Im Juni hat sich die Erholung risikoreicher Anlagen fortgesetzt, und auch Fondsanleger fassten sich ein Herz und erhöhten ihr Engagement in Aktien- und risikoreicheren Anleihenfonds. Langfristfonds aus Europa zogen im dritten Monat in Folge Gelder an - 63 Milliarden Euro im Juni. Dies war zugleich das höchste Monatsniveau seit Februar dieses Jahres. Ende Juni ging ein bemerkenswertes Halbjahr zu Ende, das zwei höchst konträre Gesichter zeigte.
Das erste Quartal war von einer veritablen Korrektur geprägt, als die lähmenden Auswirkungen der Coronavirus-Pandemie auf die Weltwirtschaft deutlich wurden und Anleger eine dramatische Flucht aus Fonds antraten. Ende März jedoch begann eine Erholung, die bis heute anhält und die sich daher ähnlich spektakulär gestaltet wie das erste Halbjahr. Dank der umfangreichen geld- und fiskalpolitischen Stützungsmaßnahmen der Zentralbanken und Regierungen weltweit sind Investoren noch immer optimistisch, dass die Wirtschaft in einer V-förmigen Erholung der Krise entsteigen wird.
Beide Marktphasen spiegeln sich in den Mittelflüssen in Fonds wider. Im ersten Quartal zogen Investoren in Europa 150 Milliarden Euro aus Fonds ab – prägend waren hierbei die Abflüsse von 250 Milliarden Euro im März, der Monat; diesem Monat dürfte wohl auf absehbare Zeit der absolute Negativrekord sicher sein. Im zweiten Quartal sammelte Fonds dagegen 164 Milliarden Euro ein; die Abflüsse wurden also mehr als ausgeglichen.
Negativer Performance-Saldo bei Aktienfonds im ersten Halbjahr
Doch das sollte nicht den Blick dafür verstellen, dass viele Anleger per Saldo schlechte Erfahrungen im ersten Halbjahr gemacht haben. Zwar konnten viele Aktien-, Renten- und Mischfonds von den Kurssteigerungen an den Märkten zwischen April und Juni profitieren.
Doch die Verluste des ersten Quartals wurden damit längst nicht wettgemacht. Das zeigt sich bei Aktienfonds. Im zweiten Quartal stieg das in Aktienfonds investierte Vermögen Performance-bedingt um 536,7 Milliarden Euro. Das klingt auf den ersten Blick spektakulär. Doch die im ersten Quartal erlittenen Verluste waren noch spektakulärer - im bisherigen Jahresverlauf bewirkten die Kursverluste bei Aktienfonds einen Vermögensverlust von mehr als 381 Milliarden Euro. Vor diesem Hintergrund muten die Nettozuflüsse in Aktienfonds von zehn Milliarden Euro im ersten Halbjahr bescheiden an.
Run auf Rentenfonds hält an
Fonds für festverzinsliche Wertpapiere waren im Juni weiter von allen Fondsgattungen am stärksten nachgefragt. Sie zogen Zuflüsse in Höhe von 37 Milliarden Euro an; die Netto-Neugelder beliefen sich auf 105 Milliarden Euro im zweiten Quartal. Mit 22 Milliarden Euro war die Absatzbilanz auch für das erste Halbjahr bei Rentenfonds positiv.
Aktienfonds nahmen im Juni netto 19 Milliarden Euro ein; im zweiten Quartal waren 51 Milliarden Euro, was die Abflüsse von 41 Milliarden Euro im ersten Quartal kompensierte.
Mischfonds zeigten im Juni eine beeindruckende Rückkehr zur Stärke und verzeichneten mit zehn Milliarden Euro den höchsten Absatz in einem Monat seit Februar 2018. Anders bei alternativen Fonds. Der Juni brachte einen weiteren negativen Monat für regulierte Hedgefonds ein. Sie mussten Abflüsse in Höhe von fast fünf Milliarden Euro hinnehmen; die Gesamtrückgaben im zweiten Quartal beliefen sich auf 15 Milliarden Euro; im ersten Quartal hatten der Branche Nettoabflüsse in Höhe von 23 Milliarden Euro zu schaffen gemacht.
Dass Goldfonds für viele Anleger die Funktion eines sicheren Hafens einnehmen, zeigen die Rekordzuflüsse von 14 Milliarden Euro in Rohstofffonds im ersten Halbjahr. Allerdings verlangsamten sich die Zuflüsse im Juni deutlich, was zeigt, dass in jüngster Zeit die Furcht vor einer scharfen globalen Rezession bei Anlegern nicht länger im Vordergrund beim Investment-Verhalten steht.
Deutsche offene Immobilienfonds mit hoher Nachfrage in 2020
Immobilienfonds hielten sich weiterhin wacker im Vertrieb, obwohl allgemein erwartet wird, dass sich die Rezession auf gewerbliche Immobilien, dem Hauptinvestitionsschwerpunkt dieser Vehikel, auswirken wird. In Deutschland domizilierte offene Immobilienfonds genossen im Juni, wie schon in den ersten sechs Monaten des Jahres, die höchsten Zuflüsse unter allen europäischen Immobilien-Vehikeln.
Geldmarktfonds verzeichneten weiterhin eine hohe Nachfrage und verbuchten im Juni Mittelzuflüsse von 45 Milliarden Euro, die Zuflüsse summierten sich für das zweite Quartal auf 138 Milliarden Euro - ein Indikator dafür, dass einige Anleger vorsichtig gestimmt sind.
Insgesamt profitierte die europäische Fondsindustrie im Juni von der bemerkenswerten Aufwärtsbewegung der Märkte. Das in langfristigen Fonds verwaltete Vermögen stieg von 9,00 Billionen Euro per Ende Mai auf 9,197 Billionen Euro per 30. Juni. Geldmarktfonds miteingerechnet stieg das Vermögen im Berichtszeitraum von 10,385 Billionen auf 10,614 Billionen Euro.
Tabelle: Das Neugeschäft auf Ebene der Asset-Klassen
Anleihenfonds waren auch im Juni wieder die Produkte der Wahl für Anleger. Dies gilt sowohl für aktiv verwaltete Fonds als auch für Indexfonds. Aktiv verwaltete Rentenfonds verzeichneten im Juni Mittelzuflüsse in Höhe von 26 Milliarden Euro; im zweiten Quartal beliefen sie sich auf 75 Milliarden Euro. Die stärkste Nachfrage verzeichneten erneut Fonds für Unternehmensanleihen, einschließlich Fonds für hochverzinsliche Anleihen. Sogar aktiv verwaltete Emerging-Markets-Bondfonds hatten ihren ersten positiven Monat seit Dezember 2019, was als Zeichen für eine optimistischere Sicht von Anlegern auf Schwellenländer gefunden haben.
In einer bemerkenswerten Wende erreichten die Zuflüsse in aktiv verwaltete Aktienfonds im Juni ein 29-Monats-Hoch. Global anlegende Growth-Fonds, Technologie-Fonds und globale Standardwertefonds waren am meisten gefragt. Mischfonds profitierten von der hohen Nachfrage nach global anlegenden moderaten, aggressiven, defensiven und flexiblen Euro-Fonds.
Nachdem im Mai Abflüsse anfielen, erholte sich die Nachfrage nach Aktien-Indexfonds im Juni wieder, blieb jedoch deutlich unter den Monatsdurchschnitten der vergangenen Jahre. Passiv gemanagte Eurozonen-Aktienfonds erlebten im Juni ein Comeback und zogen netto 700 Millionen Euro ein. Damit war der Juni der erste positive Monat für diese ungeliebte Kategorie seit November 2019. Passiv gemanagte Indexfonds für festverzinsliche Wertpapiere verzeichneten im Juni rekordverdächtige Zuflüsse von elf Milliarden Euro; die Zuflüsse in Renten-Indexfonds beliefen sich im zweiten Quartal auf 30 Milliarden Euro. Die höchste Nachfrage verzeichneten Indexfonds für US-Staatsanleihen und solche für Euro-Unternehmensanleihen.
Insgesamt beliefen sich die Mittelzuflüsse in aktiv verwaltete Fonds (ohne Geldmarktfonds) im Juni auf 48 Milliarden Euro nach 41 Milliarden Euro im Mai. Die Zuflüsse in Indexfonds stiegen von 11,4 Milliarden Euro im Mai auf 15 Milliarden Euro im Juni. Der Marktanteil von Indexfonds erhöhte sich zum Halbjahr leicht auf 19,7 Prozent nach 19,6 Prozent per 31. Mai.
Tabelle: Mittelflüsse nach Asset-Klasse (aktiv verwaltete Fonds versus Indexfonds)
Bei der Ebene der Fonds-Kategorien standen Fonds für Unternehmensanleihen (Investmentgrade) an erster Stelle; sie verbuchten Nettozuflüsse in Höhe von 5,6 Milliarden Euro. Im zweiten Quartal waren es 20 Milliarden Euro, was dieser Kategorie auch im Quartals-Ranking den Spitzenplatz einbrachte. Die höchsten Mittelzuflüsse im Juni (488 Millionen Euro) gingen dem iShares Core Euro Corporate Bond ETF zu, dem größten Fonds für EUR-Unternehmensanleihen in Europa.
Die hohe Nachfrage nach globalen Aktien-Wachstumsfonds war eine ziemlich einseitige Angelegenheit - aktiv verwaltete Fonds erhielten praktisch alle Nettozuflüsse. Die höchste Nachfrage erfuhren mit 520 Millionen Euro der in den Niederlangen vertriebene ASN Duurzaam Aandelenfonds, gefolgt vom Global Opportunity Fund von Morgan Stanley, der 420 Millionen Euro im Juni einnahm. Im Gegensatz zu Pharma-Fonds, die inzwischen etwas in der Gunst der Anleger zurückgegangen sind, konnten Technologie-Fonds erneut punkten. Dabei zog der BGF World Technology Fund weiterhin enorme Zuflüsse an. Im Juni investierten Anleger 1,1 Milliarden Euro in den größten Technologie-Fonds, gefolgt mit großem Abstand vom Polar Capital Global Technology Fund, der Zuflüsse von 260 Millionen Euro einsammelte.
Fonds-Kategorien: Die Gewinner im Juni
Ein Blick auf die unteren Ranking-Zonen zeigt, dass alternative Multistrategie-Fonds weiter bluten mussten. Diese ehemals stark gehypten Fonds verloren im Juni drei Milliarden Euro netto. Im bisherigen Jahresverlauf erlitten diese Hedgefonds Strategien Abflüsse in Höhe von 13 Milliarden EUR. Die höchsten Rücknahmen entfielen auf den Schroders SMP Bespoke Investment Fund 6, einen in Luxemburg domizilierten Fonds, aus dem eine Milliarde Euro abgezogen wurde. Es folgte der Invesco Global Targeted Return Fund, der Rückgaben in Höhe von 815 Millionen Euro verkraften musste. Abgesehen vom Februar dieses Jahres haben diese Fonds seit Mai 2018 in jedem Monat Rückgaben erlitten; das spiegelt die Unzufriedenheit von Investoren mit der schwachen Performance vieler Produkte wider.
Alternative Fonds für Long-Short-Credit-Strategien waren im Juni und im bisherigen Jahresverlauf ebenfalls unbeliebt. In einem für Anleihen günstigen Umfeld tendieren viele dieser Fonds, die in der Regel Durations- und/oder Zinsabsicherungen einsetzen, dazu, den Märkten (und Long-Strategien) hinterherzuhinken. Handelsbanken, BlackRock und Eurizon waren die Anbieter mit den höchsten Abflüssen. Handelsbanken Räntestrategie erlitt Abflüsse in Höhe von 460 Millionen EUR, gefolgt vom BSF Fixed Income Strategies Fund, der 280 Millionen Euro an Abflüssen verkraften musste.
Nach einem sprunghaften Anstieg der Zuflüsse in Rohstoff-Energiefonds in den Vormonaten, als antizyklisch eingestellte Anleger auf eine Erholung der Ölpreise wetteten, zogen die Anleger im Juni 1,4 Milliarden Euro aus diesen Indexprodukten ab. Mehrere börsengehandelte Rohstoffe, die in Ölterminkontrakte investieren, wurden nach der volatilen Marktphase der vergangenen Monate dichtgemacht, was ein Grund für die hohen Abflüsse war, die vor allem den Anbieter WisdomTree betraf.
Fonds-Kategorien: Die Verlierer im JuniUnter den Fondsanbietern mit den höchsten Zuflüssen schob sich die ING mit Zuflüssen in Höhe von 8,5 Milliarden Euro, die eine Palette von neuen 20 Mischfonds ansteuerten, auf den ersten Platz im Juni. Pimco profitierte weiterhin von der Nachfrage von Anlegern noch höher verzinslichen Fonds. Die Allianz-Tochter sammelte im Juni 4,45 Milliarden Euro ein, das höchste Monats-Level seit Juli 2019. Damit stand Pimco im vergangenen Quartal an der Spitze der Asset-Sammler. Allerdings ist die Absatzbilanz von Pimco aufgrund des Erdrutsches, der riskante Rentenfonds im März traf, im bisherigen Jahresverlauf noch negativ. Der Pimco GIS Global Investment Grade Credit Fund war im Juni am meisten gefragt und zog 1,1 Milliarden Euro an, noch vor dem Pimco Income Fund, der knapp eine Milliarde Euro an Nettoneugeldern verbuchte.
JP Morgan setzte seinen Aufschwung fort und erzielte im Juni ein Nettoergebnis von 3,3 Milliarden Euro, die recht gleichmäßig auf Aktien- und Rentenfonds verteilt waren. JPM Global High Yield Bond war mit Zuflüssen von 620 Mio. EUR erneut der meistverkaufte Fonds der Gesellschaft in einem Monat.
Auf der passiven Seite führte iShares mit Zuflüssen von 7,2 Milliarden Euro das Anbieter-Ranking mit großem Abstand an, wobei die meisten Zuflüsse auf festverzinsliche Produkte entfielen; acht der zehn absatzstärksten iShares-Fonds waren Rentenprodukte. Dabei sammelten der IShares $ High Yield Corporate Bond ETF und der iShares Global Corporate Bond ETF mit jeweils fast 700 Millionen Euro am meisten ein.
Die Deutsche Bank-Tochter Xtrackers lag mit Zuflüssen in Höhe von 2,0 Milliarden Euro auf Platz zwei. Hier standen Aktien-ETFs im Vordergrund; Swap-basierte ETFs für US-Aktien waren dabei besonders nachgefragt.
Tabelle: Die Anbieter mit den höchsten Zuflüssen im Juni (ohne Geldmarktfonds)
Die höchsten Rückgaben hatte Eastspring im Juni zu verzeichnen, ein Fondspromoter mit Schwerpunkt auf die Schwellenländermärkte. Der größte Teil der Mittelabflüsse entfiel jedoch auf die Fonds für USD-Unternehmensanleihen.
Die aktiv verwaltete Fondspalette von Invesco erlitt erneut starke Abflüsse; vor allem die alternativen Fonds waren nicht gefragt. Merian Global Investors erlitt Abflüsse vor allem aus seiner Palette festverzinslicher Fonds.
Auf der passiven Seite waren Rohstoff-Produkte der wichtigste Grund für die Abflüsse aus WisdomTree-Trackern, die Nettoabflüsse in Höhe von 1,1 Milliarden Euro erlitten, die vor allem aus Öl-ETCs abflossen. Aktien-Indexfonds von Nordea erlitten im Juni starke Abflüsse. Die Rückgaben von Anteilen an globalen Aktienfonds waren der Grund für die schwache Bilanz von Mercer Global Investments.
Tabelle: Die Anbieter mit den höchsten Abflüssen im Juni (ohne Geldmarktfonds)
Der größte Fonds Europas, Pimco GIS Income, verzeichnete im Juni Nettozuflüsse von 935 Millionen Euro. Während das Comeback dieses Fonds, der in risikoreichere Teile der Anleihemärkte investiert, im vergangenen Quartal beeindruckend war, konnten die Zuflüsse von 2,5 Milliarden Euro - von denen die meisten an Euro-abgesicherte Aktienklassen gingen - die gewaltigen Abflüsse im März bei weitem nicht ausgleichen. Im bisherigen Jahresverlauf beliefen sich die Abflüsse aus dem Fonds auf 10,8 Milliarden Euro.
Die Abflüsse aus dem BGF Global Allocation Fund gingen hauptsächlich zurück an Anleger, die institutionelle USD-Anteilsklassen verkauften, während die meisten Abflüsse aus dem Global Income Fund von JPMorgan EUR-Anteilsklassen betrafen, die an Privatanleger vermarktet wurden.
Sowohl der iShares Core S&P 500 als auch der Vanguard S&P 500 ETF verloren im Juni weiter an Vermögenswerten. Damit fügten sich die beiden größten ETFs in Europa dem allgemeinen Trend ein – USA-Standardwertefonds zählten in den vergangenen Monaten zu den wenig beliebten Kategorie, und im laufenden Jahr gaben Investoren gut 16 Milliarden Euro an Fondsanteilen zurück. Ein genauerer Blick auf die Nachfragestruktur in der Kategorie zeigt, dass Swap-basierte ETFs und ESG-ETFs starke Zuflüsse erhielten, während physisch replizierende, konventionelle S&P-Tracker Abflüsse hinnehmen mussten.
Dagegen konnten der Vanguard Global Bond Index und der iShares Core € Corp Bond ETF im Juni im Zuge der großen Nachfrage nach Rentenfonds hohe Zuflüsse verbuchen.
Tabelle: Die Absatzbilanz der größten Publikumsfonds in Europa (ex Geldmarkt)
Der Mittelflussbericht wurde auf Basis der Morningstar Absatzschätzungen per 17. Juni 2020 verfasst, die sich im Asset Flow Modul in Morningstar Direct finden lassen. Mehr Informationen zu unserem institutionellen Analyse-Tool Morningstar Direct finden Sie hier.