Equity Strategy Monthly: Was läuft bei den Verbrauchern?

Der Konsumrausch der Verbraucher nach Corona könnte sich dem Ende zuneigen. Was heißt das für Aktien?

Michael Field, CFA 12.09.2023
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A department store in the U.S.
In den letzten zwei Jahren ging es Verbrauchern richtig gut, aber die letzten sechs bis neun Monate deuten darauf hin, dass sich der Wind drehen könnte.

Auf dem Höhepunkt der Pandemie waren die Sparquoten in die Höhe geschnellt. Seit der Wiedereröffnung Europas und Nordamerikas prägt das Ausgeben des angehäuften Geldes die Märkte. Als die Verbraucher damit begannen, ihren Nachholbedarf zu befriedigen, profitierte vor allem der Tourismus - das Verbrauchersegment, das am stärksten von den Lockdowns betroffen war. Flugreisen erholten sich deutlich - und auch wenn die USA hier Europa leicht voraus sind, erreichten beide Regionen im Wesentlichen wieder das Niveau von vor der Pandemie.

Bei Hotelbuchungen sieht es ähnlich aus. Im Vereinigten Königreich melden die Hotelketten ein starkes Wachstum im Vergleich zum Vorjahr, und die Zimmerpreise steigen im gleichen Maße. Weil die Nachfrage das Angebot übersteigt, treiben urlaubswillige Verbraucher auch die Kosten für diese Reisen in die Höhe. In den USA übersteigt das Wachstum der Hotelbuchungen schon seit geraumer Zeit das der Einzelhandelsumsätze. Das bedeutet, dass die Verbraucher ihr Geld lieber für Hotels ausgeben als für die meisten anderen Formen von frei planbaren Freizeitaktivitäten.

Dieses Wachstum schwächt sich jedoch ab und nähert sich langsam dem allgemeinen Einzelhandelsumsatz an, nachdem die Aufholeffekte in Sachen Urlaub nun abklingen.

 

Die Verlangsamung bei Reisebuchungen ergibt Sinn, wenn wir uns ansehen, was mit den Ersparnissen der Verbraucher geschieht. Die großen Ersparnissen, die viele Haushalte während der Lockdowns angesammelt haben, sind fast aufgebraucht, so dass die Verbraucher gezwungen sind, ihre Ausgaben zu kürzen.


Die Ersparnisse schrumpfen jedoch nicht nur, weil die Verbraucher ihr Geld für Urlaub ausgeben. Ein großer Teil des Trends lässt sich durch steigende Kosten für alltägliche Dinge, wie z. B. Wohnen, erklären. Für Hausbesitzer steigen die Hypothekenkosten rapide an.

Im Vereinigten Königreich haben sich die Hypothekenzinsen allein im letzten Jahr um die Hälfte erhöht, was auf die Versuche der Zentralbanken zurückzuführen ist, die Inflation zu bekämpfen.

 

Die Inflation bei Lebensmitteln ist zwar rückläufig, aber immer noch hoch. Im Vereinigten Königreich sind die Preise in den Supermärkten immer noch fast 7% höher als im letzten Jahr. Ausgaben für große Anschaffungen wie Häuser und Haushaltsgeräte gingen 2023 stark zurück. Das britische Bauunternehmen Persimmon meldete in seiner jüngsten Gewinnmitteilung, dass die Zahl der Baubeginne im Vergleich zum Jahr 2022 um ein Drittel zurückging, während der US-Baumarktriese Home Depot (HD) einen starken Rückgang bei den Verkäufen von Haushaltsgeräten verzeichnete.

Verbraucher sparen nicht nur bei großen Anschaffungen. Vielmehr erstrecken sich die jüngsten Sparmaßnahmen auf alle Arten von Ausgaben. Der Konsumgüterriese Kraft (KHCmeldete vor kurzem starke Umsätze, die auf Preiserhöhungen zurückzuführen sind. Der Wermutstropfen war jedoch, dass das Unternehmen Schwierigkeiten hat, die Kostensteigerungen in vollem Umfang weiterzugeben, was sich auf die Gewinnspannen auswirkt.

Zudem findet ein Wechsel der Verbraucher von Markenartikeln zu Billigmarken statt und Diebstählen nehmen auch zu. Ja, Sie haben richtig gelesen: Einige US-amerikanische Einzelhändler wie Dick's Sports Goods (DKS) und Walmart (WMT) wiesen in ihren jüngsten Gewinnmitteilungen auf die Zunahme von Ladendiebstählen hin und verwendeten dazu den sterilen Branchenbegriff "Schwund", um das Phänomen zu beschreiben.

Im Vereinigten Königreich meldete der Handelsverband British Retail Consortium, dass die Diebstähle in den Geschäften im Vereinigten Königreich im Vergleich zum Vorjahr um mehr als ein Viertel zugenommen haben - eine schockierend hohe Zahl.

 

Ist Luxus noch ein sicherer Hafen?

In den letzten zwölf Monaten haben wir die Werbetrommel für den Luxussektor gerührt, weil er der beste Ort ist, um vor diesen negativen Verbrauchertrends in Deckung zu gehen. Traditionell waren Luxusgüterunternehmen sehr erfolgreich darin, Kostensteigerungen an Konsumenten weiterzugeben, weil ihre Kundschaft in der Regel weniger preissensibel (sprich: reicher) ist als der durchschnittliche Verbraucher. Aber auch Luxusgüteranbieter im günstigeren Preissegment sind nicht völlig immun. So meldete der Schmuckriese Pandora (PNDORAkürzlich flächenbereinigt ein negatives Umsatzwachstum in den USA und stagnierende Umsätze in Europa.

Wo wird das hinführen? Leider gibt es hier keine einfache Antwort. Die Kosten der Einzelhändler sinken langsam, weil sich die Lieferketten stabilisieren, was eine gute Nachricht für die Gewinne ist und bedeutet, dass Endkunden-Unternehmen nicht mehr lange gezwungen sein werden, die Preise zu erhöhen.

Da sich jedoch die Lage auf den Arbeitsmärkten wieder entspannt, sind kräftige Lohnerhöhungen unwahrscheinlich. Heißt aber auch: die persönlichen Finanzen könnten noch einige Zeit klamm bleiben. Der große Katalysator sind natürlich die Zinssätze und die Frage, wie schnell sie fallen oder zumindest nicht mehr steigen. Solange das nicht der Fall ist, wird der Geldbeutel der Verbraucher weiterhin belastet, wobei sich die Situation noch verschärft, weil immer mehr Haushalte ihre fixen Hypotheken auf Hypotheken mit höheren Zinssätzen umstellen müssen.

Attraktive Konsumaktien

Während wir also mit angehaltenem Atem auf sinkende Zinssätze warten, müssen sich die Anleger fragen, worauf sie im Konsumsektor achten sollten. Luxusgüter, unser traditioneller Zufluchtsort, leiden unter hohen Bewertungen und sind ein Opfer ihres eigenen Erfolgs. Es gibt jedoch einige Lichtblicke im Bereich der Basiskonsumgüter, also in Bereichen, die sich bei ungünstigen Marktbedingungen traditionell defensiv verhalten - etwa Bierhersteller wie Anheuser-Busch InBev (ABI), Hotelgruppen wie Accor (AC), and Tabakkonzerne wie  Imperial Brands (IMB).

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Über den Autor

Michael Field, CFA

Michael Field, CFA  ist European Equity Strategist bei Morningstar.