Morningstar Sustainability Rating rückt ESG-Risiken in den Vordergrund

Umstellung unserer Nachhaltigkeits-Ratings per 31. Oktober berücksichtigt die Investment-Praxis von Anlegern stärker als bisher und hebt die absoluten Risiken hervor. Neues ESG Risk Rating von Sustainalytics wird nunmehr auch auf Fondsebene umgesetzt.

Ali Masarwah 02.08.2019
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Dem Morningstar Sustainability Rating, das wir im März 2016 lanciert haben, erfährt nach gut drei Jahren erstmals eine signifikante Modifizierung. Wir hatten zum Start hervorgehoben, dass unsere ESG-Analyse auf Fondsebene ein lebender Organismus sei. Parallel zur laufenden Weiterentwicklung und Erweiterung des analysierten Universums auf Wertpapierebene, die von unserem Research-Partner Sustainalytics vorangetrieben wurde, haben wir das Universum der analysierten Fonds laufend erweitert und auch die Analyse-Tiefe verstärkt – etwa in Form der neuen Karbon-Risiko-Analyse.

Inzwischen bieten wir den Nutzern unserer institutionellen Software mehr als 200 verschiedene Datenpunkte für die ESG-Analyse von aktiv verwalteten Fonds, ETFs und Indizes an. Allein die Zahl an Produkten, die auf ihre ESG-Eigenschaften abgeklopft werden können, haben sich in den vergangenen drei Jahren von 20.000 auf rund 50.000 weltweit erhöht. 

Das Sustainability Rating orientiert sich stärker an Investment-Risiken

Waren die bisherigen Änderungen als Weiterentwicklungen und Erweiterungen des im März 2016 lancierten ESG-Analyse- und Rating-Systems zu verstehen, so haben die Adaptionen, die Ende Oktober 2019 anstehen, einen weiterreichenden Charakter. Wir setzen die neuen ESG Risk Ratings um, die unser ESG-Research-Partner Sustainalytics Ende 2018 eingeführt hat. Im Vordergrund steht – der Name deutet es bereits an – eine stärker an Finanzkennzahlen ausgerichtete Risiko-Analyse, die Investoren eine bessere Integration von Nachhaltigkeits-Research in ihre Rendite-Risiko-Überlegungen ermöglicht.

Die stärkere Praxisrelevanz von ESG-Faktoren für Anlegerbelange dürfte das latente Unwohlsein vieler Anleger und Berater mit den beiden parallel verlaufenden Analyse-Typen lindern. ESG-Research und die klassische Rendite-Risiko-zentrierte Analyse rücken stärker zusammen, was nichts anderes bedeutet, als dass die ESG-Analyse an Relevanz für die fundamentale Analyse von Wertpapieren und Fonds gewinnt.

Eine zweite Änderung betrifft den Best-in-Class-Ansatz, den Sustainalytics (und wir) angewendet haben. Das neue ESG Risk Rating erweitert das bisherige ESG Rating wird zum neuen ESG Risk Rating erweitert, das nunmehr eine mehrdimensionale Betrachtungsweise ermöglicht. Die ESG Risk Scores stellen einerseits eine absolute Sicht der Dinge dar, die einen Vergleich von Wertpapieren branchenübergreifend ermöglichen und dabei die Risikoeigenschaften der unterschiedlichen Branchen berücksichtigt. Die Ölindustrie weist nun einmal andere, bzw. grössere ESG-Risiken auf als die IT-Branche, und das spiegelt sich nunmehr im ESG Risk Rating wider; es bekommt dadurch einen absoluten Charakter. Andererseits werden die Morningstar Sustainability Ratings nach wie vor relativ zu den Fonds in ihren jeweiligen Kategorien vergeben, was die relative, Best-in-Class-Betrachtungsweise erhält, die für die Beurteilung der ESG-Qualitäten von Fonds in ihren Kategorien nötig sind. 

Was sich ändert, was bleibt

Fassen wir nun zusammen, welche Änderungen den Nutzern unserer Tools und unseres Researchs ab November 2019 bevorstehen. Kommen wir zunächst zu dem, was unverändert bleibt.

Nach wie vor bezieht sich das fünfstufige Globen-Rating auf die Morningstar Global Categories. Das Sustainability Rating für Fonds wird als nach wie vor Kategorie-bezogen vergeben, behält also so gesehen seinen (relativen) Best-in-Class-Charakter. Auch die Verteilungssystematik der Globen bleibt unverändert. Die besten zehn Prozent der ESG-Performer einer Global Category bekommen also unverändert ein Fünf-Globen-Rating, die schlechtesten zehn Prozent bekommen ein Globus (die Verteilung von vier, drei und zwei Globen bewegt sich zwischen den Extremwerten der besten und schlechtesten zehn Prozent der Fonds und sie beläuft sich auf 22,5 Prozent, 35 Prozent, 22,5 Prozent). Auch der im vergangenen Jahr eingeführte historische Portfolio Sustainability Score, der die bis dato erfolgte Stichtagsbetrachtung ablöste, bleibt bestehen.

Kommen wir nun zu den anstehenden Veränderungen. Der Fokus auf den ESG-Risk, der absoluter Natur ist, bewertet die Tragweite der nicht gemanagten ESG-Risiken der Portfolio-Unternehmen. Das Rating bewegt sich auf einer Skala von null bis 100. Im Gegensatz zum bisherigen ESG Rating gilt das Motto: je niedriger ein Wert ist, desto besser. Ein Unternehmen, das einen Risk Score von null hat, weist kein nennenswertes ungemanagtes Risiko auf. Ein Unternehmen mit einem Wert von 100 hat grosse Nachhaltigkeitsprobleme, die es nicht genügend adressiert und schneidet folgerichtig am schlechtesten ab. Sustainalytics weist Unternehmen fünf unterschiedliche Rating-Stufen zu: 

Tabelle: ESG Risk Rating von Sustainalytics

ESG Risk Sustainalytics

Das neue Rating bringt auch eine Modifikation bei den relativen Morningstar Sustainability Ratings mit sich: Fonds mit besonders schwerwiegenden ESG-Risiken können über bestimmte Rating-Stufen nicht hinauskommen. Fonds mit einem Portfolio Score von über 40 dürfen per Definition nicht mehr als ein 1-Globen-Rating erhalten, Fonds mit Portfolio Scores von über 35 dürfen maximal zwei, Fonds mit einem Portfolio Score von über 30 dürfen maximal drei Globen erhalten.

Aufgrund der Einführung des absoluten ESG Risk Ratings durch Sustainalytics entfällt zudem die Notwendigkeit, die ESG-Scores auf Holding-Ebene zu normalisieren. Dies vereinfacht die Berechnung des ESG-Ratings auf Fondsebene. Eine weitere Komplexitäts-Reduktion wird dadurch erreicht, dass die Messung der Kontroversen ein integraler Bestandteil des Sustainalytics Risk Ratings sind, wodurch auch auf Fonds-Ebene der Controversy Abschlag nunmehr wegfällt.

Das vollständige Methodologie-Dokument in englischer Sprache lesen Sie hier.

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Über den Autor

Ali Masarwah

Ali Masarwah  Ali Masarwah war von 2011 bis Frühjahr 2021 als Chefredakteur für die deutschsprachigen Anleger Websites von Morningstar verantwortlich