauben wir, dass die Käufe der Zentralbanken ein unterstützender Faktor bleiben werden, da ihre Goldreserven immer noch nur 4-5% ihrer Devisenreserven ausmachen", kommentiert Charlotte Peuron.

Warum sollten Sie in Zeiten der Krise Gold in Ihrem Portfolio halten?

Angesichts des aktuellen Preisniveaus fragen sich Anleger, die in Gold investiert sind, vielleicht, ob es nicht an der Zeit ist, zu verkaufen und einen schönen Kapitalgewinn zu erzielen. Bert Flossbach - dem es wichtig ist, klarzustellen, dass er "keine Kristallkugel hat, mit der er in die Zukunft schauen kann, und kurzfristige Prognosen für unzuverlässig hält" - ist der Meinung, dass Gold in einer komplexen Welt und einem fragilen Finanzsystem ein wichtiger Wertanker in Portfolios sein sollte.

"In den letzten Jahrzehnten wurde praktisch jede Krise mit mehr Geld bekämpft. Und das wird sich wohl auch in Zukunft nicht ändern", sagt Flossbach. "Die nächste Krise könnte wieder den Euro treffen, wenn die Haushaltsdefizite weiter aus dem Ruder laufen und den Stress in der Eurozone noch verschärfen. Die Europäische Kommission hat kürzlich ein Haushaltsverfahren gegen sieben Länder eingeleitet. Auch in den USA übersteigt die Staatsverschuldung 120% des BIP. Und keiner der beiden Präsidentschaftskandidaten ist für eine strenge Haushaltsdisziplin bekannt. Es gibt also gute Gründe, die Papierwährungen gegenüber Gold weiter abzuwerten."

In der Tat hat Gold schon immer eine Rolle bei der Diversifizierung gespielt, da es eine umgekehrte Korrelation mit anderen Finanzanlagen aufweist. Das bedeutet, dass Gold zumindest theoretisch das Risiko-Rendite-Profil einer Finanzallokation auf mittlere bis lange Sicht verbessern kann. Kurz gesagt: Gewinnmitnahmen sind vertretbar, aber ein gewisser Platz für Gold sollte in jedem Portfolio vorhanden sein.

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Über den Autor

Valerio Baselli

Valerio Baselli  ist Redakteur bei Morningstar.