Umwelt- und Menschenrechtsbedenken bleiben ein Risiko für die Mode- und Bekleidungsindustrie. In letzter Zeit haben die Hersteller diese Risiken jedoch im Allgemeinen gut gehandhabt, indem sie sich beispielsweise alternative Beschaffungsquellen gesichert haben. Abgesehen von Fast-Fashion-Marken gibt Sustainalytics den meisten Unternehmen daher ein niedriges ESG-Risiko zugewiesen (die Schwelle für eine mittlere ESG-Risikobewertung liegt bei einer Punktzahl über 20).
Der neue Morningstar-Bericht „Apparel & Fashion: Environmental and Human Rights Concerns Abound, but Risk-Adjusted Upside Looks Attraction“ identifiziert mehrere unterbewertete Aktien im Modebereich – über das gesamte Spektrum von Mainline-, Luxus- und Einzelhandelsunternehmen. Einige der Top-Picks sind Narrow-Moat Hanesbrands (HBI), Wide-Moat Richemont (CFRHF) und No-Moat Gap (GPS).
Bekleidungshersteller: Umweltrisiken
Die Bekleidungsindustrie ist einer der größten Umweltverschmutzer der Welt. Zum einen macht die Stoffproduktion 10% der jährlichen globalen CO2-Emissionen aus. Der Trend zu Fast Fashion erhöht den Druck zusätzlich, da für solche Kleidungsstücke tendenziell mehr synthetische Fasern wie Polyester oder Polyamid verwendet werden, die CO2-intensiv in der Herstellung sind.
Als Reaktion darauf haben führende Fast-Fashion-Unternehmen versucht, nachhaltigere Lieferquellen aufzubauen und sich selbst Ziele für die Verwendung von recyceltem Material gesteckt. H&M zum Beispiel strebt bis 2025 einen Anteil von 30% Rezyklaten in seinem gesamten Sortiment an, verglichen mit 18% im Jahr 2021.
Wasser ist ein weiteres großes Problem im Fertigungssegment, sowohl in Bezug auf den Wasserverbrauch als auch auf die Verschmutzung. Rund 20% des weltweiten Abwassers stammen aus der Textilfärbung und -behandlung. Zudem tragen Textilien 35% zur Verschmutzung der Ozeane mit Mikroplastik bei.
Da der Druck seitens der Aufsichtsbehörden und der Öffentlichkeit wächst, den ökologischen Fußabdruck industrieller Aktivitäten zu mindern, sind Fast-Fashion-Unternehmen zudem zunehmend regulatorischen Risiken ausgesetzt. Die EU schlägt beispielsweise verschiedene Anforderungen vor, etwa für eine längere Haltbarkeit der Bekleidung, eine Verringerung der Freisetzung von Mikroplastik beim Waschen von Kleidungsstücken, eine Kennzeichnung in Bezug auf die Nachhaltigkeit und Recyclingfähigkeit oder auch ein Verbot der Vernichtung unverkaufter Kleidung.
Als Kombination dieser Faktoren werden die Prduktionskosten voraussichtlich steigen. Einige Unternehmen dürften aber besser in der Lage sein, mit höheren Produktionskosten fertig zu werden, als andere. „Unserer Ansicht nach sind Unternehmen mit markengeführten immateriellen Vermögensvorteilen, daraus resultierender Preissetzungsmacht und potenzieller Volumenhebelung am besten in der Lage, den Schmerz mit ihren Lieferanten zu teilen, um dieses Risiko zu überstehen“, sagt Adam Fleck, CFA, Director of Equity Research ESG und Autor des Berichts. Zu diesen Unternehmen gehören mehrere große Namen außerhalb der Fast-Fashion-Welt wie Richemont, Hermes, LVMH und Nike.
Moderne Sklaverei in der Bekleidungsindustrie
Auch Menschenrechtsrechtsverletzungen und moderne Sklaverei sind weiterhin ein Thema in der Modebranche, obwohl sich die Branche in den letzten Jahren verstärkt darauf konzentriert hat, diese Probleme auszumerzen.
Laut Sustainalytics sind Menschenrechtsfragen das größte Risiko für Bekleidungsunternehmen. Während dies in erster Linie Lieferketten und nicht unternehmenseigene Einrichtungen betrifft, verbleibt ein Großteil des Reputationsrisikos bei den Unternehmen, deren Marken auf dem Etikett stehen. Von den 36 Unternehmen in den Bereichen Bekleidung, Luxus, Schuhe und Einzelhandel, die Morningstar betrachtet hat, waren bereits 25 mit einer Kontroverse im Zusammenhang mit Menschenrechten konfrontiert.
Schlagzeilen machten etwa die ausbeuterischen Löhne und Zwangsarbeit in Entwicklungsländern wie Haiti und Bangladesch. In jüngster Zeit hat zudem Chinas Behandlung der uigurischen Bevölkerung in der Region Xinjiang zu beiderseitigen Boykotten geführt - sowohl von Baumwolle made in China seitens westlicher Unternehmen als auch von den entsprechenden Marken, die von chinesischen Konsumenten daraufhin gemieden wurden. Auf China entfallen etwa 25% der weltweiten Baumwollproduktion, und etwa 80 % dieser Menge stammen aus Xinjiang.
Als Reaktion darauf führten die USA das Uigurische Zwangsarbeitsverhütungsgesetz ein. Die Europäische Kommission will derweil ein Instrument zur Bekämpfung der Zwangsarbeit in der EU vorschlagen. Die Verordnung zielt darauf ab, Unternehmen zu bestrafen, die keine vollständige Transparenz über ihre Lieferketten haben.
„Obwohl wir davon ausgehen, dass Unternehmen diese Risiken langfristig bewältigen können, gehen wir davon aus, dass die kurzfristige Volatilität bei Kosten und Lieferantenbeziehungen bestehen bleibt“, schließt Fleck.
Luxussektor: Immer mehr Fälschungen
Im Allgemeinen sind Luxusmarken niedrigen ESG-Risiken ausgesetzt. So haben fast alle Unternehmen in unserer Abdeckung – mit Ausnahme von Burberry – eine niedrige ESG-Risikobewertung.
Dennoch könnte der Trend zum Online-Kauf und zum Weiterverkauf über Marktplätze wie Poshmark oder The RealReal neue Risiken im Zusammenhang mit Fälschungen mit sich bringen. Laut einer OECD-Studie machte der Handel mit gefälschten und raubkopierten Waren im Jahr 2019 rund 2,5% des Welthandels aus.
Als Reaktion darauf wenden sich Unternehmen wie LVMH, Prada und Richemont der Blockchain-Technologie zu, um Produkte zu authentifizieren. In ähnlicher Weise investieren auch Online-Marktplätze in ihre eigenen internen Authentifizierungsdienste. Die Hauptschwäche dieser Bemühungen besteht darin, dass ein großer Teil der Fälschungen absichtlich gekauft wird.
Unsere Aktienauswahl
Unternehmen mit starkem Economic Moat sind am besten in der Lage, sich in diesem Umfeld zurechtzufinden. Hier ist ein Blick auf unsere Top-Picks.