Euro-Dollar-Parität - was müssen Sie als Investor wissen?

Während ein Urlaub in den USA für Europäer teurer wird, werden die Exporte wettbewerbsfähiger. Und in US-Dollar denominiete Anlagen gewinnen von dem festen Greenback. 

Valerio Baselli 13.07.2022
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eurodollaro

Zum ersten Mal seit fast 20 Jahren fiel der Euro am Dienstag auf die Parität zum US-Dollar.  Nach starken US-Beschäftigungszahlen preiste der Markt eine Ausweitung der Zinsdifferenz zwischen den USA und der Eurozone ein.

„Die Jobberichte vom Juni unterstrichen die solide Dynamik auf dem Arbeitsmarkt und verstärkten den Wunsch der Fed-Vertreter, bei der Sitzung im Juli um 75 Basispunkte anzuheben“, kommentierte die Deutsche Bank. „Kurz nach dem Beschäftigungsbericht signalisierte der Präsident der Atlanta Fed, Bostic, seine ‚volle Unterstützung‘ für eine weitere überdimensionale Erhöhung um 75 Basispunkte im Juli und erwartete, dass dies der Wirtschaft keinen langwierigen Schaden zufügen werde.“

Die Europäische Zentralbank werde die Zinsen nächste Woche wohl wie angekündigt indes nur um 25 Basispunkte anheben, so die UBS.

Der Euro hat seit Anfang Februar einen dramatischen Wertverlust erfahren. Der Rückgang beschleunigte sich in den letzten Wochen, als sich die Angst verbreitete, dass Russland als Vergeltung für westliche Sanktionen die Gaszufuhr vollständig unterbinden würde.

Aber nicht nur der Euro fällt: So erzielete der Dollar am Montag gegenüber dem Yen ein 24-Jahres-Hoch. Und der US-Dollar-Index (der den Wert des Greenback im Verhältnis zu einem Korb aus sechs Fremdwährungen misst) kehrte auf seinen Höchststand seit Oktober 2002 zurück.

 

 

Euro dürfte weiter fallen

Inflation ist in Europa ein Problem, aber sicherlich nicht das einzige. Die Sorge vor einer Rezession im Herbst wird immer konkreter und als ob das nicht genug wäre, erlebt der alte Kontinent gerade eine neue Covid-Welle. Aus diesem Grund sind der EZB im Vergleich zu ihrem amerikanischen Pendant, der Federal Reserve, die Hände gebunden.

Kurz gesagt, der Markt setzt darauf, dass die Eurozone vor den USA in eine Rezession eintritt. Deshalb preist er ein, dass die EZB die Zinsen in den kommenden Monaten nur vergleichsweise leicht anheben wird. In der Zwischenzeit wird die Federal Reserve den Leitzins auf ein für die Währungsunion undenkbares Niveau angehoben haben: 2,50% Ende Juli und wahrscheinlich 3% oder mehr bis September.

Tatsache bleibt, dass der Euro-Dollar-Kurs sinkt, weil Kapital dorthin fließt, wo die Zinsen am profitabelsten sind. Eine Reihe aggressiver Zinserhöhungen der Fed in Verbindung mit einem nachlassenden Wirtschaftswachstum in Europa werden den Druck auf den Euro aufrechterhalten und die Anleger in Richtung des US-Dollars als sicheren Hafen treiben.

Dies bedeutet, dass in naher Zukunft ein Szenario, in dem der Euro unter dem US-Dollar gehandelt wird, nicht weit hergeholt ist: Analysten von Goldman Sachs, Deutsche Bank und ING wären nicht überrascht, wenn der Wechelskurs unter die Parität falle bei 0,98 - 0,95 in den kommenden Wochen.

Ein schwacher Euro trägt auch zu steigenden Preisen für Energierohstoffe bei, was sich in höheren Rechnungen für die Europäer niederschlägt. Gleichzeitig wirkt sich der Wechselkurs jedoch auch auf die Exporte aus, die von dem niedrigen Euro profitieren.

Profitieren könnte zudem der Tourismus in Europa, da Amerikaner den für sie günstigen Wechselkurs zum Anlass für eine Reise auf den alten Kontinent nutzen könnten.

 

Wie wirkt sich das auf Ihr Portfolio aus?

Der Wechselkurs spielt für europäische Anleger eine Rolle, sofern sie nicht auf Euro lautende Vermögenswerte in ihren Portfolios halten. Sofern sie ihre Fremdwährungsrisiken nicht abgesichert haben, könnte dies zu einer impliziten – und in den meisten Fällen unbeabsichtigten – Wette führen.

Die Rendite ausländischer Wertpapiere besteht aus der Marktperformance des Vermögenswerts und der Performance der zugrunde liegenden Währung. Eine Aufwertung der Fremdwährung gegenüber der Landeswährung wirkt sich positiv aus, während sich ein stärkerer Euro negativ auf die Gesamtperformance der Anlage auswirken würde.
In diesem Fall ist ein stärkerer Dollar per se also keine schlechte Nachricht für die Anleger, die in auf Dollar lautende Finanzanlagen investieren.

 

  

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Über den Autor

Valerio Baselli

Valerio Baselli  ist Redakteur bei Morningstar.