Der Vorsitzende der Federal Reserve, Jerome Powell, ist noch nicht bereit, sich auf eine Zinssenkung im September festzulegen, aber sie ist so gut wie sicher, wenn der gute Inflationstrend anhält.
Wie allgemein erwartet, beließ die Zentralbank auf ihrer Juli-Sitzung das Zielband für den Leitzins unverändert bei 5,25% - 5,50%. Einige Beobachter hatten für eine Zinssenkung im Juli plädiert, und Powell räumte ein, dass auf der FOMC-Sitzung eine ernsthafte Diskussion über die Vorzüge eines solchen Schrittes geführt wurde. Das Urteil fiel jedoch mit überwältigender Mehrheit zugunsten einer Beibehaltung der Zinssätze aus.
Die Aufmerksamkeit konzentrierte sich heute auf die nächsten Schritte der Fed. In der Vergangenheit hat die Zentralbank mit dem Instrument der "Forward Guidance“ versucht, die Markterwartungen hinsichtlich der künftigen Entwicklung des Leitzinses aktiv zu beeinflussen. So machte die Fed beispielsweise im Frühjahr 2022 deutlich, dass massive Zinserhöhungen bevorstehen würden. Dies führte zu einem Anstieg der Anleiherenditen, was die geldpolitische Straffung effektiv vorverlegte.
Doch seit Mitte 2023, als die Fed ihre Zinserhöhungen beendete, halten sich Powell und die Fed mit künftigen politischen Entscheidungen etwas zurück. Stattdessen lautete das Mantra „Datenabhängigkeit“ und „Entscheidungen von Sitzung zu Sitzung“. Die Fed veröffentlicht zwar vierteljährliche Prognosen der FOMC-Mitglieder für den Leitzins, doch handelt es sich dabei um vorläufige Prognosen und nicht um Verpflichtungen.
Märkte sehen Zinssenkung im September als nahezu sicher
Vor diesem Hintergrund ist der jüngste Kommentar der Fed wahrscheinlich das deutlichste Signal dafür, dass sie die Zinsen im September wohl senken wird. Die offizielle Erklärung dieser Sitzung enthielt die neue Formulierung, dass „der Ausschuss die Risiken für beide Seiten seines doppelten Mandats im Auge behält“, während frühere Erklärungen sich auf „Inflationsrisiken“ konzentrierten. Am wichtigsten ist vielleicht, dass die Märkte laut CME FedWatch nun eine Wahrscheinlichkeit von nahezu 100% für eine Zinssenkung im September angeben. Powell unternahm keinen Versuch, diese Vorhersagen zu widerlegen.
Natürlich hängen die Marktprognosen von der Annahme ab, dass die Inflationsdaten weiterhin relativ günstig ausfallen werden. Powell sagte, dass vor einer Zinssenkung noch mehr Vertrauen in die Rückkehr der Inflation zum 2%-Ziel der Fed nötig sei, dass aber die Daten des zweiten Quartals unser Vertrauen gestärkt haben und dass weitere gute Daten dieses Vertrauen noch weiter stärken würden“.
Die Projektionen des FOMC von der Juni-Sitzung sahen eine Zinssenkung bis zum Jahresende 2024 vor, falls die PCE-Kerninflationsrate im vierten Quartal 2024 im Jahresvergleich 2,8% erreichen sollte. Die Konsensprognosen gehen jedoch davon aus, dass die PCE-Kerninflation bis dahin bei 2,7% liegen wird, und die Morningstar-Prognose liegt bei 2,5%.
Auf der anderen Seite könnte sich der Arbeitsmarkt schneller abschwächen, als die Fed erwartet hat. Die Fed war davon ausgegangen, dass die Arbeitslosigkeit Ende 2024 bei 4,0% liegen würde, doch im Juni lag sie bereits bei 4,1%. All dies erfordert mehr als eine Zinssenkung bis Ende 2024, was bedeutet, dass die Fed höchstwahrscheinlich schon im September damit beginnen muss.
Weitere Zinssenkungen der Fed werden folgen
Die Märkte rechnen nun mit drei Zinssenkungen im Jahr 2024, wodurch der Leitzins bis Dezember auf 4,50% - 4,75% sinken würde. Für 2025 erwarten die Märkte vier weitere Zinssenkungen, so dass der Zinssatz bis Ende des Jahres auf 3,50% - 3,75% sinken wird. Diese Erwartungen sind in den letzten Monaten gesunken und haben sich der Morningstar-Prognose von 3,00% - 3,25% für Ende 2025 angenähert.
Wir gehen davon aus, dass die Zielspanne für den Leitzins bis Ende 2026 auf 1,75% - 2,00% sinken wird. Unsere Einschätzung beruht auf der Erwartung, dass die Inflation in den Jahren 2025 und 2026 leicht unter dem 2%-Ziel der Fed liegen wird, während die Arbeitslosigkeit leicht erhöht bleibt.