Die Anleger hielten sich zurück, da sie erst sehen wollten, wie die Unternehmen im ersten Halbjahr abgeschnitten haben und wie sie ihre weiteren Aussichten einschätzten. "Die Vorsicht ist gross, nachdem einige Unternehmen ihre Prognosen in Frage gestellt oder gar gekappt haben." Mit ersten Firmenergebnisse ist ab Mitte Juli zu rechnen.
Zudem trübten die Notenbanken die Stimmung weiter ein. Der Kampf gegen die Inflation sei nicht gewonnen, kommunizierten die Währungshüter derzeit täglich, sagt ein Händler. So haben zuletzt EZB und Fed anlässlich der Tagung im portugiesischen Sintra weitere Zinserhöhungen in Aussicht gestellt. "Und dies obwohl wir von der Konjunktur viele Schwächezeichen erhalten", sagt ein Börsianer. Fed-Chef Jerome Powell habe aber die Konjunkturrisiken heruntergespielt, heisst es bei der CS. Derweil ist die Inflation in einigen deutschen Bundesländern wieder gestiegen. Die gesamtdeutschen Zahlen werden um 14 Uhr und die der Eurozone am Freitag veröffentlicht. Am Nachmittag werden in den USA Daten vom Arbeits- und Immobilienmarkt sowie revidierte Angaben zum Wirtschaftswachstum veröffentlicht.
Der SMI notiert um 11.10 Uhr um 0,09 Prozent leichter auf 11'173,17 Punkten. Der SLI, in dem die 30 wichtigsten Aktien enthalten sind, sinkt um 0,16 Prozent auf 1749,20 und der breite SPI um 0,11 Prozent auf 14'712,42 Zähler. Im SLI werden 18 Titel zu tieferen und elf zu höheren Kursen gehandelt. Einer (Roche) ist unverändert.
Die Zurückhaltung der Anleger sei quer über alle Sektoren zu spüren, sagt ein Händler. "Es ist nichts los." Die grössten Einbussen verbucht der Technologiewert VAT (-0,8%). Auch AMS Osram (-0,4%) sind schwächer. Händler verweisen auf die eher vorsichtigen Aussagen des US-Chipherstellers Micron Technology, der zwar von Anhaltspunkte sieht, dass der Branchenzyklus die Talsohle durchschritten haben dürfte. Aber Micron rechnet im Schlussquartal des Geschäftsjahres 2022/23 erneut mit einem Verlust.
Schwächere Kurse verzeichnen die Zykliker ABB (-0,9%), Sika (-1,0%), Geberit (-0,5%) und Schindler (-0,8%). Aber auch defensivere Aktien wie Givaudan (-0,9%), Straumann (-0,4%) oder Lindt & Sprüngli (-0,3%) geben nach. Kühne + Nagel (-1,0%) büssen ebenfalls Terrain ein. Morgan Stanley hat das Rating "Underweight" bekräftigt.
Auf der anderen Seite werden die Luxusgüterwerte Richemont (+0,7%) und Swatch (+1,9% auf 259,40 Fr.) wieder gekauft. Bei Swatch dürfte Goldman Sachs für Auftrieb sorgen. Die US-Bank hat das Kursziel für Swatch zwar auf 350 von 360 Franken gesenkt, aber die Empfehlung "Buy" bestätigt.
Leicht zulegen können auch UBS (+0,2%). In den USA haben alle relevanten Banken, darunter auch die Schweizer Ableger von UBS und CS, den Stresstest des Fed bestanden. Die Aktien des Vermögensverwalters Julius Bär (+0,4%) legen ebenfalls zu, die der Partners Group (-0,2%) fallen leicht zurück.
Bei den Versicherungen sind Zurich (-0,3%) schwächer. Dagegen können sich Swiss Life (+0,6%) von den Vortagesverlusten leicht erholen. Der Lebensversicherer hat am Vortag wegen der Umstellung auf die neuen IFRS-Rechnungslegungsstandards nach unten revidierte Gewinnzahlen veröffentlicht, was die Aktien um 4,4 Prozent fallen liess. Auch Baloise (-4,4%) werden von der IFRS-Umstellung belastet.
Die drei Schwergewichte Novartis (-0,02%), Roche (unv.) und Nestlé (+0,1%) treten an Ort.
Am breiten Markt legen GAM (+1,5%) zu. Der angeschlagene Asset Manager kann sein FMS-Geschäft wie geplant an Carne verkaufen. Damit ist eine Hürde im Zusammenhang mit der Übernahme durch Liontrust überwunden.
Cosmo (+0,4%) können die anfänglichen Gewinne nicht halten. Dabei startet das Pharmaunternehmen ein neues Studienprogramm für seine Clascoterone-Lösung zur Bekämpfung von Haarausfall bei Männern.