Schwächelnde Aktienmärkte habe den Risikohunger europäischer Anleger im Juni nicht gedämpft. Wie aus der Morningstar Mittelflussstatistik für europäisch domizilierte Fonds hervorgeht, sammelten Anlagefonds gut 53,4 Milliarden Euro ein. Mit Ausnahme von Rohstoff- und Wandelanleihefonds war die Vertriebsbilanz in allen Langfrist-Gruppen positiv. Am besten lief es für Bondfonds, die 29 Milliarden Euro netto einsammelten. Dies entspricht der zweitbesten Monatsbilanz, die jemals für diese Asset-Klasse gemessen wurde. (Wir schätzen die Mittelflusszahlen für Publikumsfonds in Europa seit 2007.)
Unverändert gut lief es auch bei Mischfonds, die netto 14,3 Milliarden Euro an Mittelzuflüssen verbuchten, gefolgt von Aktienfonds, die eine Nettovertriebsleistung von 5,5 Milliarden Euro erreichten. Angesichts vieler zuletzt schwächelnder Aktienmärkte ist das keine Selbstverständlichkeit; zumeist ziehen Anleger bei volatilen Märkten Gelder aus Aktienfonds ab, was ein wichtiger Grund für die häufig unbefriedigende Anleger-Performance darstellt.
Positiv fiel auch die Halbzeitbilanz für Fonds aus. Mit Zuflüssen von 285 Milliarden Euro sahen Langfristfonds, also Fonds ex Geldmarktprodukte, eine Rekordnachfrage zwischen Januar und Juni im Vergleich zu den Vorjahreszeiträumen. Das geht vor allem auf die sehr hohe Nachfrage nach Rentenfonds von gut 152 Milliarden Euro im ersten Halbjahr zurück.
Tabelle: Absatzbilanz im Juni nach Asset Klassen
Die Übersicht über die am stärksten nachgefragten Fondskategorien zeigt die Details der Investorennachfrage. Global investierende Rentenfonds sammelten mit gut 4,4 Milliarden Euro im Juni am meisten ein. Dahinter verbirgt sich in erster Linie die extrem hohe Nachfrage nach dem PIMCO GIS Income, der netto 4,1 Milliarden Euro einsammelte. Auch die weiteren gefragten Bondfonds-Kategorien – mit der prominenten Ausnahme von Kurzläufer-Obligationenfonds – verdeutlichen, dass Bond-Anleger keinesfalls risikoscheu waren; im Fokus waren vor allem Schwellenländer-Rentenfonds, und bei der amorphen Kategorie „Sonstige Obligationen“ stehen typischerweise Nachranganleihen im Mittelpunkt des Anlegerinteresses.
Bei Mischfonds waren EUR-Kategorien am stärksten nachgefragt, wobei in erster Linie defensive und ausgewogene Produkte gesucht wurden.
Typischerweise ziehen grosse, bekannte Fonds von internationalen Fondshäusern mit starken Vertriebsnetzwerken – siehe das bereits erwähnte PIMCO-Beispiel! - das Gros der Anlegergelder an. Das war auch im Juni so. Bei Mischfonds gewann vor allem der JPM Global Income Fund, M&G Optimal Income Fund und Invesco Pan European High Income; bei Rentenfonds gewannen u.a. der Jupiter Dynamic Bond und Templeton Emerging Markets Bond Fund.
Tabelle: Die am stärksten nachgefragten Fondskategorien im Juni (ex Geldmarkt)
Höchst unbeliebt waren im Juni Fremdwährungs-Fondskategorien, vor allem Fonds, die im US-Dollar-Raum investieren sowie Grossbritannien-Fonds. Die höchsten Abflüsse mussten US Standardwerte-Aktienfonds mit 1,1 Milliarden US-Dollar hinnehmen, gefolgt von britischen Aktien-Dividendenfonds, Unternehmensanleihefonds, die auf US-Dollar lauten sowie US-Nebenwertefonds. Nur mit EUR-Inflationsschutzfonds findet sich, aus guten Gründen, eine Fondskategorie mit Euro-Fokus unter den unbeliebten Kategorien im Juni.
Tabelle: Die unbeliebtesten Fondskategorien im Juni (ex Geldmarkt)
Aufgrund der fast schon absurd hohen Nachfrage nach dem PIMCO GIS Income führte erneut die US-Allianz-Tochter PIMCO die Juni-Absatzliste nach Fondsanbieter an, die 5,8 Milliarden Euro an Nettoneugeldern verbuchte. Amundi sammelte netto 3,5 Milliarden Euro ein, was auf die hohe Nachfrage nach Renten- und Mischfonds zurückgeht. Bei BlackRock waren Rentenfonds am stärksten nachgefragt.
Tabelle: Die Fondsanbieter mit den höchsten Zuflüssen (ex Geldmarkt)
Unter den paneuropäischen Anbietern stachen die Abflüsse bei Generali, Standard Life und Aberdeen hervor. Letztere beiden Fondshäuser werden fusionieren, und im Juni kam die Zustimmung der Anteilseigner und den britischen Kartellbehörden zustande. Bei Standard Life musste vor allem die alternative Global Absolute Return Strategies (GARS) leiden, und inzwischen haben die Schotten 13 Monate in Folge Abflüsse hinnehmen müssen. Bei Aberdeen wurden vor allem Aktienfonds verkauft. Auch hier ist die längerfristige Absatztendenz negativ, auch wenn das Tempo der Abflüsse zuletzt etwas abgenommen hat.
Tabelle: Die Fondsanbieter mit den höchsten Abflüssen (ex Geldmarkt)
Bei den grössten europäischen Anlagefonds hat ein Wechsel an der Spitze stattgefunden. Dank der immensen Nachfrage in diesem Jahr – 95,3 Prozent Wachstum in sechs Monaten! – ist der PIMCO GIS Income nunmehr der grösste Publikumsfonds in Europa mit einem Vermögen von 38,3 Milliarden Euro. Er verwies den staatlich gemanagten schwedischen AP7 Aktiefond, der in der privaten Altersvorsorge in Schweden eingesetzt wird, auf Rang zwei. Unverändert grosse Nachfrage verzeichnen der M&G Optimal Income Fund, AB Global High Yield Portfolio und JPM Global Income Fund.
Unverändert negativ ist die Absatzleistung des SLI Global Absolute Return Strategies, der Abflüsse in Höhe von knapp 600 Millionen Euro hinnehmen musste. Erstmals seit September 2016 musste der ausgewogene Mischfonds Carmignac Patrimoine im Juni signifikante Abflüsse verkraften. In Summe stagniert das Vermögen dieses Megafonds seit Sommer 2015. Auf dem Höhepunkt wies der Carmignac Patrimoine im Mai 2013 noch ein Vermögen von 30,3 Milliarden Euro auf.
Tabelle: Die Absatzbilanz der grössten Anlagefonds in Europa (ex Geldmarkt)