Wir haben Anfang 2016 angefangen, Nachhaltigkeits-Research auf Fondsebene für Investoren bereitzustellen. Seitdem bauen wir diesen Research-Bereich kontinuierlich aus. Mit dem neuen Morningstar Portfolio Carbon Risk Score geben wir Anlegern die Möglichkeit, das CO²-Risiko auf Fondsebene zu bewerten. Mit dieser Kennziffer beantworten wir die Frage, wie die finanzielle Anfälligkeit der Unternehmen in einem Fonds mit Blick auf das CO²-Risiko einzuschätzen ist. Das CO²-Risiko wird gelegentlich auch als Übergangsrisiko bezeichnet, dem Unternehmen in einer auf fossilen Brennstoffen basierenden Wirtschaft im Übergang zu einer kohlenstoffärmeren Wirtschaft ausgesetzt sind.
Der Hintergrund ist, dass staatliche und nichtstaatliche Akteure daran arbeiten, den globalen Temperaturanstieg in diesem Jahrhundert auf deutlich unter zwei Grad Celsius über dem vorindustriellen Niveau zu halten. Im Mittelpunkt der Bemühungen steht die Reduzierung des CO²-Ausstosses, da der Anstieg der CO²-Konzentration in der Atmosphäre als wichtige Ursache der Erderwärmung gesehen wird. Auch wenn die Emission von CO² nach wie vor im Anstieg ist, wird allgemein angenommen, dass der Übergang zu einer kohlenstoffärmeren Wirtschaft bereits im Gange ist. Unternehmen arbeiten auf Druck von Regulierungsbehörden, ihren Kunden, Interessengruppen und Investoren daran, ihre Emissionen zu senken.
Anleger können mit unserem neuen Tool das Kohlenstoffrisiko und seine Auswirkungen auf das Risiko und die Rendite ihrer Portfolios verstehen. Auch hier greifen wir auf das Research von Sustainalytics zurück, unserem ESG-Research-Partner, der die Analyse auf der Unternehmensebene vornimmt. Wir aggregieren die Ergebnisse auf die Portfolioebene und kalkulieren so den Carbon Risk Score von Fonds. Darüber hinaus identifizieren wir auch Fonds, die ein unterdurchschnittliches Karbonrisiko aufweisen. Wir zeigen nun in Kürze, wie der Carbon Risk Score funktioniert und wie man ihn auf der Fondsebene anwenden kann.
Mehr als nur der "Carbon Footprint"
Der Morningstar Portfolio Carbon Risk Score ist das Asset-gewichtete Sustainalytics Carbon-Risk-Rating von Unternehmen in einem Portfolio. Dieser Score ist nicht identisch mit dem so genannten CO²-Fussabdruck eines Portfolios, den wir bereits berechnen. Das Carbon Footprinting ist kein direktes Mass für das Kohlenstoffrisiko. Der CO²-Fussabdruck berücksichtigt nicht die finanzielle Dimension des Kohlenstoffrisikos eines Unternehmens und beachtet auch nicht die Massnahmen und Strategien zu dessen Bewältigung. Der neue Portfolio Carbon Risk Score bietet also tiefere Einblicke, als das beim Carbon Footprint der Fall ist.
Sustainalytics bewertet das Karbonrisiko eines Unternehmens in einem mehrstufigen Verfahren. Der erste Schritt ist die Bewertung der Gefährdung eines Unternehmens durch Kohlendioxidemissionen. Hier geht es um die Emissionen, die durch die Aktivitäten des Unternehmens entstehen bzw. welche von seinen Produkten verursacht werden. Im zweiten Schritt geht es um das Management dieses Risikos. Hier wird bewertet, ob ein Unternehmen eine Strategie hat, um die Emissionen zu senken bzw. ob es Produkte und Dienstleistungen entwickelt, die weniger kohlenstoffintensiv sind. Dieser zweistufige Prozess ergibt einen Unternehmens-Score, der das verbleibende, unkontrollierte Kohlenstoffrisiko widerspiegelt.
Grafik: Das Carbon Risk Model von Sustainalytics
Man muss wissen, dass sich die Carbon Risk Scores von Sektor zu Sektor unterscheiden. Einige Branchen, wie z.B. der Technologie- und der Gesundheitssektor, haben nur ein geringes Kohlenstoffrisiko. Andere Industrien, wie Öl- und Gashersteller, Energieversorger und Autohersteller, weisen indes eine erhebliche Kohlenstoffbelastung auf. Die untere Grafik zeigt die Bandbreiten des Karbonrisikos. Der Score reicht von dem Wert „null“, der ein vernachlässigungswertes Risiko widerspiegelt, über ein niedriges (0,1 bis 9,99), mittleres (10 bis 29,9) und hohes Risiko (30-49,9) bis hin zu einem extremen Risiko (50+).
Grafik: Das Carbon Risk Rating von Sustainalytics
Für einige Branchen ist ein erheblicher Teil dieses Risikos nicht beherrschbar. So können etwa Fluggesellschaften nur einen Teil ihrer Kohlenstoffbelastung managen, weil es derzeit keine Alternativen zum fossilen Treibstoff gibt. Allerdings kann ein Teil ihres Kohlenstoffrisikos durch eine verbesserte Routen-Effizienz oder durch die Entwicklung von Flugzeugen mit einem sparsamen Kraftstoffverbrauch reduzieren.
In vielen Branchen bestehen erhebliche Unterschiede in der Höhe des Kohlenstoffrisikos zwischen den Unternehmen. Unter den Fluggesellschaften haben die meisten Unternehmen ein mittleres CO²-Risiko, das allerdings von Unternehmen zu Unternehmen anders ausfällt. So hat Southwest Airlines das niedrigste CO2-Risiko innerhalb der Gruppe, fast 30 Prozent niedriger als das von American Airlines, das eines der höchsten Risiken innerhalb der Gruppe aufweist.
Was sagen uns die ersten Ergebnisse über Fonds?
Die untere Grafik zeigt die durchschnittlichen Carbon Risk Scores und die Bandbreiten der Scores über verschiedene regionale Fondstypen. Die Diversifikation in vielen Kategorien trägt dazu bei, den durchschnittlichen Carbon Risk Score im mittleren Risikobereich zu halten. Allerdings sind viele Aktienfonds, welche in entwickelte Märkte investieren, eher am unteren Ende zu finden. Die besten Werte haben Fonds der Kategorie Europa ex Grossbritannien; Fonds, die in Asien ex Japan sowie in Kanada investieren, weisen den höchsten Wert auf. USA-Fonds landen zwischen diesen beiden Gruppen. Auch Emerging-Markets-Fonds liegen noch im mittleren Risikobereich, habe aber Werte, die rund 50 Prozent höher sind als die Werte der Fonds für entwickelte Märkte.
Grafik: Die Carbon Risk Scores für Fonds nach Regionen
Was ist die Morningstar Low Carbon Designation?
Jenseits der oben beschriebenen Bandbreiten bei den Carbon Risk Scores identifizieren wir Fonds mit unterdurchschnittlichen CO²-Risiken mit dem Siegel (english: designation) „Low Carbon“. Diese Fonds weisen in Summe ein unterdurchschnittliches Exposure zu fossilen Brennstoffen auf. Dieses Siegel, dargestellt durch ein grünes Blatt, soll Anlegern helfen, schnell und einfach kohlenstoffarme Fonds zu identifizieren.
Damit ein Fonds die Auszeichnung "Low Carbon" erhält, muss er einen Morningstar Portfolio Carbon Risk Score von unter zehn für die vergangenen zwölf Monate aufweisen und zugleich und ein Exposure zu Unternehmen mit einer Beteiligung an fossilen Brennstoffen von unter sieben Prozent des Fondsvermögens in den vergangenen zwölf Monaten aufweisen. Das geht konform mit der Praxis von Sustainalytics, Unternehmen mit Carbon Risk Scores von unter 10 als „Low Risk“ einzustufen. Die Sieben-Prozent-Grenze beim Exposure zu fossilen Brennstoffen wurde festgelegt, da dieser Wert in etwa ein Drittel niedriger ist als das Exposure der grossen globalen Aktien-Indizes.
Wie können Investoren Carbon Risk Scores nutzen?
Vermögensverwalter können die Morningstar Portfolio Carbon Risk Scores als Basis für die laufende Überwachung der CO²-Risikopositionen ihrer Fonds verwenden. Diejenigen, die CO²-Reduktionsziele haben, können die Portfoliowerte im Zeitverlauf observieren, um ihre Fortschritte zu bewerten und gegebenenfalls gegenzusteuern. Die Portfolio-Scores geben den Vermögensverwaltern einen kontinuierlichen Vergleich mit ihren Peers und Benchmarks. Vermögensverwalter können die Portfoliowerte auch nutzen, um mit Investoren über das CO²-Risiko und ihre Bemühungen um dessen Reduzierung zu kommunizieren.
Fondsanleger können die Portfolio-Scores auf verschiedene Weise nutzen. Anhand der Ausgangswerte kann eine Vergleichsbasis für die laufende Überwachung des Kohlenstoffrisikos der Portfoliobestände geschaffen werden. Anhand dieser Basis können dann Veränderungen gemessen werden. Portfolio-Scores können mit Kategorie-Durchschnitten und Benchmarks verglichen werden, um festzustellen, ob die Fonds über oder unter dem Kategoriedurchschnitt oder dem Benchmark-Exposure liegen. Da es in den meisten Kategorien eine Reihe von Portfolio-Scores gibt, können diese verwendet werden, um Fonds-Alternativen mit geringerem CO²-Risiko zu identifizieren, um so das CO²-Risiko im Gesamtportfolio zu senken.
Das vollständige Methodologie-Papier können Sie hier bestellen.