Wird es im Nachhinein heißen, dass man in diesem September einmal mehr Zeuge des typisch prozyklischen Verhaltens geworden ist, das Anlegern immer wieder so viel Schaden zufügt? Dass Investoren erneut das Timing nicht hinbekommen und viel zu spät auf die Erholung der Aktienmärkte reagiert haben? Fest steht jedenfalls, dass sich Privatinvestoren europaweit im vergangenen Monat erstmals seit Februar 2012 aus der Deckung getraut und in Aktienfonds investiert haben. Wie die Morningstar-Absatzzahlen zeigen, haben Anleger im September 1,91 Milliarden Euro netto in Aktienfonds investiert. Die Quartals- und Jahresbilanz für Aktienfonds bleibt angesichts der hohen Abflüsse in den ersten 8 Monaten indes tiefrot.
Tabelle: Das haben Anleger gekauft: Aktien, Obligationen, Mischfonds
Angaben in Millionen Euro, Quelle aller Tabellen: Morningstar Direct
Der Einstieg von Fondsanlegern in Aktien erfolgt reichlich spät. Die Kurse haben sich deutlich erholt, nachdem die Europäische Zentralbank Ende Juli signalisiert hatte, den Euro „um jeden Preis“ retten zu wollen. Diesen Aufschwung haben Fondsanleger erst seit dem vergangenen Monat nachvollzogen. Inzwischen bröckeln die Kurse der großen europäischen Indizes wieder merklich. Der DAX 30 Index markierte am 21. September mit 7.450 Punkten einen vorläufigen Höhepunkt. Er notiert inzwischen bei 7.190 Zählern. Der Euro STOXX 50 kletterte bis zum 14. September auf knapp 2.600 Punkte, fiel seitdem ebenfalls merklich und liegt am Montagmittag bei 2.480 Zählern. Lediglich der Schweizer SMI setzte bis Mitte Oktober seine Klimmzüge auf knapp 6.800 Punkte fort - um seitdem um gut 200 Punkte zu korrigieren.
Wie aus unseren Absatzzahlen weiter hervorgeht, sahen global investierende Schwellenländer-Aktienfonds die höchsten Zuflüsse auf der Aktienseite, gefolgt von globalen Standardwertefonds. Ein Zeichen für den gestiegenen Risikoappetit der Investoren sind die Zuflüsse in Fonds für Standardwerte aus der Eurozone und Europa. Europäische Aktienfondskategorien litten in diesem Jahr per Saldo allerdings unter der Staatsschuldenkrise in Europa, wie aus der unteren Tabelle hervorgeht.
Tabelle: Schwellenländerfonds bleiben auch im September die Favoriten
In Europa dominieren nach wie vor Bond-Investments
Ungeachtet der leichten Erholung bei Aktienfonds stehen unverändert Obligationen im Mittelpunkt des Anlegerinteresses. Im September wurden netto 15,87 Milliarden Euro in Bond-Fonds investiert. Mit Zuflüssen von 53,25 Milliarden Euro zwischen Juli und September bescherten Anleger Bond-Fonds damit einen Quartalsrekord: Seit Beginn unserer Aufzeichnungen zum Fondsabsatz im Jahr 2007 wurden noch nie derart hohe Investitionen gemessen. Dabei wurden im September - wie im gesamten Jahr - vor allem hochriskante und (immer weniger) hochrentierliche Obligationen-Kategorien gesucht, wie aus der Übersicht über die Top-5-Bond-Kategorien hervorgeht.
Tabelle: Welche Obligationen-Kategorien im September gefragt waren
Spiegelbildlich zu den unverändert hohen Zuflüssen in Schwellenländer-Bond-Fonds und Fonds für Unternehmensobligationen standen im September Kurzläufer- und Staatsanleihefonds auf der Verkaufsliste europäischer Investoren. Es zeigte sich erneut, dass Anleger keine Renditechancen bei sicheren Staatsanleihen sehen, die ihnen vielfach inzwischen real Verluste bescheren.
Welche Fonds haben vom Renditehunger der Anleger profitiert? Neben Hochzinsfonds sind flexibel anlegende Bond-Fonds hoch . Ein weiterer Trend: Anleger vertrauen vor allem etablierten Häusern ihr Geld an. Die Asset Manager der Allianz, vor allem PIMCO, zählten im abgelaufenen Quartal zu den Profiteuren wie auch AllianceBernstein und Axa. Der Rentenfonds mit den höchsten Nettomittelzuflüssen im dritten Quartal war dabei der von PIMCO-Gründer Bill Gross verwaltete PIMCO GIS Total Return Bond Fund.
Tabelle: Bei den Top-Fonds heißt es PIMCO, PIMCO und nochmals PIMCO
Mischfonds sind auch im September stark nachgefragt
Die Nettozuflüsse in Mischfonds waren im September hoch. Im vergangenen Monat flossen den vor allem in Aktien und Renten investierenden Fonds netto 2,6 Milliarden Euro zu, im dritten Quartal beliefen sich die Nettoneugelder in Mischfonds auf 6,23 Milliarden Euro. Zwei Namen stehen hinter dieser Erfolgsgeschichte: die britische M&G und das französische Haus Carmignac Gestion, die rund die Hälfte der Zuflüsse in Mischfonds im abgelaufenen Quartal auf sich vereinen konnten. Die Mischfonds-Flaggschiffe M&G Optimal Income Fund und Carmignac Patrimoine sahen dabei zwischen Juli und September Zuflüsse in Höhe von 1,4 Milliarden bzw. 1,1 Milliarden Euro.
Dass Anleger zunehmend Asset-Allocation-Entscheidungen ihrem Fondsmanager überlassen, zeigt sich auch an den hohen Zuflüssen in Multi-Strategie-Fonds. Diese Produkte allokieren ähnlich wie klassische Mischfonds in verschiedene Anlageklassen, diversifizieren aber breiter. Sie sind der Gruppe der alternativen Investments zugeordnet, da sie auch hedgefondsähnliche Techniken anwenden und sowohl Long- als auch Short-Positionen eingehen können. Im September investierten Anleger 878 Millionen Euro in diese Multi-Strategie-Fonds, im dritten Quartal waren es netto 1,97 Milliarden Euro. Die Zuflüsse in gemischte Fonds summierten sich also faktisch auf rund 8,2 Milliarden Euro im dritten Quartal. Allocation- und Multi-Strategy-Fonds haben in diesem Jahr insgesamt damit knapp 23 Milliarden Euro an Nettozuflüssen verbucht.
PIMCO führt die Liste der erfolgreichen Asset Manager an
Die Liste der erfolgreichsten Asset Manager in Europa spiegelt wenig überraschend den Run auf Bond-Fonds wider. Im dritten Quartal konnten PIMCO, BlackRock, AllianceBernstein und Morgan Stanley an die Spitze der Kapitalanlagegesellschaften mit den höchsten Nettomittelzuflüssen setzen. Die Liste der Top-10-Anbieter liest sich wie eine Who-is-Who-Liste der renommierten Bond-Fonds-Häuser. Die Tabelle unten zeigt nur 3 Ausreißer: Der Erfolg von M&G und Carmignac Gestion speist sich vor allem aus dem Mischfonds-Geschäft, BlackRock hatte auch beim Aktienfondsgeschäft Erfolg.
Tabelle: Im dritten Quartal dominieren Bond-Fonds-Anbieter