Das reale Bruttoinlandprodukt (BIP) wuchs in der Periode von Januar bis März 2023 im Vergleich zum Vorquartal um 0,3 Prozent, wie das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) am Dienstag mitteilte. Im vierten Quartal des letzten Jahres hatte die Wirtschaft noch stagniert.
Bereinigt um die für die hiesige Wirtschaft wichtigen internationalen Sport-Events war das Wachstum mit 0,5 Prozent gar noch etwas höher. Das hängt vor allem mit der Fussball-Weltmeisterschaft zusammen, die im vierten Quartal 2022 stattgefunden hat und sich auf die Wertschöpfung gewisser Sektoren wie etwa den Unterhaltungssektor ausgewirkt hat.
Arbeitsmarkt und Inflation
Felicitas Kemeny, Leiterin des Ressorts Konjunktur beim Seco, sieht diverse Gründe für das Wachstum im ersten Quartal, wie sie im Gespräch mit AWP ausführte. So sei etwa die Arbeitsmarktlage in der Schweiz weiterhin gut und die Inflation moderat, was sich positiv auf den Konsum auswirke.
Zudem habe die Industrie davon profitiert, dass sich die Situation bei den Lieferengpässen zuletzt weiter verbessert habe, sagte Kemeny. Und nicht zuletzt dürfte auch der milde Winter bzw. das Ausbleiben einer Energiemangellage ein positiver Faktor gewesen sein.
Vor allem die Binnennachfrage hat sich robust gezeigt. So wuchs die inländische Endnachfrage (+0,9%) gar stärker als im historischen Mittel. Der private Konsum (+0,6%) zeigte laut Seco ein "substanzielles Wachstum", insbesondere für Dienstleistungen gaben Herr und Frau Schweizer mehr aus.
Dabei spielten auch Nachholeffekte von Corona eine Rolle. Getragen von der weiteren Erholung der Reisetätigkeit stiegen etwa die Wertschöpfung in der Branche Transport und Kommunikation (+0,7%) sowie im Gastgewerbe (+1,0%) überdurchschnittlich an, so das Seco.
Und auch die Investitionstätigkeit trug zum Wachstum der Inlandnachfrage bei, auch wenn die Bauinvestitionen stagnierten. Nach drei negativen Quartalen in Folge legte auch die Wertschöpfung im verarbeitenden Gewerbe (+0,3%) wieder leicht zu.
Abkühlung im Jahresverlauf?
Im Vergleich zum europäischen Ausland hat sich die Schweiz damit sehr gut gehalten. Die deutsche Wirtschaft etwa ist gemäss den letzte Woche veröffentlichten Zahlen zum Jahresstart um 0,3 Prozent geschrumpft und damit in eine sogenannte technische Rezession (zwei Quartale in Folge mit Negativraten) abgerutscht. Auch die gesamte Eurozone legte mit 0,1 Prozent gemäss ersten Zahlen nur ganz knapp zu.
Dass die Schweiz sich besser entwickelt hat als Deutschland, dürfte vor allem mit der deutlich höheren Inflation in unserem Nachbarland zu tun haben, wie Kemeny vom Seco weiter erläuterte. Dies habe den privaten Konsum dort stark belastet, während sich dieser hierzulande gut entwickelt habe.
Ökonomen sehen dies ebenso. Der reale private Verbrauch präsentiert sich hierzulande wesentlich standhafter als in den meisten anderen europäischen Ländern, meinte etwa Alexander Koch von Raiffeisen Schweiz. Dies sei auf die geringeren Kaufkraftverluste hierzulande zurückzuführen.
Neue Prognose Mitte Juni
Ob sich die Schweiz auch in den nächsten Quartalen besser hält, muss sich noch zeigen. Jedenfalls werde sich die Schweiz als offene Volkswirtschaft der globalen Entwicklung nicht entziehen können, meint Felicitas Kemeny vom Seco.
Die aktuellen internationalen Konjunkturindikatoren vermitteln laut Seco derzeit ein uneinheitliches Bild. Während die Industriekonjunktur schwächle, zeige insbesondere der Dienstleistungssektor eine wirtschaftliche Erholung an. Dies widerspiegelt sich auch in den inländischen Indikatoren: Während der entsprechende Einkaufsmanagerindex (PMI) eine weitere Expansion signalisiert, ist der PMI der Industrie deutlich unter die Wachstumsschwelle gerutscht.
Das Seco wird seine neu überarbeitete BIP-Prognosen für das Jahr 2023 in gut zwei Wochen präsentieren. Aktuell erwarten die Bundesökonomen ein BIP-Wachstum von 0,8 Prozent bzw. 1,1 Prozent auf Sportevent-bereinigter Basis.