Morningstar senkt PIMCO-Rating

Auch wenn der weltgrößte Bond-Manager weiter beeindruckende Stärken aufweist, wirft das Revirment des Managements Fragen auf. PIMCO „Parent“-Rating jetzt nur noch Neutral.

Eric Jacobson 20.03.2014
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Ende Januar kündigte PIMCO überraschend den Abschied von CEO Mohamed El-Erian an. Kurz darauf gab der weltgrößte Bond-Manager umfangreiche Veränderungen in der Führungsebene bekannt. Seitdem kommt PIMCO nicht zur Ruhe. In den Medien wurde über die Streitigkeiten zwischen den beiden Anlagechefs, PIMCO-Gründer Bill Gross und El-Erian, ausführlich berichtet und spekuliert. Das Wall Street Journal lieferte ausgiebige Details über das tatsächlich oder vermeintlich miese Betriebsklima und über den Druck, dem Mitarbeiter ausgesetzt seien. Diese Berichte fielen – vermutlich kein Zufall – in eine Zeit, in der viele PIMCO-Fonds unter Performance-Problemen leiden und Investoren in großem Stil Geld abziehen. Man spricht in solchen Fällen von einem negativen Newsflow (lesen Sie hier mehr).

Die Skandalberichterstattung zu PIMCO fällt in eine Zeit, in der viele Fonds unter Performance-Problemen leiden und Investoren Geld abziehen. Man spricht in solchen Fällen von einem negativen Newsflow

Bisher gingen die zahlreichen Berichte nicht auf die Frage ein, ob der Abschied von El-Erian, das Verhalten von Gross oder die Veränderungen im Management tatsächlich die Lage bei PIMCO beeinflusst oder gar verbessert haben. Wir sind dieser Frage nachgegangen und haben dafür eine Reihe ausführlicher Gespräche mit dem Management von PIMCO geführt. Seit die Veränderungen verkündet wurden, standen Morningstar-Analysten immer wieder in Kontakt mit dem Top-Management der kalifornischen Gesellschaft.

Als Reaktion auf die Veränderungen haben wir unsere Management-Bewertung um eine Stufe von „Positiv“ auf „Neutral“ zurückgenommen. Das so genannte „Parent Rating“ ist eine der fünf Kategorien des Morningstar Analyst Rating für Fonds. Diese Einschätzung trägt der gestiegenen Unsicherheit nach den Managementveränderungen Rechnung. Auch wenn sich die Veränderung in einem Rating-Teilbereich nicht automatisch auf die Morningstar Analyst Ratings für die PIMCO-Fonds auswirkt, werden logischerweise nun die Einschätzungen der einzelnen Fonds auf den Prüfstand gestellt. Im April werden wir unsere aktuellen Bewertungen der PIMCO-Fonds veröffentlichen.

Langer Vorlauf

Die Veränderungen in der obersten Führungsebene von PIMCO nahmen bereits Jahre vor dem Weggang von El-Erian ihren Anfang. 2008 und 2009 verließen – von der Öffentlichkeit weitgehend unbemerkt – zwei PIMCO-Manager die Investmentgesellschaft: Pasi Hamalainen und Zhu Changhong. Weder Hamalainen noch Zhu waren Manager eines bekannten Fonds, aber beide waren Mitglied des Investment Committee, das die Richtung der PIMCO-Anlagestrategie vorgibt. (Es war seinerzeit eine noch exklusivere Runde als heute).

Dann verließ der Generalist Bill Powers PIMCO im Jahr 2010. Auch sein Name war vielen Anlegern kein Begriff, weil er für institutionelle Kunden zuständig war. Dabei war auch Powers ein etabliertes Mitglied des Investment Committee. Wie auch Paul McCulley. Der Notenbankenexperte leitete den Handel mit kurzfristigen Anleihen. Er verabschiedete sich 2010 in den Ruhestand. Es gab es noch weitere Abgänge prominenter Manager. Etwa der von Ray Kennedy und Mark Hudoff in den Jahren 2007 beziehungsweise 2009, beide Leiter der High-Yield-Sparte; von TIPS-Koryphäe John Brynjolfsson 2008; von Global-Bonds-Spezialist Sudi Mariappa 2011 oder Scott Simon im Jahr 2013, Experte für Hypothekenpapiere. 

Der letzte Veteran im Investment Committee neben El-Erian und Gross war Chris Dialynas, der sich Anfang dieses Jahres eine Auszeit nahm. Ganz gleich, ob das nur ein zeitweiliger Abschied ist oder nicht: Der Verlust von Dialynas ist deshalb bemerkenswert, weil er als klassischer Bond-Pessimist galt, als jemand, der das Glas meistens als halbleer bezeichnen würde und damit ein Gegengewicht zu Gross darstellte, der eher zum Optimismus neigt.

Chris Dialynas war ein wichtiges Gegengewicht zu dem eher zu Konjunkturoptimismus neigenden Gross.

Kein so dringender Notfall wie anfänglich gedacht

Nach dem Weggang von El-Erian hat Gross sechs Stellvertreter ernannt, von denen drei - Mark Kiesel, Dan Ivascyn und Mihir Worah – auch in das Investment Committee aufgenommen wurden. Andrew Balls und Scott Mather, die ebenfalls zu Vize-CIOs ernannt wurden, waren bereits Mitglieder in dem Gremium. Die globale Leiterin des Aktien-Portfoliomanagements und ebenfalls neu ernannte Vize-CIO Virginie Maisonneuve gehört als nicht-ständiges Mitglied zum Führungsgremium. Einen festen Platz im Investment Committee haben daneben Zentralbank-Experte Tony Crescenzi und sein Kollege Saumil Parikh, die Paul McCulley beerbt habe. (Laut PIMCO war die Ernennung neuer Stellvertreter eine Idee El-Erians, die er vor seinem Rücktritt vorangetrieben habe.)

Nur neue Spieler oder tatsächlich ein neues Spiel?

Diese Veränderungen sind nicht nur Augenwischerei. Genauso, wie El-Erian ein Schwergewicht war, hat jedes Mitglied des Investment Committee beeindruckende Leistungen vorzuweisen. Parikh und Crescenzi rückten nach dem altersbedingten Abschied von McCulley immer stärker in den Vordergrund. Crescenzi blickt nunmehr auf über 30 Jahre Erfahrung zurück und hat sich auch als Fachbuchautor einen Namen gemacht. Auch Worah hat sich bereits Lorbeeren erarbeitet, dank beeindruckender Resultate beim PIMCO Real Return und bei anderen inflationsgeschützten Produkten. Balls verdankt seinen Ruf seiner Expertise auf dem Gebiet der globalen Wirtschaft, während Mather bei mehreren, vor allem auf globale Bonds spezialisierten Portfolios exzellente Ergebnisse erzielte. Kiesel und Ivascyn gewannen den prestigeträchtigen Award „Morningstar Fund Manager of the Year“: Kiesel als Manager des PIMCO Investment Grade Corporate Bond im Jahr 2012, Ivascyn zusammen mit Co-Manager Alfred Murata 2013 für den PIMCO Income. Das Unternehmen hat mit CEO Doug Hodge, Präsident Jay Jacobs und sechs sehr kompetenten Vize-CIOs also eine starke und fähige Führung.

Nach dem Weggang von El-Erian hat sich die Führungsstruktur von PIMCO also deutlich verändert. So weit die „harten Fakten“. Darüber scheint Gross eingesehen zu haben, dass eine schlechte Unternehmenskultur – die Stimmung bei PIMCO wurde lange mit einem Dampfkochtopf verglichen – ein Risiko für eine Firma darstellen kann. Gross hat in der Folge konkrete Maßnahmen getroffen, um mehr Diskussionen im Investment Committee zuzulassen: Im Gegensatz zu früher wechselt der Vorsitz für die Treffen des Gremiums. Und jeder der neuen Stellvertreter ist verantwortlich für mehrere Fondsmanager und sämtlicher in diesen Bereich fallenden Handelsabteilungen und Investments. Damit sind auch die meisten Personalverantwortlichkeiten von El-Erian auf die neue Mannschaft verteilt. 

Gross scheint eingesehen zu haben, dass eine schlechte Unternehmenskultur ein Risiko für eine Firma darstellen kann und steuert nun um 

Im Ganzen ist jedoch die Unsicherheit nach dem Abschied von El-Erian gestiegen. Es stellen sich etlichen Fragen: werden sich die Veränderungen im Management für die Investoren auszahlen? Wird sich eine nachhaltige Änderung der Dampfkochtopf-Kultur einstellen? Wenn ja, wird sich die Unternehmenskultur bessern oder den Nachwuchs ausbremsen? Könnten die Aussicht auf unruhigere Zeiten an den Bond-Märkten die Betriebstemperatur weiter anheizen? Was passiert, wenn sich die schwache Performance einiger Fonds fortsetzt und weiter Gelder abfließen?  

Zudem ist die Frage nach dem Nachfolger von Gross als CIO offen. Er selbst scheint der Meinung zu sein, dass die nun zu Vize-CIOs ernannten Mitarbeiter die wahrscheinlichsten Kandidaten sind. Klar ist, dass PIMCO erst einen Thronfolger benennen wird, wenn es unbedingt notwendig ist. Und natürlich ist die Frage noch offen, ob einer der neu ernannten Manager diese Aufgabe gut meistern würde – und auch bereit ist, in die Fußstapfen von Gross zu treten, sollte das sehr viel früher als erwartet nötig werden.

Alles wie gehabt oder steht Neues bevor?

Bei all den Diskussionen darf man nicht vergessen, dass sich der Investmentprozess von PIMCO nicht verändert hat. Schon früh hatte Gross, der für Anleihe-Investments einen Total-Return-Ansatz bevorzugt, die Richtung vorgegeben. Mittlerweile ist dieser Ansatz Standard in der Branche – aber Anfang der 1990er Jahre war das eine Neuheit. Die Investoren, die ihr Geld Gross anvertrauten, bekamen häufig verhältnismäßig bescheidende Ausschüttungen, aber die Rendite war letztlich fast immer deutlich besser als der Durchschnitt.

Auch wenn die Komplexität der Strategien, Taktiken und Investment-Tools von PIMCO häufig als eher aggressiv empfunden wird, spielt das Risikomanagement bei PIMCO eine große Rolle. Das zeigt sich etwa in der Arbeit des Investment Committee. Üblicherweise kommt das Gremium vier Mal die Woche für jeweils mehrere Stunden zusammen, um Entwicklungen am Markt und in der Wirtschaft zu diskutieren. Weitere Mitarbeiter werden eingeladen, bei den Treffen ihre Ideen vorzustellen. Selbst externe Experten werden für Präsentationen eingeladen, und Mitarbeiter werden ermutigt, ihre Meinung zu äußern.

Somit scheint im Investment Committee mehr Offenheit zu herrschen als vor dem Weggang El-Erians. Zumindest in der Theorie. Im Laufe der Zeit wird sich zeigen, ob sich die Veränderungen im Management positiv für Investoren auswirken werden.  

Weitere Einflussfaktoren

Was uns bei Morningstar weiterhin beunruhigt ist die Größe. Selbst nach den hohen Abflüssen, die 2013 zu verbuchen waren, stecken im PIMCO Total Return mehr als 235 Milliarden Dollar Investorengelder - (Stand: Februar 2014). Der Fonds ist damit weiterhin der größte aktiv gemanagte Investmentfonds der Welt. Gross selbst ist für rund 470 Milliarden Dollar verantwortlich. Das wachsende Volumen hat  – wie Gross selbst einräumte – die Verwaltung des Total Return schwieriger gemacht. Das gilt prinzipiell immer noch, auch wenn sich die Lage infolge der Abflüsse etwas gebessert haben sollte. (Gross verweist in diesem Zusammenhang auf die langfristige Performance des Fonds. Das ist durchaus ein valides Argument: Schließlich war der Fonds lange Zeit der größte Bond-Fonds mit einer langfristig guten risikoadjustierten Rendite.)

Ins Grübeln bringt uns auch die Frage, was passieren würde, sollte das Geschäft von PIMCO weiter Schaden nehmen – entweder in Folge eines Vertrauensverlustes in die Firma oder auch nur, weil die Anleger generell weniger in Bonds investieren. Sollten es hart auf hart kommen, würde eine deutlich gesunkene Asset-Basis mit Sicherheit von einem Personalabbau begleitet. Dann wäre es wohl auch schwieriger, gute Leute bei PIMCO zu halten. Daher werden wir die Volumensentwicklung auch auch im Auge behalten.

Auf Heller und Pfenning

Ein ebenso wichtiger Faktor für Investoren sind die Kosten der PIMCO-Fonds, und die sind hoch - vor allem bei Privatanleger-Fonds. Mehrere Produkte sind im Vergleich zur Konkurrenz teuer. Das steht im krassen Gegensatz zu den Größenvorteilen, die PIMCO genießt. Es ist schwer zu sagen, warum dieser Aspekt bei PIMCO nicht mehr Beachtung findet, zumal Gross von Zeit zu Zeit öffentlich die Nachteile hoher Fondskosten kommentiert. So hatte er in einer Kolumne 2009 Kostenquoten für Anleihefonds von 0,75% als „extreme Absurdität“ bezeichnet. Viele PIMCO-Anleger können von einer derartigen Fixgebühr nur träumen!

Von PIMCO hieß es dazu in der Vergangenheit, dass das erstklassige Management eine ausreichende Rechtfertigung für die Gebühren sei. Das Argument ist nicht ganz von der Hand zu weisen, aber dennoch sind einige Fonds für nicht-institutionelle Anleger so teuer, dass man sie nicht guten Gewissens empfehlen kann, ganz gleich, wie gut das Management ist. Und auch wenn die Fonds für institutionelle Investoren im Vergleich zu anderen Produkten wettbewerbsfähig sind: Sie haben häufig keine Gebührenstaffelung, so genannte Fee Breakpoints, und sind damit teurer als man bei der Größe der Fonds erwarten würde. Der PIMCO Total Return ist dafür ein gutes Beispiel. Schließlich sollte dieses Dickschiff unter den am Markt erhältlichen Fonds eine im Vergleich zur Konkurrenz niedrige Kostenquote aufweisen. Denn schließlich kann PIMCO wie kaum eine andere Fondsgesellschaft von Skaleneffekten profitieren.

 

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Über den Autor

Eric Jacobson  Eric Jacobson is Morningstar's director of fixed-income research and an editorial director for mutual fund content.