Der Entschluss der USA, aus dem Pariser Klima-Abkommen auszutreten, stellt einen Rückschlag dar. Für die USA, wohlgemerkt, denn sie haben damit den Platz am Verhandlungstisch abgegeben, an dem wichtige Entscheidungen getroffen werden, die den Klimawandel und die Weltwirtschaft beeinflussen. Werden auch andere Länder übereilt dem Beispiel von US-Präsident Donald Trump folgen und sich aus der Vereinbarung zurückziehen? Eher nicht. Wir werden vom Rest der Welt vermutlich eine noch energischere Verpflichtungsbereitschaft sehen, wobei sowohl die Europäische Union als auch China eine Führungsrolle übernehmen werden. Der Entschluss ist zunächst einmal ein Rückschlag für die USA!
Einsamer Washingtoner Beschluss ist nicht einmal für USA alles entscheidend
Selbst innerhalb der USA bekräftigten zuletzt Städte, Bundesstaaten, Unternehmen und Universitäten ihre Bindung an das Abkommen. Angeführt von Kalifornien, New York und Washington hat die U.S. Klima-Allianz (Stand 5. Juni bestehend aus 12 Bundesstaaten plus Puerto Rico) „versprochen, die Verpflichtungen des Pariser-Abkommens einzuhalten und aggressive Massnahmen in Sachen Klimawandel zu unternehmen.“
Die zum Stichtag 6. Juni von 257 US-Bürgermeistern unterstützte „Mayors National Climate Action Agenda“ hat ebenfalls zugesagt, die Ziele des Abkommens von Paris zu achten sowie die Anstrengungen zu intensivieren, damit ihre Städte die Klimaziele erreichen und in gemeinsamer Zusammenarbeit ein 21. Jahrhundert mit einer klimafreundlichen Wirtschaft zu schaffen. Zudem unterzeichneten auch noch mehr als tausend Universitäten, Unternehmen und Investoren eine Absichtserklärung um sicherzustellen, „dass die USA weiter eine Führungsrolle bei der Reduzierung der Kohlendioxidemissionen einnimmt.“
Investoren als treibende Kraft gegen den Klimawandel
Doch es sind nicht nur bundestaatliche und kommunale Akteure, also staatliche Institutionen, die sich gegen die Regierung in Washington stellen. Auch Aktionäre und Bond-Anleger, rühren sich. Auf Nachhaltigkeit Wert legende Investoren, die weltweit rund 23 Billionen US-Dollar verwalten, werden die ihnen gehörenden Unternehmen weiterhin dazu drängen, sich mit den Klimarisiken konstruktiv auseinander zu setzen. Das heisst, bei der Reduzierung der Emissionen im Einklang mit dem Pariser Abkommen auf Kurs zu bleiben und die Anleger über die generell mit dem Klimawandel für ihr Unternehmen verbundenen geschäftlichen Risiken und Chancen zu informieren.
Am Tag vor Trumps Entscheidung, verabschiedeten Aktionäre von Exxon Mobil, die 62,3 Prozent der ausstehenden Aktien halten, einen Beschluss mit der Bitte, einen jährlichen Bericht zu erstellen, der die Folgen des Klimawandels auf die Geschäfte analysiert. Dazu gehören auch Daten zur Reduzierung von Emissionen gemessen an den Zielen des Pariser Abkommens und der Umstellung auf regenerative Energien.
Warum das Votum der Aktionäre von Ölkonzernen wichtig ist
Die Unterstützung von fast zweidrittel des Kapitals war in jeder Hinsicht ein überzeugendes Ergebnis, und gemessen am üblichen Abstimmungsverhalten von Aktionären war es sogar ein Erdrutschsieg für den Klimaschutz. Denn typischerweise erhalten solche Entscheidungen, die von der Unternehmensspitze abgelehnt werden, weit weniger als 50 Prozent der Stimmen und alles was über 30Prozent liegt, wird normalerweise als Sieg eingestuft. Mit einem Sieg ist damit gemeint, dass die Wahrscheinlichkeit dafür steigt, dass sich das Management der Entscheidung annimmt, denn solche Beschlüsse der Aktionäre haben lediglich einen beratenden Charakter.
Der Beschluss über einen Klimabericht erreichte bei Exxon im Vorjahr eine Zustimmungsquote von 38 Prozent und bei 19 vergleichbaren Beschlüssen bei anderen Unternehmen betrug 2016 die Zustimmungsquote im Schnitt 28,2 Prozent. Bereits das war gemessen an den sonst üblichen Zustimmungsquoten bei den von Aktionären vorgeschlagenen Beschlüssen kein schlechtes Durchschnittsergebnis. Doch in diesem Jahr ist mehr Zug in dieser Sache, denn auch beim Ölkonzern Occidental Petroleum und bei PPL, dem grösster Versorger in Pennsylvania, erreichten vergleichbare Klima-Beschlüsse ebenfalls eine Abstimmungsmehrheit.
Die Tatsache, dass eine Mehrheit der Exxon-Aktionäre die Entschliessung unterstützt hat, verpflichtet das Management zwar nicht dazu, irgendetwas zu tun, aber so eine überwältigende Unterstützung macht es für den neuen Exxon-Vorstandschef Darren Woods und dem übrigen Vorstand schwer, diese zu ignorieren. Zumal auch noch hinzukommt, dass der Sprung auf 62,3Prozent von 38Prozent der Stimmen im Vorjahr in erster Linie auf drei Investmentfondsgesellschaften zurückzuführen sein dürfte, welche die drei grössten Exxon-Aktionäre sind.
BlackRock und Vanguard an der Spitze bei der Exxon-Abstimmung?
Das genaue Abstimmungsverhalten erfahren wir zwar erst dann, wenn diese Gesellschaften nach der Hauptversammlungssaison darüber informieren, aber wie die Tageszeitung Washington Post unter Berufung auf "eine mit der Abstimmung vertraute Quelle" berichtete, hat BlackRock den Beschluss unterstützt und wahrscheinlich haben das auch Vanguard und State Street getan. Basierend auf Daten von Morningstar halten diese drei Gesellschaften mindestens 17 Prozent der Exxon-Aktien und wie aktuelle Berichte nahelegen, sind es vermutlich sogar noch mehr. Sollten BlackRock und Vanguard dem Beschluss tatsächlich unterstützt haben, dann bleiben unter Einbeziehung jener Gesellschaften, die bereits im Vorjahr zustimmten, unter den zehn Einzel-Aktionären von Exxon nur noch Wellington Management, Geode Capital Management (das die Fidelity-Indexfonds verwaltet) und State Farm Insurance als einzige potenzielle Stimmverweigerer übrig.
Tabelle: Die zehn grössten Aktionäre von Exxon Mobil
Das Abstimmungsergebnis zeigt, dass Fondsgesellschaften zunehmend verstehen, dass der Klimawandel echte finanzielle Risiken birgt, welche die Investoren berücksichtigen müssen. Durch die jetzt eingegangene Verbündung mit grossen institutionellen Investoren wie dem California Public Employees Retirement System sowie dem New York State Common Retirement Fund als dem Hauptbefürworter der Exxon-Abstimmung, hat sich so etwas wie eine Anleger-Front gebildet. Diese macht es Unternehmen unabhängig von der Trump-Entscheidung schwer, mehr Transparenz bezüglich der Klimarisiken zu vermeiden, mit denen sie sich konfrontiert sehen.
Fondsgesellschaften schliessen zu den grossen institutionellen Anlegern auf
Es ist nicht schwer, grosse Vermögensinhaber wie Pensionskassen, Universitäten und andere grosse Treuhandverwalter und Stiftungen davon zu überzeugen, nachhaltig zu investieren. Denn sie sind sich im Klaren darüber, welchen Einfluss ihr Kapital haben kann, insbesondere dann, wenn es sich mit dem Kapital von anderen grossen Vermögensverwaltern zusammenschliesst.
Zudem sind sie sich auch bewusst darüber, dass ihre Investments auf lange Sicht finanziell mehr Aussicht auf Erfolg haben, wenn die ihnen gehörenden Unternehmen in einer Welt mit verringerten Klimarisiken operieren. Und dass sie sogar noch erfolgreicher sein können, wenn ihre Portfolios auf Unternehmen ausgerichtet sind, die am besten positioniert sind, um in einer kohlenstoffarmen Wirtschaft zu florieren.
Jetzt, nachdem die Fondsgesellschaften diese Botschaft verstanden haben, ist es für Einzelpersonen einfacher als je zuvor, nachhaltig zu investieren. Umfragen signalisieren jedenfalls eine überwältigende Unterstützung für Investments, die Nachhaltigkeit als auch soziale Aspekte berücksichtigen, wobei das insbesondere für Frauen und jüngere Anleger gilt. Je mehr Geld aber auf diese Weise investiert wird und je breiter die Koalition der Investoren mit Nachhaltigkeitsinteressen aufgestellt ist, desto grösser sind die Auswirkungen und die Wahrscheinlichkeit für einen langfristigen finanziellen Erfolg.
Grafik: Welche Bedeutung nachhaltiges Investieren für Pensionsfonds-Anleger hat