Im Rahmen unserer wöchentlichen Auswertung zu wichtigen Fondskategorien blicken wir heute auf global investierende Aktienfonds. Anlässe gibt es viele. Global anlegende Standardwertefonds sind ein Basisbaustein in der Vermögensverwaltung vieler Privatanleger. Grund genug also, sich diese Fondsgruppe, die sich in der Morningstar Kategorie „Aktien Standardwerte weltweit blend“ wiederfindet, immer wieder aufs Neue anzuschauen.
Zudem ist die Unsicherheit um die weitere Entwicklung Griechenlands ein guter Anlass, über das Thema Diversifikation nachzudenken. Die Griechenland-Krise hat sich für Anleger in Europa an diesem Montag schmerzlich in Erinnerung gerufen. Die maßgeblichen Aktienindizes brachen zeitweilig um rund 4,5% ein. USA-Aktien haben viel weniger geschwankt. Auch wenn sich DAX und CO. Seitdem etwas haben, lässt ein Ausblick auf das Drehbuch der griechischen Tragödie mehr Volatilität in Europa erwarten: Am 20. Juli muss Griechenland der Europäischen Zentralbank 3,5 Milliarden Euro überweisen, und anders als der IWF darf die EZB keinen Aufschub tolerieren – überweist die Regierung in Athen kein Geld nach Frankfurt, käme dies einem Default gleich, da die EZB keine Staatsfinanzierung betreiben darf. Sie müsste den griechischen Banken den Hahn abdrehen, was die griechische Wirtschaft massiv treffen und möglicherweise den Ausstieg des Landes aus der Eurozone bewirken würde. Ansteckungsgefahren sind zwar heute deutlich weniger wahrscheinlich als noch 2012, aber dennoch dürften die Märkte in Europa nervös reagieren.
Es gibt also gute Gründe für Investoren in Europa und vor allem in der Eurozone, ihre Aktien-Investments zu diversifizieren. Blickt man über den europäischen Tellerrand, dann sind die Aussichten für die globalen Aktienmärkte, zumindest, was die Industrieländer anbelangt, nicht einmal schlecht.
Die Wirtschaftslage in führenden Industrienationen
Die Industrienationen weltweit können ein langsames, aber durchaus solides Wachstum vorweisen. Allen voran die USA, die sich in der längsten Wachstumsphase seit 1945 befinden. Die US-Wirtschaft hat sich stetig von der Finanzkrise erholt, und es gibt im Moment keine Anzeichen, dass sich das kurzfristig ändern wird. Die Wirtschaftsdaten haben zwar zu Jahresbeginn geschwächelt, was Marktteilnehmer aber mit dem besonders harten Winter erklären. Mittlerweile präsentieren sich wesentliche Daten wie die Häuserverkäufe, das Verbrauchervertrauen und die Arbeitslosenzahlen deutlich robuster. Die US-Notenbank stellt die Anhebung der Leitzinsen in Aussicht – die letzte Zinsanhebung war übrigens im Juni 2006!
Großbritannien schlägt einen ähnlichen Weg wie die USA ein. Das Vereinigte Königreich ist im vergangenen Jahr um 2,6% gewachsen – stärker als jedes andere Land in Europa. Ausschlaggebend ist unter anderem die extrem lockere Geldpolitik der Bank of England sowie schmerzhafte Strukturreformen, seit 2010 hat Großbritannien eine dramatische Verschlankung des öffentlichen Dienstes gesehen.
In der Eurozone ist die Wirtschaftsentwicklung weniger stabil. Die Binnennachfrage in der EU ist aufgrund der hohen Arbeitslosenzahlen und der unbefriedigenden Kreditvergabe unbefriedigend, und sollte die Griechenland-Krise eskalieren, könnten die Folgen bedeutender sein, als es der minimale BIP-Anteil Griechenlands von zwei % erahnen lässt. Positiv zu sehen sind aber der aktuell günstige Euro, der die Exportwirtschaft begünstigt, sowie günstigere Rohstoffkosten, welche die Produktion- und Lebenshaltungsosten senken.
Unter den wichtigsten Industrienationen bereitet Japan Kopfschmerzen. Die Aussichten sind hier nicht vorhersehbar. Premierminister Abe hat es zwar geschafft, die Deflation ein Stück weit zu bändigen und das Verbrauchervertrauen wieder herzustellen. Die zweite Anhebung der Mehrwertsteuer wurde auf das Ende 2015 verschoben, nachdem der erste Anstieg in 2014 zu einer Rezession geführt hat. Der japanische Aktienmarkt zeigt sich von diesem Hin und Her nicht beeindruckt – der Nikkei entwickelt sich in diesem Jahr sehr erfreulich.
Der MSCI World ist für aktive Aktienfonds das Maß aller Dinge
Es gibt also viele Gründe für diversifizierte Aktienportfolios. Wir wollen deshalb einen Blick auf global investierende Standardwertefonds werfen. Wie gut diversifizieren sie Aktienrisiken? Wo liegen ihre Schwerpunkte? Wie aktiv sind die Fondsmanager bzw. wie weit sind aktive Fonds vom großen globalen Aktien-Index MSCI World entfernt? Wie haben sich aktiv verwaltete Aktien-Welt-Fonds 2015 entwickelt? Dazu präsentieren wir Ihnen eine Übersicht, die zugleich ein Update zu unserer viel beachteten Auswertung vom Jahresanfang ist (lesen Sie hier mehr).
Doch wollen wir zunächst einige Worte zum Vergleichsindex dieser Fondskategorie, dem MSCI World, verlieren. An ihm müssen sich die aktiven Fondsmanager messen. Der MSCI World umfasst 1.631 Standardwerte und mittelgroße Unternehmen. Er deckt gut 85% des frei verfügbaren Marktkapitals an Börsen in 23 Ländern ab, die der Indexanbieter MSCI als entwickelte Märkte klassifiziert. Die Gewichtung der Einzeltitel erfolgt nach deren Marktkapitalisierung. Die durchschnittliche Unternehmensgröße liegt bei gut 21 Milliarden US-Dollar. Das kleinste Unternehmen hat eine Größe von gut 250 Millionen US-Dollar. Mit deutlichem Abstand wird das obere Ende von Apple mit rund 770 Milliarden Dollar markiert.
Der Index wird von den USA dominiert: US-Aktien sind beinahe dreimal so stark gewichtet wie die nächstgrößeren Länderpositionen und machen gut 58% des Indexgewichts aus. Es folgen Unternehmen aus Japan (8,8%), Großbritannien (7,9%) und Frankreich (3,7%).
Auf Sektorebene ist das Bild deutlich ausgewogener. Der MSCI World ist zu gut drei Viertel über Finanzwerte (20,6%), IT-Unternehmen (13,6%), Gesundheitsaktien (13,3%), zyklische Konsumwerte (12,8%) und Industrieunternehmen (10,9%) diversifiziert.
Die starke Repräsentation der USA zeigt sich auch in den Top-10-Werten, die zusammen ein Gewicht von 9,5% ausmachen. Der MSCI World ist damit auf Einzeltitelebene alles andere als kopflastig. Die fünf größten Positionen sind allesamt US-Konzerne: Apple (2,2%), Microsoft sowie Exxon Mobil (je 1%), Johnson&Johnson und die US-Bank Wells Fargo (je 0,8%).
Viele Fondsmanager haben Angst vorm MSCI World!
Dieser Index ist übrigens nicht nur eine luftige Benchmark, die bei der Analyse von globalen Aktienfonds zu Vergleichszwecken herangeführt wird. Inzwischen stecken rund 18 Milliarden Euro in den rund 20 europaweit zum Vertrieb zugelassenen ETFs, die den MSCI World abbilden. Der MSCI Welt ist also zugleich Messlatte und Konkurrenz der aktiven Manager! Die untere Tabelle, die das Rendite-Risiko-Profil weltweit investierender Aktienfonds zeigt, illustriert, warum sich der MSCI World als Schreckensgespenst der aktiven Manger zeigt.
Tabelle: Rendite-Risiko-Profil der aktiv verwalteten Aktienfonds für Standardwerte
Wie aus der Auswertung der bis zu 1.367 Fonds aktiv verwalteten Aktienfonds der Morningstar Kategorie Aktien Standardwerte global blend hervorgeht, hat der MSCI World Index in den vergangenen drei und fünf Jahren aktiven Managern den Schneid abgekauft. Der MSCI World legte in den vergangenen drei Jahren um 15,9% pro Jahr zu. Das sind gut 350 Basispunkte pro Jahr mehr als der Durchschnitt der aktiv verwalteten Fonds. In den vergangenen fünf Jahren übertraf der Index die aktiven Fonds wiederum um mehr als 3,3 Punkte jährlich.
Die Folgen lassen sich besser am Abstand der kumulierten Performance ablesen. Im Schnitt lagen aktive Fonds seit Mitte 2012 um gut 13,2 Punkte, seit Mitte 2010 um 20,5 Prozentpunkte hinter dem Index! Diese Underperformance ging einher mit einem leicht schlechteren Risikoprofil. Der maximale Verlust innerhalb der letzten drei Jahre belief sich beim Durchschnittsfonds auf 9,6% gegenüber 9,1% beim MSCI World. Auch die Volatilität lag mit gut 10,5% über der Schwankungsbreite beim Index.
In diesem Jahr sieht die Bilanz der aktiven Manager indes deutlich besser aus. Sie lieferten sich per Ende Mai 2015 ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit dem Index – zeitweilig war die Performance des Durchschnittsfonds in diesem Jahr sogar über der des Index, was, wie erfahrene Beobachter wissen, selten vorkommt.
Die zweite Tabelle liefert eine wichtige Begründung für die langjährige Underperformance aktiv verwalteter Fonds gegenüber dem MSCI World. Aktien aus den USA haben europäische Aktien in den vergangenen Jahren deutlich übertroffen. In diesem Jahr hat sich das Bild allerdings in sein Gegenteil verkehrt: europäische Aktien liegen vorn. Davon haben globale Aktienfonds, die in Europa vertrieben werden, profitiert. Sie gewichten in hohem Maße Europa-Aktien gegenüber US-Aktien über.
Tabelle: Die Ländergewichtungen im Überblick
Ein Blick auf die Tabelle zeigt, dass US-Aktien in den Fonds im Schnitt um 20 Punkte weniger hoch gewichtet sind als im Index. Das ist eine massive Abweichung. Dieses Bild hat sich in den vergangenen Jahren kaum verändert, was die These zulässt, dass aktiv verwaltete Fonds den MSCI World nur eingeschränkt als Benchmark verwenden.
Weitere Anmerkungen zur Ländergewichtung: In diesem Jahr dürfte die Untergewichtung Japans gegen aktive Fonds gespielt haben. Immerhin haben aktive Fonds innerhalb der vergangenen drei Jahre diese Untergewichtung reduziert, was per Saldo eine gute Entscheidung war.
Interessant ist, dass die Übergewichtung Großbritanniens heute deutlich geringer ausfällt als vor drei Jahren. Das dürfte angesichts der Underperformance britischer Aktien in diesem Jahr den Fonds ebenfalls tendenziell geholfen haben. Positiv dürfte sich ebenfalls die Übergewichtung Schweizer, deutschen und französischen Aktien ausgewirkt haben.
Schwellenländer-Wette belastete auch 2015 die Performance
Eine substanzielle Off-Benchmark-Wette ist indes auch in diesem Jahr bisher nicht aufgegangen. Aktive Fonds sind im Schnitt zu 5,3% in Schwellenländern investiert, während der MSCI World nur in sehr homöopathischen Dosen Emerging Markets Aktien enthält (<0,3%). Bisher waren Emerging Markets 2015 eine Enttäuschung an der Börse – wie auch in den Jahren zuvor. Immerhin haben sich aktive Manager seit 2012 etwas zurückgehalten: Mitte 2012 waren Schwellenländer-Aktien sogar zu knapp 7,5% im Schnitt in den aktiven Fonds gewichtet.
Zuletzt noch ein Überblick über die Branchengewichtungen in global anlegenden Fonds. Hierbei dürfte die deutliche Untergewichtung von Finanztiteln der Fondsperformance prinzipiell geholfen haben, ebenso wie die recht hohe Gewichtung von Konsumtiteln und das hohe Untergewicht im Energiesektor. Weniger gut hat sich der Industriesektor dagegen entwickelt, der recht hoch in den Fonds gewichtet ist, und auch der Rohstoffsektor in Gestalt von Minenunternehmen trat in diesem Jahr auf der Stelle. Dass der Gesundheitsbereich, der unverändert auch in diesem Jahr von Kurshoch zu Kurshoch eilt, in den aktiven Fonds untergewichtet ist, dürfte die Performance belastet haben.
Tabelle 3: Die Branchengewichtung im Überblick
Fazit: Aktive Fonds, die in Aktien aus den Industrieländern investieren, sind aktiver, als es viele Anleger vermuten dürften. Die USA sind rund 20 Punkte gegenüber dem MSCI World untergewichtet, und zugleich machen Schwellenländer-Aktien gut 5% aus. Aktive Fonds halten in der Regel auch im Schnitt etwa 5% Cash, was faktisch ebenfalls eine große Wette darstellt, die sich derzeit freilich als Opportunitätskosten bezeichnen lassen.
Und die Moral der Geschichte? Wer von der Outperformance von US-Aktien überzeugt ist, sollte bei aktiven Fonds sehr genau auf die Praxis achten: „Wie halten Sie es mit den USA?“, wäre eine entscheidende Frage an den Fondsmanager. Angesichts der bedeutenden Outperformance von MSCI World ETFs gegenüber aktiven Fonds sollten Anleger, die ein Faible für US-Aktien haben, einen zweiten Blick auf Indexfonds werfen. Einerseits.
Andererseits sind aktive Fonds dieser Kategorie aus Diversifikationsgesichtspunkten eine interessante Alternative zu ETFs auf den MSCI World. Sie sind auf Länderebene deutlich ausgewogener, umfassen Schwellenländer und haben ebenfalls eine Cash-Reserve. Man könnte also die These aufstellen, dass aktive Fonds eine diversifiziertere Vermögensverwaltung auf Aktienbasis darstellen als ETFs auf den MSCI World. ETFs auf den breiter gefassten MSCI ACWI enthalten zwar Schwellenländer, weisen allerdings mit Blick auf die Ländergewichtung (>50% USA) immer noch eine Unwucht auf. Anleger, die diese Unwucht vermeiden wollen, und auf ETFs setzen, müssen also mehrere Indexprodukte (und Cash) mischen, um das zu erreichen, was viele aktive Fonds bieten.
Allerdings war in diesem Beitrag die Rede von den großen Fonds-Durchschnitten, die sich so nicht ins Portfolio kaufen lassen. Fast schon überflüssig zu erwähnen, dass einzelne Fonds erheblich vom großen Durchschnitt abweichen. Außerdem kosten aktive Fonds im Schnitt 1,8% jährlich an Gebühren – die teilweise hohen Transaktionskosten nicht eingerechnet. ETFs auf den MSCI World oder MSCI ACWI kosten jährlich dagegen oft weniger als 50 Basispunkte bei recht bescheidenen Transaktionskosten. Diese erhebliche Differenz bei den Kosten relativiert die erwähnten Vorteile aktiver Fonds in erheblichem Maße.
Um Fondspicker nicht im Regen stehen zu lassen, blicken wir als nächstes auf einige Favoriten unserer Fondsanalysten. Hier kommen Sie zu einer Auswahl an aktiv verwalteten Aktienfonds mit positiven Morningstar Analyst Ratings: Bitte hier klicken.