Sind Sie neugierig, was Fondsmanager im Jahr 2024 kaufen und verkaufen werden? Wir haben uns ihre Prognosen angeschaut. Hier sind die wichtigsten Erkenntnisse und Widersprüche der Branche.
Erleben britische Aktien ein Comeback?
Nach Ansicht einiger Fondsmanager gibt es starke Anzeichen dafür, dass sich die makroökonomischen Bedingungen im Vereinigten Königreich bis 2024 zum Positiven wenden, nachdem die relativen Bewertungen "Allzeittiefs" erreicht haben.
Für Martin Currie, einen Fondsmanager für soziale Investments, deuten mehrere Signale auf eine weiche Landung hin: ein starker Anstieg der Renditen, Verbesserungen im verarbeitenden Gewerbe, sinkende Lebensmittelpreise, ein fortdauernder Arbeitskräftemangel und ein anhaltendes Wachstum der Reallöhne, das zu höheren Einnahmen für die Regierung führen könnte. Auch die Maßnahmen der Regierung zur Reform des britischen Aktienmarktes könnten helfen.
Infolgedessen rechnet Martin Currie mit einer Umschichtung von Wert- zu Wachstumswerten, mit Chancen in den Bereichen Konsum und Reisen, Wohnungsbau, Software und B2B-Technologie.
Invesco ist ebenfalls optimistisch, dass britische Aktien "eine attraktive Quelle für reale Erträge" bieten, aber die Sorge um längerfristig höhere Zinssätze bleibt bestehen. Die Dividenden sollten im Laufe der Zeit mit der Inflation Schritt halten. Im nächsten Jahr beobachtet das Unternehmen den Versorger- und Industriesektor, einschließlich der Möglichkeiten, die die Energiewende und die Energie- und Wasserinfrastruktur bieten.
BlackRock ist jedoch weniger überzeugt. Seine Einschätzung zum Vereinigten Königreich ist unverändert. "Wir sind neutral. Wir finden, dass attraktive Bewertungen die schwachen Wachstumsaussichten und die drastischen Zinserhöhungen der Bank of England zur Bekämpfung der hartnäckigen Inflation besser widerspiegeln."
In Europa muss man ein guter Stock Picker sein
Eins der umstrittensten Themen scheint zu sein, wohin sich europäische Aktien 2024 entwickeln. BlackRock und HSBC Global Private Banking sind wenig angetan von den günstigen Bewertungen in Europa und bleiben untergewichtet. BlackRock sagt: "Die Europäische Zentralbank behält in einerr Abschwungphase ihre straffe Politik bei. Die Bewertungen sind attraktiv, aber wir sehen keinen Katalysator für eine Verbesserung der Stimmung".
Die Bank of America ist ebenfalls negativ zu Europa eingestellt und rechnet bis zur Jahresmitte mit einem dramatischen Rückgang europäischer Aktien um 15% bei nachlassendem Momentum. In der zweiten Jahreshälfte könnte es jedoch wieder aufwärts gehen, eine Einschätzung, die Amundi teilt.
Auf der anderen Seite glaubt DWS, dass europäische Aktien im nächsten Jahr ein großes Potenzial haben. DWS meint, dass Nebenwerte, die unter der Risikoaversion gelitten haben und derzeit mit Abschlägen gehandelt werden, von einer weichen Landung der Wirtschaft profitieren werden. Auch Pictet Asset Management geht davon aus, dass europäische Aktien positiv überraschen werden und eine solide Outperformance erwarten lassen.
Auch Invesco glaubt an europäische Aktien, insbesondere für langfristige Anleger. Aber in einem komplizierten Umfeld muss man ein guter Stockpicker sein. Die Manager von Invesco bevorzugen zyklische, nicht verbraucherorientierte Sektoren wie Industrieunternehmen und traditionell defensive Bereiche wie großkapitalisierte Pharmakonzerne. Energietitel werden weiterhin vom hohen Ölpreis und einer beträchtlichen Cash-Generierung profitieren; zudem sind höhere Zinssätze relativ günstig für kapitalintensive Sektoren und Banken, sagt Invesco.
Die Großartigkeit der USA dauert an - vorerst
Dank der "Glorreiche Sieben" gehörte der US-amerikanische Markt zu den Outperformern des Jahres 2023. Aber ist ein anhaltender Glanzes garantiert? Pictet Asset Management geht davon aus, dass sich der Starstatus der USA abschwächt, DWS zieht Europa und Japan den USA und ihren hohen Bewertungen vor. Robeco ergänzt, dass der US-Dollar seinen Höchststand erreicht haben könnte, da die Fed sich der Zinssenkungsphase des Zyklus nähert. Fidelity ist ebenfalls zuversichtlich, dass die US-Zinsen ihren Höhepunkt erreicht haben und sich das Wachstum abschwächen wird.
BlackRock hat den breiten US-Aktienmarkt untergewichtet, da die weiche Landung zu einer Enttäuschung führen könnte. Aber die USA bleiben die größte Allokation im Portfolio. Amundi geht sogar davon aus, dass die USA in der ersten Jahreshälfte eine leichte Rezession erleben könnte, wenn sich die angespannten finanziellen Bedingungen auf Verbraucher und Unternehmen auswirken, dass sich aber das Land in der zweiten Hälfte des Jahres stabilisieren wird.
HSBC Global Private Banking bleibt dagegen übergewichtet. Die Wirtschaft dürfte sich weiterhin besser entwickeln als die negativen Konsensmeinungen; die Hightech-Bewertungen sind gerechtfertigt, und eine robuste Wirtschaft dürfte auch billigere Sektoren unterstützen, heißt es.
Federated Hermes ist der Ansicht, dass der strukturelle Rückenwind günstig für US Small- und Mid-Caps sein sollte, da sie im Vergleich zum längerfristigen Durchschnitt billiger gehandelt werden als Large-Caps. Eine straffere Geldpolitik wird "Qualitäts"-Unternehmen mit starken Bilanzen, einer robusten Marketingposition und Preissetzungsmacht begünstigen, argumentiert die Fondsgesellschaft.
China bleibt unattraktiv, aber Asien bietet Abhilfe
Mit Blick auf Asien sind die meisten Manager der Meinung, dass indische Aktien gegenüber chinesischen zu bevorzugen sind - wobei letztere 2024 etwas besser abschneiden könnten als 2023. Laut HSBC Global Private Banking treiben mehrere Faktoren wie Vermögensaufbau, Widerstandsfähigkeit und digitale Transformation die Region gegen den globalen Gegenwind an. Wir haben kürzlich drei China-Fonds vorgestellt, deren Abflüsse das Vertrauen unserer Analysten in die Manager nicht erschüttert haben.
Amundi hingegen ist der Ansicht, dass Schwellenländer angesichts der schwachen globalen Nachfrage auf einen zyklischen Abschwung zusteuern. In China werden die zusätzlichen fiskalischen Anreize den Trend zu einem geringeren Wachstum nicht umkehren, während Indien als neue Kraft auftritt, die angesichts der starken Binnennachfrage und der hohen Investitionen gute wirtschaftliche Aussichten bietet. Bei Schwellenländern bevorzugen jedoch sowohl Amundi als auch BlackRock Anleihen gegenüber Aktien.
Abseits der Schwellenländer sind viele Anleger nach wie vor optimistisch für japanische Aktien, die 2023 mitten in einer langsamen Revolution der Unternehmensführung ein hervorragendes Ergebnis erzielten. Laut BlackRock trägt das stärkere Wachstum dazu bei, dass die Gewinne die Erwartungen übertreffen, und aktionärsfreundliche Maßnahmen wie Aktienrückkäufe wirken sich positiv auf diesen Markt aus.
Roy Leckie von Walter Scott & Partners, der auch zum BNY Mellon Long-Term Global Equity Team gehört, ist jedoch weniger optimistisch. Die jüngste wirtschaftliche Erholung wird paradoxerweise durch die seit langem angestrebte Inflation konterkariert, weil das Wachstum der Reallöhne nicht mit den steigenden Preisen Schritt halten kann. Einige japanische Hersteller sind zudem von dem "trägen" Umfeld in China betroffen.
J. Safra Sarasin Sustainable Asset Management geht davon aus, dass die Bank of Japan ihre Negativzinspolitik im zweiten Quartal des nächsten Jahres beenden und ihren Leitzins bis zum Jahresende schrittweise auf 0,3% anheben wird, wodurch die deflationäre Denkweise beendet werden könnte.
Festverzinsliche Wertpapiere werden wieder glänzen
Eine weitere Übereinstimmung ist der positive - fast schon begeisterte - Ausblick für die Rentenmärkte. DWS erwartet 2024 für die meisten Segmente der Anleihemärkten positive Gesamterträge, wobei kurz- und mittelfristige Staatsanleihen und Unternehmensanleihen bevorzugt werden. Die Renditen am kurzen Ende dürften fallen: zweijährige US-Staatsanleihen um 100 Basispunkte und deutsche Kurzläufer um rund 50 Basispunkte.
Columbia Threadneedle hingegen meint, Anleger könnten mittel- bis langfristige US-Staatsanleihen und Investment-Grade-Unternehmensanleihen in Betracht ziehen, die solide Renditen bieten. Auch Hochzinsanleihen mit fast zweistelligen Renditen seien verlockend, doch müssten die Anleger das Risikoniveau berücksichtigen.
Anleihen dürften zudem vom Rückgang der Inflation und dem Beginn des Lockerungszyklus der Zentralbanken profitieren, sagt Pictet und bevorzugt Schwellenländer-, Staats- und ausgewählte Unternehmensanleihen mit Investment Grade.
Vanguard weist darauf hin, dass aufgrund der Zinsunsicherheit kurzfristig Volatilität möglich ist, aber die jüngsten Zinserhöhungen sind für langfristige Anleger die "beste wirtschaftliche und finanzielle Entwicklung seit 20 Jahren". Infolgedessen wird das 60/40-Portfolio gestärkt werden.
"Für langfristige Anleger mit Mischportfolios ist die Wahrscheinlichkeit, eine annualisierte 10-Jahres-Rendite von mindestens 7% zu erzielen (das entspricht dem Durchschnitt nach 1990), von 8% im Jahr 2021 auf heute 40% gestiegen.
Wer gibt seinem Portfolio einen goldenen Touch?
Zum Schluss werfen wir einen Blick auf die Einschätzungen zu Gold. Shard Capital ist der Ansicht, dass das Edelmetall im nächsten Jahr seinen Glanz behalten wird, da das Rezessionsrisiko immer größer wird. Gold sollte einen angemessenen, aber nicht unbedingt ausreichenden Puffer bieten, so Shard Capital, wobei ein Kurs von $2.200 pro Unze das beste Szenario ist.
Berenberg verwendet Gold als Teil seiner aktiven Liquiditätsabsicherung (neben Bargeld und Bitcoin) und sagt, dass sie neben der starken Nachfrage der Zentralbanken nach Gold ihre Liquiditätsabsicherung als wichtige Absicherung gegen schwarze Schwäne und globale Risiken sehen.
Invesco hingegen erklärt, dass der Goldpreis davon abhängen wird, ob es eine Phase restriktiver Geldpolitik oder Zinssenkungen geben wird. Letzteres wäre eine Unterstützung für Gold ohne Rendite - aber "beachten Sie, dass wir letztes Jahr in einer ähnlichen Situation waren".