Die Preise für Agrarprodukte befinden sich in schwindelerregenden Höhen mit möglicherweise verheerenden Folgen für die Bevölkerung im globalen Süden. Begonnen hat der Rohstoff-Superzyklus Mitte 2020 mit der Erholung nach dem Corona-Einbruch im März: Extreme Wetterereignisse in Südamerika dezimierten die Ernte, die Nachfrage vor allem aus China stieg - und nun noch der Krieg. In der Ukraine häufen sich Berge von Weizen, die wegen des Krieges nicht für den Export bereit gestellt werden können.
Der S&P Agricultural Spot TR, der die Preisentwicklung von Agrarprodukten abbildet, hat sich gegenüber dem letzten Zwischentief im Mai 2020 mehr als verdoppelt.
„In den vergangenen zwei Jahren sind die Mais- und Sojabohnenpreise deutlich gestiegen. Mais-Futures sind auf dem höchsten Stand seit einem Jahrzehnt und die Preise für Weizen-Futures erreichten im März ein Allzeithoch. Die Weizenbewertungen verzeichneten trotz des jüngsten Rückgangs einen Anstieg von rund 68% seit Jahresbeginn. Auch die Düngemittelpreise erreichten Rekordhöhen. Erdgas, ein wichtiger Bestandteil von Stickstoffdüngern, ist im Vergleich zu vor 12 Monaten um 102,6% gestiegen“, sagt Dawit Woldemariam, Aktienanalyst von Morningstar.
Diese Entwicklung stützt auch die Aktien von Unternehmen mit landwirtschaftlichem Hintergrund: vom Saatgut- zum Düngemittelhersteller, vom Agrarmaschinenproduzenten bis zum Nahrungsmittelerzeuger. Der Morningstar Global Food Innovation Index, der sich aus Unternehmen zusammensetzt, von denen Morningstar-Analysten glauben, dass sie gut positioniert sind, um von Verbesserungen bei der Lebensmittelproduktion, den Maßnahmen zur Lebensmittelsicherheit, der nachhaltigen Verpackung und der gesunden Ernährung zu profitieren, verlor seit Jahresbeginn 2,1% (in USD, Stand: 13. Mai 2022).
Von seinem Zwischenhoch im April ist er zuletzt deutlich zurückgekommen, performt aber deutlich besser, als der Morningstar US Market Index. Dieser verlor im gleichen Zeitraum im allgemein schwachen Marktumfeld mehr als 16%.
Viele Agrar-Aktien überbewertet
Allerdings sind die Aktien vieler Branchenführer laut Morningsstar-Analysten derzeit überbewertet oder bestenfalls fair bewertet. Mosaic, Nutrien und ADM zum Beispiel befinden sich nach zweistelligen Zuwächsen in den Jahren 2021 und 2022 alle im überteuerten Bereich, heißt es im Morningstar-Report „Food and Ag Stocks Are Having Their Time in the Sun”.
Die Aktie des Düngemittelunternehmens Mosaic stieg im bisherigen Jahresverlauf um 58,7% (Stand: 13. Mai 2022) und um 72% im Kalenderjahr 2021. Beides sind die größten Jahresgewinne seit 2009.
Nutrien, das weltweit größte Düngemittelunternehmen und der größte landwirtschaftliche Einzelhändler in Nordamerika, hat im Jahr 2022 bisher um 27,6% zugelegt, nach einem Anstieg von 60% im Jahr 2021. Die Rally im letzten Jahr war die größte der Nutrien-Aktie seit 2007.
2 Investmentideen im Agrarsektor
Doch es gibt auch noch Titel in dem Sektor mit fairer Bewertung. Morningstar-Redakteur Francesco Lavecchia hat sich zwei fair bewertete Aktien genauer angeschaut.
Nufarm
Morningstar Rating: 3 Sterne
Die australische Nufarm ist ein Anbieter von Pflanzenschutzmitteln wie Herbiziden, Fungiziden und Pestiziden. Das Unternehmen ist führend auf dem heimischen Markt und hat dank der Beteiligung am Aktienkapital der japanischen Sumitomo Chemical in Höhe von 16% seine Präsenz auf den weltweiten Märkten, insbesondere in China und Indien, gestärkt.
„Zukünftiges Wachstum sollte durch eine immer stärkere Expansion auf internationale Märkte und die Fähigkeit vorangetrieben werden, vom langfristigen Trend eines höheren Kalorienverbrauchs in Schwellenländern zu profitieren, was eine deutliche Verbesserung der Ernteerträge weltweit erfordern wird. Neben dem Kerngeschäft mit Pflanzenschutzmitteln ist Nufarm auch im Saatguttechnologiegeschäft aktiv, was es ihm ermöglichen wird, sein Produktportfolio zu erweitern und Einnahmequellen zu diversifizieren“, sagte Mark Taylor, Aktienanalyst bei Morningstar. Die Aktie hat seit Jahresbeginn 25% zugelegt (in AUD per 23. Mai 2022), nach den positiven Daten des ersten Halbjahres.
AGCO
Morningstar Rating: 3 Sterne
AGCO produziert landwirtschaftliche Geräte, insbesondere Traktoren. Der Zielmarkt des Unternehmens sind Schwellenländer, in denen Kunden normalerweise nach preisgünstigeren Geräten suchen, während seine Geschäfte in Industrieländern unter der Konkurrenz von führenden Unternehmen wie Deere und CNH leiden.
„Die Strategie des Unternehmens für die Zukunft muss darin bestehen, das Angebot auf Produkte mit größerem Mehrwert zu verlagern und das Händlernetz zu optimieren, um Kunden effektiver bedienen zu können. AGCO wird kurzfristig von der steigenden Nachfrage nach Agrarprodukten, insbesondere aus China, profitieren. Aber es bleibt abhängig von den Ausgabenbudgets der Kunden, die wiederum von den zukünftigen Erwartungen der landwirtschaftlichen Nachfrage bestimmt werden “, sagt Dawit Woldemariam, Aktienanalyst bei Morningstar.
Die Ergebnisse des ersten Quartals lagen mit einem Umsatzwachstum von 13% im Vergleich zum Vorjahreszeitraum über den Erwartungen und haben den Analysten überzeugt, die Prognosen für 2022 nach oben zu korrigieren - von 120 auf 124 Dollar (Bericht aktualisiert am 4. Mai 2022). Seit Anfang des Jahres haben die AGCO-Aktien den S&P 500-Index mit einem Plus von 8,69% (in Euro per 20. Mai 2022) deutlich übertroffen, werden aber weiterhin mit einem Abzinsungssatz von 10% relativ beim fairen Wert gehandelt.