Auf einer Podiumsdiskussion zum Thema „Smart-Beta“ wurde ich einmal gefragt, wie „smart“ ein Index sein kann. Auf den Punkt gebracht: Meiner Meinung nach gibt es keinen „smarten“ Index, sondern eher alternative Indizes. Der Begriff „Smart“ suggeriert, dass der Index mehr weiß als der Markt. Die Grundlage für die meisten alternativen Index-Strategien existiert bereits seit Jahrzehnten in der Theorie, und die Indexmethodologie ist bekannt.
Ein Index kann nicht "intelligent" sein - höchstens "anders"
Da der Index also auf allgemeinem Marktwissen basiert, kann dieser per Definition nicht „Smart“ sein. Aber ein „Smart“-Index lässt vermutlich leichter vermarkten als ein „Alternativer“-Index. Leidtragender ist - wie immer - der Privatinvestor, der in die Irre geführt wird und ein Produkt kauft, das verspricht, besser zu sein als der Rest. Am Ende wundert er sich dann, wenn der Schuss nachhinten losgeht. Bei Morningstar heißen diese Produkte daher Strategic Beta.
In der Strategic Beta-Debatte ist es jedoch wichtig zu verstehen, dass jede Strategie Marktphasen hat, in denen diese gut funktioniert und andere, in denen sie eben weniger gut funktioniert. Darüber hinaus verhält sich jede Strategie in den einzelnen Phasen unterschiedlich. Deshalb sollten die meisten Strategien eher als langfristige Portfoliobeimischung eingesetzt werden - wenn überhaupt. Man sollte die Rückrechnungen der Indexanbieter kritisch analysieren und hinterfragen, warum ein bestimmter Ansatz in diesem Zeitraum funktioniert hat und, viel wichtiger, ob er auch zukünftig Sinn macht bzw. wann er eben nicht das halten kann, was er verspricht.
Dividenden-ETFs habe die längeste Historie
In unserer heutigen Analyse haben wir uns auf die zehn größten Strategic-Beta ETFs in Europa konzentriert. Die Liste wird vor allem von Dividenden-Strategien dominiert. Dies ist wenig verwunderlich. Zum einen sind Dividenden-ETFs bereits seit rund 10 Jahren am Markt und zum anderen sind diese Strategien jedem Investor sehr schnell erklärt – ein No-Brainer sozusagen.
Laut einer Studie von Allianz Global Investors Anfang des Jahres liegen die durchschnittlichen Dividendenrenditen in vielen Ländern höher als 10-jährige Staatsanleihen. Vor allem europäische Unternehmen scheinen großzügiger zu sein als US-Unternehmen. Außerdem lag die Dividendenrendite europäischer Unternehmen in den letzten zwei Jahren über der der eigenen Unternehmensanleihen. Auf Grund der positiven Wirtschaftsentwicklung sind die Gewinnausschüttungen gesunken, so zahlen europäische Unternehmen ca. 55% der Gewinne aus. Dies ist zum historischen Vergleich eher durchschnittlich und so bietet sich genügen Spielraum nach oben.
Dividenden ein wichtiger Teil von Aktienrenditen
Generell versuchen Dividendenstrategien nur Unternehmen mit einer hohen bzw. attraktiven Dividendenrendite zu berücksichtigen, wobei auch qualitative Filter eingesetzt werden. Dann werden die Unternehmen anhand ihrer Dividendenrendite gewichtet; sprich, Unternehmen mit der höchsten Dividendenrendite kommt die höchste Bedeutung im Index zu. Dies hat zur Folge, dass des Öfteren auch kleinere Unternehmen unter den am stärksten gewichteten zu finden sind.
Dividenden spielen generell bei der Gesamtrendite eine große Rolle und machen im langfristigen Durchschnitt ca. 40% der gesamten Wertentwicklung aus. Der MSCI World TR Index (Performanceindex) weist beispielsweise in den letzten 20 Jahren eine annualisierte Rendite von 7,2% auf, während es der Preisindex lediglich auf 4,8% schafft. Diese Differenz kann zu 100% den Dividendenzahlungen zugeschrieben werden.
Jedoch weisen Dividenden-Indizes auch eine Reihe von Nachteilen auf, unter anderem besteht auf Branchenebene ein Konzentrationsrisiko. So wiesen Dividenden-Indizes vor der Finanzkrise ein hohes Gewicht an Finanztiteln auf, was diesen Produkten (bzw. den Anlegerportfolios) 2008 schwer zusetzte. Manch einer argumentiert deshalb, dass bei diesen Strategien ein aktiver Manager die bessere Alternative ist. Wer mehr zum Thema aktive Dividenden-Strategien versus Dividenden-ETFs erfahren möchte, wird hier und hier fündig.
Ein Performance-Vergleich der einzelnen Strategic-Beta-Produkte ist nur wenig Aussagekräftig, da die ETFs verschiedene Strategien bzw. verschiedene Märkte abdecken. Bei den Dividenden-ETFs ist in den letzten 3 Jahren vor allem Großbritannien gut gelaufen, wobei es in der ersten Jahreshälfte bei globalen Titeln am besten gelaufen ist.
Ein Kessel Buntes: Europa-Aktien, Minimum Varianz und Rohstoffe
Kommen wir zu den anderen Strategien, die ein relativ hohes Anlegervermögen auf sich vereinen. So basiert der Source Man GLG ETF auf einer Long-Only Strategie auf europäische Aktien. Er hat das Ziel, den MSCI Europe Index durch aktive Selektion - es werden Broker-Ideen gefiltert und gewichtet - zu übertreffen. Über die letzten drei Jahre hat der ETF seine Benchmark jedoch um 1,5% pro Jahr verfehlt.
Beim Minimum-Varianz-Produkt von Ossiam werden wiederum die 250 liquidesten Aktien des S&P 500 herangezogen und anhand des Minimum-Varianz-Ansatzes gewichtet. Der Ossiam-ETF hat sein Ziel – eine geringe Volatilität - in den letzten 12 Monaten zwar (knapp) erreicht. Betrachtet man jedoch das Risiko-Rendite-Profil, verfehlt der Ossiam ETF den S&P 500 Index um Längen.
Der Roshstoff-ETF der Deutsch Bank, der db x-trackers DLBCI OY Balanced - hat hingegen das Ziel, sich mittels eines quantitativen Modells optimal auf der Future-Kurve zu positionieren. Sollte die Future-Kurve im Contango-Modus sein, konzentriert sich der ETF auf das hintere Ende der Futures-Kurve, bei Backwardation auf der vorderen Seite.
Tabelle: Die 10 grössten Strategic-Beta-ETFs im Überblick
Kommen wir nun zu den Kosten. Bei ETFs fallen vielfältige Gebühren an. Die Management-Gebühren sind dabei das eine. Das andere sind die Gebühren, die beim An- und Verkauf anfallen, die Spreads. Wir haben schon häufiger darauf hingewiesen, dass Anleger neben der Management-Gebühr diese oft übersehene Kostenkomponente beachten sollten (lesen Sie hier mehr). Neben den wichtigsten Kennzahlen der ETFs am Markt enthält unsere Tabelle auch eine Aufschlüsselung der Kostenkomponenten.
In den 30 Handelstagen vom 26. Mai bis zum 02. Juli waren der SPDR S&P US Dividend Aristocrates ETF und der db x-trackers DLBCI – OY Balanced mit einem Spread von 13 Basispunkten am günstigsten. Auf den Plätzen folgen der SPDR S&P Euro Div Aristocrates ETF mit 15 Basispunkten und der db x-trackers Stoxx Global Select Div 100 ETF und der iShares EURO Dividend mit jeweils 16 Basispunkten auf den Plätzen. Aber auch hier hängt der direkte Vergleich etwas. Jedoch ist anzumerken, dass die Spreads bei Strategic-Beta-Produkten im Schnitt teurer sind, als Plaine-Vanilla-Produkte auf den Referenzmarkt.
Auch bei den Management-Gebühren langen die Anbieter tiefer in die Tasche als bei ETFs, die anhand der Marktkapitalisierung gewichten sind. Die beiden Produkte auf den US-Markt kosten zum Beispiel 35 bzw. 65 Basispunkte. ETFs auf den S&P 500 Index gibt es hingegen bereits für unter 10 Basispunkte zu haben.