Im zweiten Teil unserer Serie zu Risiko-Management-Strategien haben wir uns die Risk-Parity-Strategie im Detail angeschaut und analysiert, wie damit Aktienportfolios gegen Marktschwankungen geschützt werden können. Heute schauen wir uns ein Target-Volatility-Portfolio genauer an. Hierbei handelt es sich um eine Strategie, die eine konstante Volatilität als Zielsetzung verfolgt.
Eine statische Asset-Allokation kann auch Nachteile haben
Hinter der Target-Volatility-Strategie steht eine ähnliche Philosophie wie beim Risk-Parity-Ansatz. Wenn man Investoren nach ihrer Asset-Allokation befragt, verfolgen die meisten eine fixe Zielallokation, die etwa zu 60% aus Aktien und 40% aus Anleihen besteht. Das führt dazu, dass diese Investoren, abhängig von verschiedenen Kriterien, ihr Portfolio regelmäßig in die Ausgangsgewichtung umschichten.
Das Problem mit diesem Ansatz (und wir wissen, dass kein Ansatz perfekt ist) ist, dass es ein konstantes Risiko der einzelnen Anlageklassen voraussetzt. Heutzutage basieren die meisten Portfolios daher fälschlicherweise auf der Annahme, dass die Volatilität der Anlageklassen stabil bleibt. In Wahrheit schwankt die Volatilität jedoch - und zwar teilweise extrem. So liegt die Durchschnittsvolatilität des S&P 500 Index seit 1950 bei 13,9%; sie schwankt jedoch zwischen 5,3% und 39,4% pro Jahr.
Die Volatilität steigt insbesondere bei sogenannten „Tail-Events“. Sollten Investoren nun in Zeiten hoher Volatilität in Ihr Ausgangsportfolio umschichten, erhöhen sie quasi ihr Risiko. Anders ausgedrückt: Sollte die Volatilität steigen, sprich die Kurse fallen, verkaufen Investoren beim Rebalancing die risikoärmere, nämlich die steigende, Anlageklasse und kaufen die risikoreichere, nämlich die fallende, Anlageklasse. Daher sind Portfolios mit einer konstanten Asset-Allokation über die Zeit hinweg nicht unbedingt diversifiziert. Es bietet sich daher an, das Portfolio anhand der Volatilität zu managen, sodass diese konstant bleibt.
Die meisten Investoren kennen den Satz: „Die historische Rendite ist kein Garant für die zukünftige Performance“. Anders schaut dies jedoch in Bezug auf das Risiko aus. Zu jedem Zeitpunkt ist die Volatilität der letzten Monate ein relativ verlässlicher Indikator für die Volatilität der nächsten Monate. Somit ist die Vergangenheitsvolatilität ein viel besserer Indikator für das zukünftige Risiko als die Vergangenheitsperformance für die zukünftige.
Vola-Schätzung schlägt Performance-Schätzung
Im Folgenden haben wir ein einfaches Portfolio konstruiert, mit der Prämisse, eine konstante Volatilität zu erreichen. Hierzu muss die Volatilität der Anlageklasse geschätzt werden, unter anderem basierend auf den Daten der Vergangenheit. Heutzutage gibt es viele relativ einfache Methoden, um die zukünftige Volatilität zu schätzen. Sei es mit Hilfe eines einfachen Risikomodels, der implizierten Volatilität in Optionen oder anhand der historischen Volatilität. (Übrigens: Wenn Sie mehr zum Thema Volatilität nachlesen möchten, klicken Sie auf den Link zum Artikel „Volatilität als Asset-Klasse? Im Prinzip ja, aber …“)
In unserem sehr einfachen Beispielportfolio haben wir die vorangegangenen 3-Monatsvolatilität, basierend auf Wochendaten, vom MSCI World Index und dem Barclays Global Aggregate Index herangezogen und quartalsweise eine Zielvolatilität von 10% verfolgt. Ferner haben wir angenommen, dass die Aktien- bzw. Anleihenvolatilität der letzten 3 Monate auch die der nächsten drei Monate entspricht. Zudem wollten wir nicht in einer Anlageklasse Short gehen, um die Zielvolatilität von 10% zu erreichen. Das hat zur Folge, dass das Portfolio in bestimmten Märkten eine höhere Zielvolatilität voraussetzen musste.
Untenstehende Graphik vergleicht das Target-Volatility-Portfolio mit dem 60:40-Aktien-Renten-Portfolio, das wir eingangs bereits erwähnt hatten. Unser simples Target-Volatility-Portfolio hat über die letzten 22 Jahre das 60/40 Portfolio outperformt.
Grafik: Zielvolatilität schlägt Zielallokation
Der aufmerksame Leser wird nun kritisch hinterfragen, ob die Strategie nicht den Nachteil hat, bei niedrigen Aktienkursen zu verkaufen und bei hohen zu kaufen, da die Allokation bei der Anlageklasse mit steigender Volatilität reduziert wird. Droht hier also die prozyklische Falle? Bei solchen Überlegungen wird jedoch ein entscheidender Punkt übersehen: Die risikoadjustierte Aktienrendite ändert sich bei steigender Volatilität nicht.
Investoren, die in volatilen Märkten dagegen eine statische Asset-Allokation verfolgen, erhöhen ihre Risikoallokation zu einer Anlageklasse mit gleicher oder geringerer risikoadjustierten Rendite. Nicht wirklich eine erstrebenswerte Anlagestrategie. Eine Studie von AQR Capital Management zeigt, dass Portfolios mit einer stabilen Risikoallkation und einer hohen geschätzten Volatilität, eine höhere risikoadjustierte Rendite erwirtschaften können. Im Gegensatz zum Kauf einer „Versicherung“, kann das aktive Volatilitätsmanagement Tail-Risken reduzieren, aber gleichzeitig die Chance auf Outperformance wahren.
Im nächsten Teil unserer Serie analysieren wir ein Portfolio, das eine Low-Beta-Strategie verfolgt; sprich, hinter diesem Ansatz steht die Prämisse, dass ein Investment in defensivere Aktien der Markt outperformt werden kann. Bleiben Sie dran!