Die grosse Morningstar Analyse zu den Kosten in 26 Fondsmärkten weltweit ist veröffentlicht! In unserer zweijährlichen Untersuchung vergleichen wir die unterschiedlichen Konditionen, die Investoren an ihren Heimatmärkten vorfinden. Unterschieden wird dabei zwischen den Kosten lokaler Fonds und den Kosten grenzüberschreitend vertriebener Fonds. Die Global Investor Experience Study (GIE) wird seit 2009 herausgebracht und untersucht neben den Kosten auch die steuerlichen Regelungen, den Stand der Regulierung, die Transparenz an den Märkten sowie die Vertriebspraxis von Fonds. Im ersten Teil befassen wir uns hier mit den Produktkosten, gemessen am kapitalgewichteten Durchschnitt in den jeweiligen Ländern.
Auf der fünfstufigen Skala – „Top“, „Überdurchschnittlich“ (Above Average), „Durchschnittlich“ (Average), „Unterdurchschnittlich“ (Below Average), „Flop“ (Bottom) schneiden Australien, die Niederlande und die USA mit der Note „Top“ am besten ab. Die drei Länder hatten bereits 2017 und 2015 am besten abgeschnitten. Die drei Märkte bieten Investoren die günstigsten Fonds. Gemein ist ihnen, dass Vertriebs- und Produktkosten getrennt werden. Auch ist der Wettbewerb in den drei Märkten zwischen den Fondsanbietern intensiv, und Skaleneffekte werden typischerweise an Investoren weitergegeben.
Interessant ist auch, dass in Australien und den USA ausschliesslich lokale Produkte vertrieben werden. Die Abwesenheit von ausländischen Konkurrenten schadet dem Konditionenwettbewerb offenbar nicht.
Die USA, Niederlande und Australien sind Top
Der Umkehrschluss gilt übrigens in den meisten offeneren Märkten: Transnational vertriebene Fonds, die in Luxemburg und Irland domiziliert sind, zeichnen sich zumeist durch höhere Kosten aus als Fonds, die in den lokalen Märkten aufgelegt wurden und nur dort vertrieben werden. Die Skaleneffekte, die in den sehr grossen Fondsmärkten Irland und Luxemburg erzielt werden, scheinen nicht an Anleger weitergereicht zu werden. Zwar dürften höhere regulatorische Kosten für den transnationalen Fondsvertrieb in verschiedenen Jurisdiktionen bei diesen Fonds anfallen. Allerdings dürften auch die Vertriebspraxis sowie die mangelnde Kostensensitivität in vielen Märkten, vor allem in Asien, Gründe für das hohe Pricing vieler Fonds aus Luxemburg und Irland darstellen.
Wir befassen uns in gesonderten Artikeln mit den Spezifika der Schweiz und Deutschland (der österreichische Markt wurde in dieser Untersuchung nicht berücksichtigt). Hier sei nur in Kürze erwähnt, dass die Schweiz gegenüber der vergangenen Studie um einen Rang aufrückt, und zwar von „Durchschnittlich“ auf „Überdurchschnittlich“, während Deutschland bei „Unterdurchschnittlich“ verharrt.
Die schlechtesten Platzierungen bekommen die Fondsmärkte Italien und Taiwan. Dabei fällt das südeuropäische Land einen Rang zurück, was vor allem auf hohe Durchschnittskosten zurückgeht, aber auch auf die Tatsache, dass Ausgabeaufschläge und Kickbacks gängige Praxis sind. Die Grafik weiter unten zeigt die Noten der 26 Länder in der Übersicht.
Die Fondskosten sind seit 2017 gesunken
Ungeachtet der gemischten Bilanz bleibt festzuhalten, dass die Fondskosten seit der Vorläuferstudie aus 2017 gesunken sind. Besonders markant war der Trend bei Aktienfonds, die in 19 Märkten günstiger geworden sind. Als Gründe für die gesunkenen Kosten ist vor allem die Fonds- und Vertriebsregulierung festzumachen. Vor allem in den Niederlanden und Grossbritannien sind die Kosten deutlich zurückgegangen, seitdem Retrozessionen verboten wurden. Auch hat der Trend in vielen Märkten zur Honorarberatung den Einsatz günstiger Fonds beschleunigt.
Allerdings bleibt festzuhalten, dass die Regulierung zwar in den Niederlanden und Grossbritannien dazu geführt hat, dass nur noch Fonds ohne Retrozessionen vertrieben werden. Allerdings ist nach wie vor ein guter Teil der Fondsbestände noch in teuren Fonds investiert, bei denen Kickbacks anfallen. Veränderungen sind also auch in den anlegerfreundlichsten Märkten nur von gradueller Natur.
Grafik: Die 26 Fondsmärkte im Gebühren-Ranking
Die Kritik an der Methodik der Studie setzt regelmässig daran an, dass wir solchen Märkten schlechte Noten ausstellen, in denen Vertriebs- und Produktkosten kombiniert werden, derweil wir in Märkten, in denen diese Kosten getrennt erhoben werden, nur auf die Produktkosten abheben und die Vertriebskosten aussen vor lassen. Auch wenn wir anerkennen, dass Anleger eine gute Investmenterfahrung in Märkten machen, in denen beide Kostenposten „gebündelt“ erhoben werden, entspricht diese Bündelung grundsätzlich nicht den besten Interessen von Anlegern. Wir sind der Meinung, dass die Trennung der Vertriebs- von den Fondskosten die Transparenz für Investoren erhöht, Selbstentscheidern den Zugang zu günstigeren Fonds ermöglicht und Interessenkonflikte im Vertrieb verhindert bzw. reduziert.
Zudem wurde in vielen Märkten das Phänomen beobachtet, dass Vertriebsfolgeprovisionen, also Kickbacks, auch dann erhoben werden, wenn keine Beratung angeboten wird. In Australien hat etwa die „Royal Commission into Misconduct in Banking“ zahlreiche Beispiele ermittelt. Doch man muss nicht so weit schauen. In Deutschland kassieren Direktbanken standardmässig Kickbacks, obwohl sie Fonds überwiegend ohne Beratung vertreiben (im Zuge der sogenannten „Execution only“-Dienstleistung). In Deutschland gibt es auch das Phänomen der sogenannten „herrenlosen Bestände“. „Herrenlos“ werden Fonds dann, wenn der unabhängige Finanzberater nicht länger aktiv ist und diese Bestände dann an die Investmentpools, die Dienstleister von Beratern, verwahrt werden. Diese Broker halten sich an den Kickbacks der verwahrten, herrenlosen Fonds schadlos, freilich ohne selber zu beraten.
Zuletzt ein Hinweis auf die Methodologie der Untersuchung. Erhoben wurden nur die (kapitalgewichteten) Kosten von Privatanlegertranchen von Fonds mit einem Mindestanlagevolumen von unter 100.000 US-Dollar. Massgeblich für die Kostenerhebung ist die Kennziffer „Representative Cost“, welche die laufenden Kosten sowie eventuell erhobene Performance Fees umfasst. In Märkten, in denen diese Kostenkennziffer nicht erhoben wird, wurden Performance Fees und die laufenden Kosten „KIID Ongoing Charge“ getrennt verwendet. ETFs, die überwiegend transnational vertrieben werden, wurden mangels Zuordenbarkeit in dieser Studie nicht berücksichtigt.