Ein Gespenst schwebt über Europa: die Rezession. Für die einen ist sie unvermeidlich, andere denken, dass wir ihr letztendlich entkommen können. Aber was genau ist eine Rezession? Von einer technischen Rezession spricht man, wenn das Bruttoinlandsprodukt (BIP) in zwei aufeinanderfolgenden Quartalen eine negative Entwicklung aufweist, so wie es in der ersten Hälfte des Jahres 2020 der Fall war.
Trotz des unerwartet guten Wirtschaftswachstums in der ersten Jahreshälfte 2022, das auf die Wiederbelebung der Wirtschaft nach der Corona-Krise zurückzuführen ist, sind die wirtschaftlichen Folgen des Krieges in der Ukraine weiterhin spürbar und verdüstern die Aussichten für die Eurozone. Der Inflationsdruck nimmt weiter zu. Nach den Prognosen der Europäische Zentralbank (EZB) wird es in der Eurozone keine echte Rezession geben, sondern eine Stagnation gegen Ende dieses Jahres und in der ersten Hälfte des Jahres 2023. Die EZB erwartet für die Eurozone ein BIP-Wachstum von 3,1 Prozent in diesem Jahr, 0,9 Prozent im nächsten Jahr und 1,9 Prozent im Jahr 2024.
"Dieses Szenario dürfte sich als zu optimistisch erweisen, wenn man bedenkt, dass sich die europäische Energiekrise nach der jüngsten Unterbrechung der Gaslieferungen aus Russland drastisch verschärft hat", kommentierte Silvia Dall'Angelo, Senior Economist bei Federated Hermes. "Insgesamt hat es den Anschein, dass die EZB ein enges Zeitfenster ausnutzt, um die Zinsen aggressiv anzuheben, so genannte Zweitrundeneffekte einzudämmen und die Risiken einer Verfestigung der Inflation zu verringern. Wenn sich die Anzeichen für eine Schädigung der Wirtschaft gegen Ende des Jahres verdichten, wird die EZB den Straffungsprozess wahrscheinlich aussetzen".
Auch die Ökonomen von Barclays sind pessimistischer als die EZB: "Wir rechnen mit einer tieferen und längeren Rezession und einer anhaltend höheren Inflation. Gründe sind die höheren Energiepreise, der geldpolitische Straffungszyklus der EZB und die schwächere Auslandsnachfrage - und das trotz der fiskalischen Maßnahmen zur Abmilderung des Schocks", heißt es im jüngsten Wirtschaftsforschungsbulletin der britischen Bank, das eine Rezession in der Eurozone vom vierten Quartal 2022 bis zum zweiten Quartal 2023 vorhersagt, wobei das reale BIP in diesem Zeitraum um 1,7 Prozent schrumpfen wird.
Ob Rezession oder Stagnation, uns steht eine schwierige Zeit bevor, in der Aktienanleger und Aktienanlegerinnen gut daran tun, sich auf defensive Sektoren - etwa Konsumgüter des täglichen Bedarfs, Pharmatitel und Versorger - zu konzentrieren, indem sie Unternehmen auswählen, deren Aktien mit einem Abschlag gegenüber dem Markt gehandelt werden und, noch besser, die einen Economic Moat, also einen strategischen Wettbewerbsvorteil haben.
Auf der Grundlage von Morningstar-Analysen haben wir daher die zehn am stärksten unterbewerteten Titel in defensiven Sektoren ausgewählt. Hier finden Sie einen Leitfaden von Morningstar für Aktien-Investments.
Im Folgenden stellen wir drei Aktien vor, die sich auf einen breiten Economic Moat stützen können.
Elekta AB
Aktien-Rating: ★★★★★
Economic Moat: Weit
Fairer Wert: 127 SEK
Unsicherheits-Rating: Mittel
Das schwedische Unternehmen Elekta entwickelt, produziert und vertreibt Behandlungspla-nungssysteme für Neurochirurgie und Strahlentherapie, einschließlich der stereotaktischen Radiochirurgie und Brachytherapie. Trotz Pandemie wird die Nachfrage nach Strahlenthera-pien in den nächsten zehn Jahren voraussichtlich hoch bleiben. Elekta wird davon profitieren, aber sein Erfolg hängt von seiner Fähigkeit ab, sein Unity-Produkt zu vermarkten und dem Wettbewerb mit Varian (Teil der Siemens Healthineers-Gruppe) standzuhalten.
„Wir glauben, dass der gesamte Sektor nach der Pandemie einen durchschnittlichen Wachs-tumspfad von vier bis sechs Prozent hat, aber der günstigere geographische Mix von Elekta und die guten Aussichten von Unity unterstützen unsere etwas höhere Prognose von sieben bis acht Prozent Wachstum pro Jahr", kommentiert Alex Morozov, Morningstars Direktor für Aktienresearch in Europa, in einem Bericht vom 25. August 2022.
GSK PLC
Aktien-Rating: ★★★★★
Economic Moat: Weit
Fairer Wert: 2.230 GBX
Unsicherheits-Rating: Mittel
GSK ist eines der größten Pharma- und Impfstoffunternehmen und hat seine enormen Res-sourcen eingesetzt, um die nächste Generation von Gesundheitstherapien zu entwickeln. Die innovative neue Produktlinie und die umfangreiche Liste patentgeschützter Medikamente stel-len nach Ansicht der Morningstar-Analysten einen starken Wettbewerbsvorteil dar.
Patente, Größenvorteile und ein starkes Vertriebsnetz stützen den breiten Economic Moat von GSK. Die patentgeschützten Medikamente des Unternehmens haben eine starke Preisset-zungsmacht, die es GSK ermöglicht, Investmentrenditen zu erwirtschaften, die seine Kapital-kosten übersteigen.
Mehreren Quellen zufolge stehen GSK und Sanofi unter Druck wegen zunehmender Sorgen über Klagen, die sich aus einer möglichen Nebenwirkung des rezeptfreien Medikaments Zantac ergeben. "Wir halten den Druck für übertrieben, denn wir erwarten keine größeren ge-richtlichen Vergleiche im Zusammenhang mit dem Medikament. Wir ändern daher unsere Schätzungen für den fairen Wert der beiden Unternehmen nicht, da wir bereits geringfügige Zahlungen im Zusammenhang mit dem Medikament berücksichtigt haben", so Damien Cono-ver, Stratege für den Pharmasektor bei Morningstar, in einer Analyse vom 11. August 2022.
Anheuser-Busch InBev SA/NV
Aktien-Rating: ★★★★★
Economic Moat: Weit
Fairer Wert: 80 EUR
Unsicherheits-Rating: Mittel
Anheuser-Busch InBev ist die größte Brauerei der Welt und eines der fünf größten Konsumgü-terunternehmen weltweit, gemessen am EBITDA (Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschrei-bungen). Das Unternehmen ist gut positioniert, um vom säkularen Wachstum in vielen seiner Märkte zu profitieren. "In Lateinamerika und Asien, die fast zwei Drittel des konsolidierten E-BIT (Gewinn vor Zinsen und Steuern) ausmachen, kaufen die Verbraucher zunehmend globa-le Premiummarken, und ABI verfügt mit Budweiser, Corona und Stella Artois über ein starkes Portfolio. Die Industrieländer hingegen werden wahrscheinlich fragmentiert und wettbewerbs-orientiert bleiben", kommentierte Philip Gorham, Aktienanalyst bei Morningstar, in einer Analy-se vom 28. Februar.