Was sind Schwellenländer und Frontier Markets?

Die Welt des Investierens ist groß und vielfältig. Klassifizierungen helfen dabei, sich einen Überblick zu verschaffen.

James Gard 06.09.2023
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Brics

Schwellen- und Grenzmärkte werden von Anlegern oft als spannend - und riskant angesehen.

In diesem Artikel versuchen wir, ein Anlageuniversum zu beschreiben, das zumindest alphabetisch von Brasilien bis Vietnam reicht.

Organisationen wie die Weltbank, der Internationale Währungsfonds (IWF) und die Vereinten Nationen verwenden leicht unterschiedliche Methoden, um zu erklären, in welchem Stadium sich ein Land in seiner wirtschaftlichen Entwicklung befindet.

Die Definitionen von MSCI ist wohl der beste Ausgangspunkt für Anleger. Grundsätzlich werden Länder in Industrieländer, Schwellenländer und Grenzländer (Frontier Markets) eingeteilt. Einige haben auch einen eigenständigen Status (Standalone Market).

Länder bewegen sich zwischen diesen Kategorien und werden aufgrund einer Reihe von Faktoren (nicht nur BIP oder BSP) herauf- und herabgestuft. Und dies wechselt nach einem festgelegten Zeitplan.

Neben Wirtschaftsdaten berücksichtigt MSCI auch die Größe und Liquidität des Marktes selbst. Es wird davon ausgegangen, dass Liquidität ebenso wie Risiko ein Spektrum ist, das sich von entwickelten Märkten zu Schwellenmärkten und dann zu Grenzmärkten bewegt. Je fortschrittlicher das Land ist, desto liquider ist der Markt und umgekehrt. Beispielsweise werden täglich Millionen von Apple-Aktien gehandelt, sodass Sie während der Handelszeiten immer einen aktuellen Preis erhalten.

 

Jüngste Änderungen?

Bei der jüngsten Indexüberprüfung im August dieses Jahres gab MSCI 103 Neuaufnahmen und drei Streichungen aus dem Index bekannt. Die größten Neuzugänge sind der Einzelhändler Label Vie SA (Marokko), das kroatische Konglomerat Adris Grupa und GFH Financial in Bahrain.

Warum ist Liquidität wichtig?

Fondsmanager müssen in der Lage sein, Aktien zu kaufen und zu verkaufen und für jede Transaktionen faire Preise zu erzielen. Wenn die Aktie eines Unternehmens tagelang nicht gehandelt wird oder eine große Spanne zwischen Kauf- und Verkaufspreis besteht, wird es schwieriger, in eine Position einzusteigen oder sie zu liquidieren.

In Krisenzeiten, die Schwellenländer vergleichsweise oft betreffen - man denke z. B. an die  Türkei, Sri Lanka und Russland - ist die Wahrscheinlichkeit höher, dass Märkte zusammenbrechen. Das macht es schwierig, einen Verkaufspreis auf den inländischen Aktienmärkten zu erzielen. Für jeden Anleger, der verkauft, muss es jemanden geben, der bereit ist, zu kaufen - doch wenn man in der Eile aus einem Investment aussteigen will, gibt es eventuell nur wenige Kaufinteressenten. Der Handel kann auch ganz ausgesetzt werden, so wie an der Moskauer Börse im Jahr 2022, als die russische Invasion in der Ukraine eine enorme Volatilität auslöste.

Aufstiege und Abstiege

Wie in den Fußball-Ligen sind Auf- und Abstiege keine einmaligen Ereignisse: Länder können vom Status eines Schwellenlandes in den eines Grenzlandes zurückfallen, wie beispielsweise Pakistan im Jahr 2021. Auch entwickelte Länder können auf der Rangliste nach unten fallen, wie Griechenland 2013 feststellen musste. 

Warum ist die Klassifizierung wichtig?

Grundsätzlich gehen Anleger bei Investitionen in Frontier-Märkte ein größeres Aktienrisiko ein als bei Investitionen in Schwellenländer. Einzelne Märkte stellen ein "Einzelländerrisiko" dar, insbesondere wenn Anleger den Index als Benchmark für einen börsengehandelten Länderfonds (ETF) verwenden.

Schwellenländer- oder Frontier-Market-Fonds hingegen sind theoretisch diversifizierter: Eine Krise in einem Land könnte durch eine erstaunliche Performance in einem anderen Land ausgeglichen werden. In der Realität kommt es jedoch oft zu regionalen Krisen, die viele Länder gemeinsam in den Abgrund reißen.

Ein Vorbehalt aus den Anleihemärkten: Die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE), ein Schwellenland, haben laut Morningstar DBRS, S&P und Fitch das gleiche Kreditrating wie das Vereinigte Königreich. Insofern lohnt es sich, die Aktien und Anleihen eines Entwicklungslandes auch mal einzeln zu betrachten.

Ob die Anleger für das zusätzliche Risikos belohnt werden, ist aber wieder ein ganz anderes Thema. In den letzten Jahren sind die Schwellen- und Frontier-Märkte hinter den entwickelten Märkten zurückgeblieben, was vor allem auf den US-Tech-Boom zurückzuführen ist.

Anleger, die in Schwellenländerfonds investieren, sollten prüfen, wie genau ihre Produkte den jeweiligen Index abbilden.

 

Neue Frontier-Märkte

Ähnlich verhält es sich mit dem Index der Frontier-Märkte, wo Vietnam fast 29% des Index ausmacht. Vietnam ist ein starker Anwärter auf den EM-Status. Doch dies ist kein neues Thema und wird schon lange diskutiert. 

Vietnam selbst hat sich eine Frist bis 2025 gesetzt, um ein Schwellenland zu werden, aber es gibt weiterhin Bedenken wegen der Beschränkungen für Aktien-Besitz von Investoren aus dem Ausland. Saudi-Arabien, das eingeladen wurde, einer "BRIC-plus"-Gruppe beizutreten, ist ein Frontier-Markt und war zuvor ein Standalone-Market. Könnte das Land bald den Sprung schaffen und dem Beispiel der VAE und Katars folgen? Wir werden es beobachten.

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Über den Autor

James Gard  ist Redakteur bei Morningstar.