Was ist für den Anleger bei ETFs das Entscheidende: Performance oder Tracking Error? Die EU-Wertpapierbehörde ESMA geht salomonisch vor: Gemäß der neuen Richtlinien der europäischen Regulierungsbehörde müssen Anbieter von UCITS-Indexfonds seit Anfang 2013 einen Zielwert für ihren Tracking Error und Tracking-Unterschied veröffentlichen. Zudem müssen sie jegliche Abweichungen der tatsächlichen Fondsperformance gegenüber dem Index erläutern.
Die ESMA hat gleich zwei wichtige Kennzahlen hervorgehoben. Der Tracking Error und Tracking-Unterschied sind die beliebtesten Methoden, um die Replikationsqualität eines ETFs zu messen. Allerdings herrscht nach wie vor viel Unsicherheit rund um das Thema.
Welche Abweichung? Auf die Definitionen achten
Wir bei Morningstar sind der Meinung, dass eine einheitliche Berechnung des Tracking Errors, die weitführender ist, als die Definition von ESMA, für Investoren vorteilhaft wäre. Manche definieren den Tracking Error als den absoluten Performance-Unterschied zwischen dem ETF und seiner Benchmark. Für uns ist dies jedoch die Definition des Tracking-Unterschieds. Der Tracking Error ist hingegen die Standardabweichung der Fonds-Rendite relativ zur Indexrendite.
Das Ziel der Studie ist es, genauer zu analysieren, welche Faktoren den Tracking Error und Tracking-Unterschied maßgeblich beeinflussen. Grundlage waren hierzu 66 ETFs auf acht beliebte Aktienindizes.
Die wichtigste Erkenntnis ist, dass die ETF-Anbieter bei den untersuchten ETFs generell einen sehr guten Job gemacht haben, den Tracking Error zu minimieren.
Zudem konnten wir zeigen, dass in den meisten Fällen Swap-basierte ETFs einen geringeren Tracking Error als physisch replizierende ETFs aufweisen. Es konnte jedoch kein direkten Zusammenhang zwischen der Replikationsmethode und dem Tracking-Unterschied festgestellt werden.
Die untere Tabelle stellt die gesamten Kosten eines ETFs, ausgedrückt in Prozent, ins Verhältnis zum Tracking-Unterschied des ETFs gegenüber dem Index. Dabei deutet ein negativer Wert bei der linken Spalte zu den Kosten, dass der ETF-Anbieter in der Lage war, durch Zusatzgeschäfte bzw. steuerliche Vorteile nicht nur die verursachten Kosten zu kompensieren, sondern wie z.B. beim Euro STOXX 50 sogar ein Plus beim operativen Geschäft zu machen.
Tabelle: Physische versus synthetische ETFs: Was bleibt an Kosten, was an Performance?
Umgekehrt zeigt die rechte Spalte der unteren Tabelle den Tracking-Unterschied. Ein negativer Wert beziffert in Prozent, um wie viel der ETF schlechter abgeschnitten hat. Ein positiver Wert wiederum impliziert eine Outperformance gegenüber dem Index.
Ein wichtiges Fazit: Ungeachtet höherer bzw. identischer Kosten gelingt es den Anbietern physisch replizierender ETFs auf den Euro STOXX 50, DAX, S&P 500 mehr beim Anleger abzuliefern als die Swap-basierten Pendants. Umgekehrt spielen synthetische ETFs ihre Kostenvorteile bei ETFs auf den britischen FTSE und den MSCI Japan aus. Auffällig ist auch, dass beim MSCI Emerging Markets Swap-basierte ETFs deutlich höhere Kosten verursachen, auf der Performance-Seite allerdings weniger weit hinten liegen.
In Bezug auf die Management-Gebühren (TER) konnten wir feststellen, dass die Gebühren einen starken Einfluss auf die relative Performance zur Benchmark haben. Jedoch ist der TER nicht der einzige Faktor. Wertpapierleihe, Cash Drag, Steueroptimierung, Kosten für das Rebalancing bei physischen ETFs und die Swap-Gebühren bei synthetischen ETFs können alle Auswirkungen auf die relative Fondsperformance haben, wie die untere Tabelle zeigt.
Tabelle: Welche Faktoren beeinflussen die Performance (und wie)
Eine weitverbreitete Meinung besagt, dass ein hoher Tracking Error eine schlechte relative Performance bedeutet und ein niedriger Tracking Error ein gute relative Performance. Wir konnten in unserer Studie jedoch beweisen, dass dies nicht unbedingt der Fall ist. Es besteht lediglich ein schwacher Zusammenhang zwischen dem Tracking Error und dem Tracking-Unterschied.
Der Tracking Error und Tracking-Unterschied kann sich im Laufe der Zeit stark ändern und ist sehr sensibel in Bezug auf den Berechnungszeitraum. Der Tracking Error bei ETFs auf den EURO STOXX 50 Index war über die Zeit hinweg relativ konstant. Wir konnten keinen signifikanten Unterschied feststellen, als wir den Betrachtungszeitraum von knapp 2 Jahren auf 6 Jahre ausgeweitet haben. Das Ergebnis war für Tages- oder Wochendaten quasi identisch. Folgende Graphik verdeutlicht jedoch, dass der Tracking Error kurzzeitig stark abweichen kann. So war der Tracking Error während der Finanzkrise, also 2008/09, am höchsten.
Grafik: Auf den Zeitraum kommt es an: Explodierende Werte in der Finanzkrise
Die Abhängigkeit vom Tracking-Unterschied zum Betrachtungszeitraum verdeutlicht folgende Graphik. Die Abweichungen beim EURO STOXX 50 Index können teilweise auf die Steueroptimierung (April/Mai) der Anbieter zurückgeführt werden. Bereinigen wir jedoch die Daten um diesen saisonalen Effekt, bleibt der Tracking-Unterschied weiterhin sehr volatil. Ähnliche Ergebnisse konnten wir bei den anderen untersuchten ETFs feststellen.
Grafik: Tracking-Unterschied im Zeitablauf - viel Volatilität, viel Gleichklang
Morningstar bietet einen alternativen Ansatz zur Berechnung der Abbildungsqualität von ETFs für Buy-and-Hold Investoren. Ähnlich wie der Tracking Unterschied versucht Morningstar’s „Estimated holding Costs“ (EHC) die realisierte Performance relativ zur Benachmark nach Kosten zu berechnen. Da der EHC jedoch auf einem wesentlich größeren Set Daten basiert, liefert dieser Datenpunkt ein weniger volatiles Ergebnis und bietet daher eine zuverlässigere Berechnung der relativen Performance eines ETFs.
Alle Kosten auf einen Blick: Estimated Holding Costs die bessere TER
Es ist wichtig zu verstehen, dass man der Berechung des Tracking Errors verschiedene Prämissen zugrunde legen kann, was zu abweichenden Ergebnissen führt. Der Tracking Error hängt von der Datenfrequenz (täglich, wöchentlich oder monatlich) ab, vom Start- und Endtag des Berechnungszeitraum (Montag-Montag oder Freitag-Freitag) und ob der Tracking Error über 3-, 5-, oder mehr Jahre berechnet wird.
Tabelle: Alles eine Frage der Fristigkeit: Tracking Error ist nicht gleich Tracking Error
Ohne einen einheitlichen Ansatz für die Berechnung des Tracking Errors, bleibt die Berechnung meist zur Diskretion der Anbieter. Dies hat zur Folge, dass Investoren Äpfel mit Birnen vergleichen müssen.
Während alle Berechnungen zur relativen Performance, die wir in der Studie diskutieren, wichtig sind, um einen ETF zu bewerten, gibt es weitere Faktoren zu Berücksichtigen. Investoren sollten zudem Handelskosten, wie z.B. Maklergebühren und Bid-Ask-Spreads, Produkt-und Index-Konstruktion, Kontrahentenrisiko und steuerliche Aspekte bei ihrer Anlageentscheidung berücksichtigen (lesen Sie hier mehr zu ETF-Kosten).
Die vollständige Analyse auf Englisch finden Sie hier.